So finanzieren Sie die Übernahme

Viele Firmenübergaben scheitern an der Finanzierung. Doch wenn Senior und Junior an einem Strang ziehen, klappen auch kapital­intensive Übernahmen. Wie Sie die Übergabe perfekt vorbereiten.

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    In den meisten Fällen wird die Firma über­geben, weil sich der bis­herige Chef aufgrund seines Alters in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Im Handwerk bleibt der Betrieb dann oft in den Händen der Familie. Ein externer Käufer kommt seltener ins Spiel.
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    Fördergelder: Die Zinsen für die Nachfolge­finanzierung liegen oft unter vier Prozent.
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    Wirtschaftsingenieur Matthias Stickel
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    „Zumeist erfolgen Übergabe-Regelungen unter Einbindung mehrerer Finanzierungspartner.“ Bekim Asani, Corporate Finance ­Manager Hamburger Sparkasse.
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    „Eine perfekte Nachfolge­planung in der ­Familie schließt es mit ein, ­erbrechtliche Regelungen zu diskutieren.“ Eric Hiedemann, ­Rechtsanwalt in Köln.
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    Übernahme vom Chef René Schwarz: Der Geschäftsführer der Firma Schwarz Gerüstbau e.K. in Pleidelsheim hat den Betrieb von seinem ehemaligen Chef übernommen. Der Senior führte ihn Schritt für Schritt in die Geschäftsführung ein. Wichtige Entscheidungen und Gespräche, etwa mit Kunden oder der Hausbank, führten sie gemeinsam.
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    „Bei einer ­stillen Beteiligung mischt sich der Kapitalgeber nicht ins Tages­geschäft ein.“ Dirk Buddensiek, ­Vorstand Bürgschaftsbank Baden-Württemberg.
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    Nachfolger profitieren von zahlreichen Förderprogrammen. Klassiker ist der KfW-Unternehmerkredit.

Die richtige Starthilfe für den Junior

Matthias Stickel hat sein großes Ziel erreicht. Im vergangenen Jahr übernahm der Diplom-Ingenieur die Firma seines Vaters. Die Stickel GmbH in Löchgau mit mehr als 70 Mitarbeitern fertigt anspruchsvolle Blech-Umformteile aus Stahl, Aluminium und nicht rostenden Blechen für den Prototypen- und Versuchsbau sowie für Vor- und Kleinserien.

Auf die Nachfolge bereitete er sich viele Jahre vor. Bereits mit 16 Jahren entschied sich der heute 33-Jährige dafür, in den Betrieb einzusteigen. Er plante schon seine Ausbildung mit Blick auf die Bedürfnisse des Unternehmens. Stickel studierte Wirtschaftsingenieurwesen und engagierte sich später zielgerichtet in verschiedenen Abteilungen des Unternehmens.

Respekt von den Mitarbeitern

Viele Mitarbeiter kennen den Junior bereits seit seiner Kindheit. „Ihren Respekt musste ich mir schon erarbeiten“, sagt Stickel. Zum Beispiel, in dem er bei einem erhöhten Auftragseingang samstags selbst an der Maschine steht und stets auf ein vertrauensvolles Verhältnis setzt.

Auch diskutierte das Unternehmer-Duo mit einem Berater verschiedene Übergabemodelle. Es ging auch darum, testamentarische Regelungen zu treffen und einen Ausgleich für die anderen Geschwister der Familie festzulegen. „Wir holten alle Beteiligten ins Boot, um Konflikte in der Familie zu vermeiden.“

Parallel zur Staffelübergabe erweiterte Stickel seine Angebotspalette. „Wir fertigen jetzt auch spezielle Ersatzteile für Oldtimer und besetzen damit eine Nische“, so Stickel. Das erforderte hohe Investitionen in eine Immobilie und energetische Maßnahmen.

Geförderte Kredite

Die Finanzierung fußt auf einem Kredit der Hausbank sowie Förderprogrammen der L-Bank und der KfW-Bankengruppe. „Damit konnten wir uns vergleichsweise günstige Zinsen sichern und uns somit Luft für das operative Geschäft verschaffen“, berichtet Stickel.

Je detaillierter eine Nachfolge vorbereitet wird, desto besser stehen die Chancen für eine erfolgreiche Übernahme (siehe „Checkliste“ Seite 15, und „Suchwege“, Seite 16). „Clevere Firmenchefs beginnen deshalb frühzeitig mit der Suche nach einem potenziellen Kandidaten und führen ihn zielgerichtet in den Betrieb ein“, sagt Eric Hiedemann, Rechtsanwalt und Experte für Unternehmensnachfolgen der Kanzlei Hiedemann in Köln.

Denn es gilt in vielen Fällen, neben den Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern vor ­allem auch die Hausbanken zu überzeugen. Erfahrungsgemäß scheitern viele Staffelübergaben aufgrund des hohen Kapitalbedarfs an der Finanzierung. Senior und Nachfolger sollten sich zum Beispiel im Vorfeld Kenntnis über die relevanten Förderprogramme sowie über Finanzierungsmodelle verschaffen (siehe „Förderprogramme“, Seite 18).

Vor diesen Fragen stehen jedes Jahr zahlreiche Unternehmenschefs. Nach einer aktuellen Studie des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn werden jedes Jahr rund 22000 Firmen übergeben. In 86 Prozent der Fälle verabschiedet sich der Senior in den wohlverdienten Ruhestand (siehe Grafik, Seite 13). Der Zeitpunkt ist somit planbar und absehbar.

