Kundenbindung So kurbeln Sie das Geschäft mit Bestandskunden an

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Kundenbindung

Treue Stammkunden sind das wichtigste Kapital. Da ist die Übergabe eine perfekte Chance, die alten Bande wieder aufleben zu lassen. Das bringt mehr als teure Aktionen zur Neukundengewinnung.

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    Oliver Hoffmann, Zimmermeister in Friedrichshafen, hat eine Software zum Kundenmanagement entwickelt.
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    © Chart: handwerk magazin
    Im Handwerk wollen nur acht Prozent der Chefs in eine CRM-Software investieren, im Mittelstand beträgt die Quote immerhin 20 Prozent.
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    © Speier
    „Ziel ist es, ständig mit den Kunden im Kontakt zu bleiben und die Wünsche rechtzeitig zu erkennen.“ Norbert Speier, CRM-Experte bei der Handwerkskammer Münster.

Neue Geschäfte mit alten Bekannten

Was das Gedächtnis seiner Kunden angeht, gibt sich Oliver Hoffmann keinen Illusionen hin: „Nach dem Einbau eines Dachfensters denken viele Kunden vielleicht erst in zehn oder 15 Jahren wieder an uns, würden wir uns nicht in Erinnerung bringen“, erklärt der Zimmermeister in Friedrichshafen. Denn so ein Fenster, vom Profi eingebaut, verrichtet viele Jahre zuverlässig seinen Dienst. In der Zwischenzeit jedoch werkeln Wind und Wetter unerbittlich daran herum. „Ehe der Laie bemerkt, dass etwas nicht mehr funktioniert, hat sich ein Defekt bereits zum Problem gemausert“, weiß Hoffmann.

Um seinen Kunden aufwendige Reparaturen zu ersparen, empfiehlt der Chef von zehn Mitarbeitern jedem Besitzer eines neuen Dachfensters eine regelmäßige Wartung. Die große Mehrzahl der Kunden nimmt die Offerte dankend an. Erfreulicher Nebeneffekt: „So bleiben wir mit ihnen im Gespräch“, bekennt der Firmenchef. Ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor für den Friedrichshafener Familienbetrieb. Denn etwa jeder zweite Dachfensterkunde erteilt innerhalb von fünf Jahren weitere Aufträge.

Vertrauen zahlt sich aus

Die hohe Quote der Folgegeschäfte ist für Marketingexperten keinesfalls überraschend. Schließlich zeigen internationale Studien: Es kostet Unternehmen drei- bis sechsmal weniger, Folgegeschäfte mit Bestandskunden zu akquirieren, als Neukunden zu gewinnen. „Aus vorangegangenen Geschäften ist einfach schon eine Vertrauensbasis da“, nennt Norbert Speier vom Münsterländer Kompetenzzentrum für den Elektronischen Geschäftsverkehr (MÜKE) den wichtigsten Vorteil.

Gerade wenn es um individuelle, hochpreisige Dienstleistungen gehe, wie sie viele Handwerker erbringen, sei dieser „Bonus“ besonders wertvoll. Denn in diesem Bereich ist laut Speier das „gefühlte Risiko“ für Kunden groß, „mit der Wahl eines unbekannten Dienstleisters Geld in den Sand zu setzen“. Wer einen Betrieb mit eingeführtem Kundenstamm übernimmt, sollte deshalb besonderen Wert darauf legen, als Nachfolger schnellstmöglich das Vertrauen der Stammkunden zu gewinnen.

Was für viele Inhaber nahezu selbstverständlich klingt, wird in der Praxis jedoch nur selten praktiziert. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts nutzt nicht einmal jedes zweite deutsche Unternehmen (45 Prozent) die Geschäftspotenziale, die in seiner Kundendatenbank schlummern. Diese Quote nimmt verschiedenen Studien zufolge mit der Firmengröße deutlich ab.

So planen nach einer Befragung des Softwareherstellers Sage etwa 20 Prozent aller kleinen und mittelständischen Betriebe für 2012 Investitionen in Computerprogramme für Kundenbeziehungsmanagement (im Fachjargon: Customer Relationship Management, kurz: CRM), von den Handwerksunternehmen hingegen nur acht Prozent. „Um Kunden bei komplexen Produkten individuell bedienen zu können, ist Computerunterstützung unverzichtbar“, bekräftigt Dorothea Riedel vom Kompetenzzentrum für den Elektronischen Geschäftsverkehr in Ober- und Mittelfranken.

Zimmermeister Oliver Hoffmann kann diese Erfahrung nur bestätigen. Der enge Kontakt zu seinen Kunden beschert dem 48-Jährigen pro Woche mehr als ein Dutzend Anfragen allein zu Dachflächenfenstern. Die überaus erfolgreiche Strategie brachte den Unternehmer auf die Frage: „Ist es noch zeitgemäß, wegen jedem Angebot zum Kunden zu fahren und Kosten zu verursachen?“

Aufträge vom Schreibtisch aus

Seit rund fünf Jahren geht seine Firma den umgekehrten Weg: „Wenn wir sowieso vor Ort beim Kunden sind, zum Beispiel für eine Wartung oder Reparatur, erfassen wir mit dessen Einverständnis vorsorglich sämtliche Daten seiner Dachfenster“, verrät Hoffmann. Die Informationen werden mit entsprechenden Fotos in einer eigens dafür programmierten Datenbank abgelegt. „Ruft der Kunde später an, um zum Beispiel ein neues Fenster zu bestellen oder eine Reparatur anzumelden, kann ich fast immer vom Schreibtisch aus ein Angebot unterbreiten“, versichert der Zimmermeister.

