Nachfolge-Notstand im Handwerk?

Bis 2014 entscheidet die Regelung der Nachfolge über die Existenz von mehr als 100.000 deutschen Familienunternehmen, unter ihnen zahlreiche Handwerksbetriebe. Eine aktuelle Umfrage zeigt: Hier liegt so einiges im Argen.

Perfekte Übergabe: Damit die Nachfolge klappt, muss die Vereinbarung auf finanziell sicheren Füßen stehen. - © Yurilux- iStockphoto

Der Hauptgrund für gescheiterte Unternehmensübergaben innerhalb der Familie liegt darin, dass der Senior nicht loslassen kann. Das meinen 84 Prozent der Unternehmer, die von TNS Emnid im Auftrag der Deutschen Unternehmerbörse zum Thema Unternehmensnachfolge in Deutschland befragt wurden. An zweiter Stelle sieht die Mehrheit der Unternehmer (77 Prozent) den Grund, dass der Sohn beziehungsweise die Tochter zur Übernahme gedrängt wurde. Als dritte Ursache für gescheiterte Übergaben innerhalb der Familie vermuten 73 Prozent der Unternehmer Streitigkeiten unter den Kindern.

Regelung der Nachfolge ist existenzentscheidend

„Die Unternehmensnachfolge ist ein emotionales Thema für die Senioren. Oft wollen sie beweisen, dass sie noch nicht zum alten Eisen gehören“, erklärt Michael Grote, Geschäftsführer der Deutschen Unternehmerbörse. „Unsere Umfrage macht zwei Dinge deutlich: Der deutsche Mittelstand kämpft mit massiven Nachfolgeproblemen. Und familieninterne Nachfolgeregelungen sind nur in Ausnahmefällen Erfolg versprechend“, so Grote. Laut Institut für Mittelstandsforschung in Bonn wird die Regelung der Nachfolge bei mehr als 100.000 Unternehmen bis 2014 über ihre weitere Existenz entscheiden.

Nachfolgefrage oft unbeantwortet

Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen hat das Thema Nachfolge noch nicht bzw. noch nicht abschließend geregelt (58%). Das Alarmierende daran: Diejenigen, die es akut oder in naher Zukunft betrifft (Eigentümer über 50 Jahre), sind genauso wenig vorbereitet, wie ihre jüngeren Kollegen. Fast jeder fünfte Unternehmer über 50 Jahre hat sich noch gar nicht einmal mit dem Thema Nachfolge auseinandergesetzt (17%). „Wir registrieren, dass Unternehmen im Mittelstand grob fahrlässig mit der Nachfolgefrage umgehen. Viele Unternehmer arbeiten, bis sie krankheitsbedingt aufgeben müssen, oder sogar bis zum Tod – ohne entsprechende Nachfolgeregelungen getroffen zu haben“, warnt Grote.

Der eigene Nachwuchs ist für die Unternehmensnachfolge nur 2. Wahl

In drei von vier Unternehmen (78 %) übergeben die Eigentümer ihr Geschäft an Tochter oder Sohn. Jedoch halten nur 44 % der befragten Unternehmer die familieninterne Übergabe langfristig auch für Erfolg versprechend. Fast die Hälfte aller Eigentümer übergibt das Unternehmen innerhalb der Familie, ohne davon überzeugt zu sein. Zudem fällt auf: Je größer das Unternehmen, desto weniger Vertrauen besteht gegenüber einem familiären Nachfolger, das Geschäft erfolgreich fortzuführen. Während bei Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern rund die Hälfte (49 %) der Befragten die Nachfolge durch einen Sohn oder eine Tochter als am erfolgversprechendsten bewertet, sind es bei Unternehmen mit 100 bis 500 Mitarbeitern nur 35 %. Auch nach Ansicht jüngerer Inhaber (unter 50 Jahren) sind die Erfolgsaussichten bei der Übergabe an die nachfolgende Familiengeneration nicht groß. Nur 39 % rechnen bei diesem Schritt langfristig mit großem Erfolg.

Traditionsbruch: Töchter und Söhne haben kein Interesse mehr am elterlichen Geschäft

Dem heutigen Unternehmernachwuchs fehlt es indes am Interesse für den elterlichen Betrieb: 63 % der befragten Unternehmer gab an, dass ihre Kinder andere berufliche Interessen verfolgen. Dabei gibt es auch Unterschiede in Bezug auf die Unternehmensgröße. In Unternehmen mit bis zu 49 Mitarbeitern fehlt es laut Umfrage bei 86 % an Interesse, bei größeren Unternehmen ist der Hauptgrund neben mangelndem Interesse (31 %), dass der Nachwuchs zu jung ist (31 %). Insgesamt sieht nur etwas mehr als die Hälfte der befragten Unternehmer mit Kindern (57 %) im eigenen Nachwuchs einen potenziellen Nachfolger für ihr Unternehmen. Je größer der Betrieb, desto seltener ist das der Fall (100-500 Mitarbeiter: 49 %).