Es fehlt das Vertrauen

„Zahlreiche Senior-Unternehmer halten die Zügel aber zu lange in der Hand und beschäftigen sich zu spät mit ihrer Nachfolge“, warnt Experte Hiedemann. Das gilt sowohl bei externen wie bei Staffelübergaben innerhalb der Familie. Hintergrund: Eltern bringen ihrem Nachwuchs nicht immer das unternehmerische Vertrauen entgegen. „Der Senior muss in der Lage sein, seine Rolle als Vater in die des Geschäftspartners zu verwandeln“, sagt Hiedemann. Denn einen Ranghöheren darf es bei der Nachfolgeplanung nicht geben.

Am besten arbeiten Senior und Junior mindestens drei bis fünf Jahre zusammen. Das ist wichtig, um die Akzeptanz für das Vorhaben bei Kunden, Lieferanten und vor allem den Mitarbeitern zu gewährleisten. Der Senior sollte die Bereitschaft zeigen, Aufgaben und Kompetenzen bereits in dieser Phase abzugeben. So kann das aber nur laufen, wenn sich der Nachwuchs aus dem Eltern-Kind-Verhältnis befreit und sich gleichberechtigt in die Firma einbringt. „In der Praxis hat es sich als vorteilhaft erwiesen, wenn der Übernehmer Erfahrungen in einem anderen Unternehmen sammelt“, sagt Nachfolgeexperte Hiedemann. Das erleichtert auf jeden Fall den Einstieg als neuer Chef.

Perfekte Planung

„Eine perfekte Nachfolgeplanung innerhalb der Familie schließt auch mit ein, über erbrechtliche Regelungen offen zu diskutieren“, so Hiedemann. Das ist wichtig, damit Dritte wie etwa die Geschwister keine Pflichtteilsansprüche  gegen den Übernehmer geltend machen können und so die Liquidität des Betriebes gefährden. In der Regel wird es darauf hinauslaufen, dass die Erben eine Abfindung erhalten. Der Experte rät dazu, parallel mit der Übergabe gleich ein Testament zu errichten oder einen Erbvertrag zu schließen. Diese Empfehlung gilt sowohl für den Senior als auch den Übernehmer. Clevere Jungunternehmer legen mit der Staffelübergabe ihren letzten Willen fest – so schwer es fällt. Denn die gesetzliche Erbfolge begünstigt häufig Angehörige, die mit der Entwicklung des Betriebes nicht verbunden sind und andere Interessen verfolgen. Das zeigt, welche Detailfragen bei einer gut geplanten Nachfolge im Handwerk geregelt werden müssen.

Zahlreiche vertragliche Details

Es geht nicht nur um ein Übernahmekonzept, sondern auch um vertragliche Details. Das weiß Gerüstbaumeister René Schwarz aus Erfahrung. Vor gut fünf Jahren hat er seinem damaligen Chef die Firma in Pleidelsheim abgekauft. Zuvor arbeiteten beide fünf Jahre lang Hand in Hand. Der Jungunternehmer bekam einen genauen Einblick in die vorhandenen Strukturen, betrieblichen Abläufe und in die Geschäftsführung. „Wir traten nach außen immer im Team auf, zum Beispiel gegenüber der Hausbank“, so der Chef der Firma Schwarz Gerüstbau e.K. Diese unterstützte das Übernahmevorhaben, obwohl Schwarz nur über sehr wenig Eigenkapital verfügte. Die Bürgschaftsbank Baden-Württemberg sicherte den größten Teil der Kredite ab. Auch überzeugte es die Geldgeber, dass ein Teil des Kaufpreises in Form einer zeitlich begrenzten jährlichen Gewinnbeteiligung an den früheren Inhaber floss und der Senior selbst ein Veräußererdarlehen gewährte. Damit ließ der Vorgänger ein großes Vertrauen gegenüber seinem Nachfolger erkennen.

Überzeugungsarbeit leisten

Ein klassischer Fall: „Zumeist erfolgen Übergabe-Regelungen unter Einbindung mehrerer Finanzierungspartner“, weiß Bekim Asani, Corporate Finance Manager der Hamburger Sparkasse (Haspa). Entsprechend viel Überzeugungsarbeit haben Senior und Junior zu leisten. Die Kapitalgeber erwarten zum Beispiel Sicherheiten wie etwa eine Lebensversicherung, Immobilien oder Barvermögen, die Jungunternehmer oft aber nicht mitbringen. Umso überzeugender muss das Übernahmekonzept sein. Chef und Junior legen am besten schon beim ersten Gespräch mit der Hausbank alle relevanten Unterlagen vor (siehe „Finanzierungsmodelle“, Seite 14). Dazu zählen neben dem Businessplan etwa die Jahresabschlüsse der vergangenen drei Jahre, aktuelle Betriebswirtschaftliche Auswertungen sowie der Entwurf des Kaufvertrags. Am besten basiert die Planung des Vorhabens auf bewusst vorsichtig angesetzte Umsatz- und Ertragszahlen. Ein Knackpunkt bei den Finanzierungen ist regelmäßig das Eigenkapital. „Wir erwarten im Schnitt mindestens 25 Prozent“, sagt Finanzmanager Asani.

Mezzanine-Kapital einbringen

Zu unterscheiden ist allerdings zwischen echtem und wirtschaftlichem Eigenkapital. Wer zu wenig direkte eigene Mittel – etwa in Form von Bareinlagen – aufbringen kann, hat die Möglichkeit, mit sogenanntem Mezzanine als Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital aufzustocken. Das kommt bei den Banken gut an. „Bei einer stillen Beteiligung mischt sich der Kapitalgeber nicht ins Tagesgeschäft ein“, erklärt Dirk Buddensiek, Vorstand der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg.

Matthias Stickel brauchte sich bei seiner Übernahme mit diesen Fragen nicht auseinanderzusetzen. Die Finanzierung lief in guter Kooperation allein mit der Hausbank.