Denn neben den Kundendaten und den Stundensätzen sind auch die kompletten Kataloge der Hersteller im System hinterlegt. „Die Idee für diese computerbasierte Lösung entstand bereits vor mehr als zehn Jahren“, blickt Hoffmann zurück. Lange habe er nach einem Programm gesucht. Als er nicht fündig wurde, entschied er sich 2005 zur Eigenentwicklung einer Software. Das brachte ihm nicht nur Platz zwei bei dem vom Bundeswirtschaftsministeriun ausgelobten IT-Innovationspreis ein, sondern als Nebenprodukt entstand zudem ein Onlinekonfigurator fürs Internet: Kunden können hier ihre Fensterdaten und Wünsche selbst eingeben und direkt übers Netz ein Sofortangebot anfordern.

80 Prozent Auftragsquote

„Kundenbeziehungsmanagement ist eine Philosophie“, pflichtet ihm IT-Berater Norbert Speier von der Handwerkskammer Münster bei. Die verwendete Software sei zwar von zentraler Bedeutung, aber nicht mehr als ein Werkzeug. Für die Zimmerei Hoffmann beginnen sich die jahrelangen Mühen und umfangreichen Investitionen auszuzahlen: „Rund 80 Prozent unserer Angebote an Bestandskunden münden in einen Auftrag“, bilanziert der Firmenchef, „und 97 Prozent der Auftragnehmer bewerten unsere Arbeit positiv.“ Das motiviere das gesamte Team ungemein.

Viel Lob erhält der Zimmermeister inzwischen auch von seinen Kollegen. Denn interessierten Firmen stellt er (bis Ende 2012 noch zu Testzwecken kostenlos) seine Entwicklung zur Verfügung. 15 Dachhandwerker nutzen den Onlinekonfigurator gegenwärtig auf ihrer Homepage, fünf sogar das komplette „durchdacht!“-Servicemodul. Michelino Capezzuto, Spengler- und Dachdeckermeister aus Vaterstetten, macht aus seiner Begeisterung kein Hehl: „Bislang habe ich meine Kundendaten notgedrungen in elektronischen Leitz-Ordnern gespeichert.“ Mit der „durchdacht!“-Software sei das ein für allemal vorbei: „Nach so einem Programm habe ich 15 Jahre lang gesucht!“

Fahrplan: So kurbeln Sie das Geschäft mit Bestandskunden an

Die Einführung eines CRM-Systems bedeutet oftmals eine Reorganisation des gesamten Betriebs. Dorothea Riedel, Autorin des CRM-Leitfadens für Mittelständler beim „Netzwerk Elektronischer Geschäftsverkehr“, erklärt die wichtigsten Schritte bei der Einführung eines CR-Managements.

1. Kunden- und Potenzialanalyse

Bei welchen Kunden kann Ihr Betrieb künftig seine Stärken besonders gut einsetzen? Wo „schlummert“ Neugeschäft im Kundenbestand? Fragen Sie die Kunden gezielt nach Ihren Bedürfnissen und beziehen Sie die Erfahrungen von Mitarbeitern ein.

2. Prozess- und Strukturanalyse

Welche Abläufe im Betrieb und in der Kundenkommunikation sind in den CRM-Prozess zu integrieren? Was muss geändert werden? Wie können die notwendigen Informationen mit wenig Aufwand erfasst, datenschutzgerecht verarbeitet und bereitgestellt werden?

3. Lastenhef

Erarbeiten Sie auf Grundlage der Analyseergebnisse ein Lastenheft. Es dient als Anforderungsprofil für Berater, Softwareentwickler und Ihr eigenes Projektteam.

4. Dienstleisterauswahl

Holen Sie auf der Basis des Lastenheftes Angebote von mehreren Beratern und Softwareanbietern ein. Achten Sie bei der Auswahl nicht nur auf einmalige Installations- und Entwicklungsaufwendungen, sondern auch auf Folgekosten, etwa für Schulung, Datenpflege oder Wartung.

5. Pflichtenheft

Konkretisieren Sie im fachlichen Austausch mit dem ausgewählten Anbieter das Projekt. Halten Sie Muss-, Kann-, Soll- und Abgrenzungskriterien in einem Pflichtenheft fest und machen Sie dieses zum Bestandteil des Vertrages.

6. Zeitplan

Definieren Sie konkrete Etappen der Umsetzung. Planen Sie in überschaubaren, aufeinander aufbauenden Schritten, die neben dem Tagesgeschäft noch realistisch zu bewältigen sind. Nach jedem Teilprojekt sollten Erfolge sichtbar werden, um alle Beteiligten zu motivieren.

7. Umsetzung

Achten Sie bei der Realisierung auf eine parallele Entwicklung der Soft- und Hardware sowie der betriebsinternen Strukturen. Erklären Sie Ihrem Team, dass es sich beim Kundenmanagement nicht um ein (vorübergehendes) Projekt handelt, sondern dass Sie die Orientierung an den Kundenwünschen dauerhaft etablieren wollen.