Regeln für die Erkältungswelle Sind Arztbesuche während der Arbeitszeit erlaubt?

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Wer von Husten, Schnupfen und Heiserkeit erwischt wird, sollte lieber zum Arzt statt weiterzuarbeiten. Zählt das aber noch zur Arbeitszeit? Für Arztbesuche während der Arbeitzeit gibt es durchaus Regeln. handwerk magazin und Rechtsanwalt Tobias Klingelhöfer von der Arag Versicherung erklären, was Sie beachten müssen.

Krank während Arbeitszeit
Ist eine Untersuchung medizinisch unvermeidbar, darf der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit zum Arzt. - © STAGE Stock

Im Winter ziehen wieder die Erkältungswellen durchs Land. Gehen Mitarbeiter bei ersten Anzeichen einer Erkältung während der Arbeitszeit zum Arzt, kann das allerdings beim Chef schon mal den Eindruck erwecken, sich um die Arbeit drücken zu wollen. Auch ohne Abmeldung einfach aus dem Büro verschwinden, um zu einem Arzttermin zu gehen, könnte beim Arbeitgeber für Missstimmung sorgen. Rechtsanwalt Tobias Klingelhöfer von der ARAG Versicherung erklärt, was Mitarbeiter dürfen und was nicht.

Dürfen Mitarbeiter während der Arbeitszeit zum Arzt gehen?

Zunächst einmal hat der Chef seinen Mitarbeitern gegenüber eine Fürsorgepflicht. Demnach darf er ihnen nicht grundsätzlich verbieten, während der Arbeitszeit zum Arzt zu gehen. Die Gründe müssen allerdings eindeutig sein, wie beispielsweise heftige Zahnschmerzen, plötzlich einsetzendes Fieber oder ein kleinerer Unfall am Arbeitsplatz. Ist die Untersuchung medizinisch unvermeidbar und ein Termin außerhalb der Bürozeit nicht mit der Öffnungszeit der Praxis vereinbar, darf der Arbeitnehmer ebenfalls während der Arbeitszeit zum Arzt gehen. Auch bei organisatorischen Gründen in der Praxis, wie beispielsweise das morgendliche Blutabnehmen, muss der Chef auf seinen Mitarbeiter verzichten.

Müssen Mitarbeiter einen Arzttermin ankündigen und begründen?

Abmelden ja, den Grund nennen, nein. Streng genommen sind Arbeitnehmer nicht verpflichtet, dem Chef zu verraten, was ihnen fehlt und warum sie zum Arzt gehen. Deshalb steht auf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ja auch keine Diagnose. Was der Chef jedoch einfordern darf, ist eine vom Arzt unterschriebene Bescheinigung über den Praxisbesuch.

Dürfen Chefs für Arztbesuche den Lohn kürzen?

Geht ein Arbeitnehmer aus einem der eben genannten Gründe zum Arzt, muss der Arbeitgeber ihn bezahlt freistellen. Davon sind übrigens auch die Wegezeiten zum und vom Arzt betroffen. Das hat das Bundesarbeitsgericht bereits vor Jahrzehnten festgestellt (Az.: 5 AZR 92/82). Es genügt übrigens schon, wenn der Arzt den Mitarbeiter zu einem bestimmten Termin einbestellt und den terminlichen Wünschen des Patienten auf Verlegung der Untersuchung oder Behandlung nicht nachkommen kann oder will. Für Arbeitnehmer, die in Teil- oder Gleitzeit arbeiten, gelten allerdings höhere Hürden für die Freistellung. Ihnen darf zugemutet werden, die berufliche Flexibilität zu nutzen, um Arzttermine in die Freizeit zu legen.

In welchen Fällen dürfen Chefs einen Arztbesuch verbieten?

Wenn eine sofortige Behandlung nicht nötig ist, kann der Arbeitgeber vom Mitarbeiter verlangen, seinen Arztbesuch in die Freizeit zu verlegen. Eine herausgefallene Plombe etwa oder Vorsorge- und Routineuntersuchungen wären typische Fälle. Hier gilt das Prinzip der so genannten Leistungstreuepflicht. Danach muss der Arbeitnehmer versuchen, den Arbeitsausfall für den Chef so gering wie möglich zu halten. Allerdings muss man einschränken, dass auch in einem nicht akuten Fall Arbeitnehmern nicht zugemutet werden kann, wochenlang auf einen Arzttermin zu warten.

Was gilt bei regelmäßig erforderlichen Arztbesuchen?

Je häufiger ein Arbeitnehmer zum Arzt muss, desto größer ist natürlich sein Arbeitsausfall und damit wächst seine Pflicht, möglichst viele der Termine in die Freizeit zu verlegen. Vor allem, wenn die Notwendigkeit fragwürdig ist: So könnte der Chef durchaus sein Veto einlegen, wenn es sich um eine mehrmals die Woche stattfindende Physiotherapie handelt. Ein nierenkranker Arbeitnehmer hingegen, der mehrmals die Woche zur Dialyse geht, muss natürlich vom Chef freigestellt werden.