Schulungsangebote BIM-Weiterbildung: Schritt für Schritt in die vernetzte Welt

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BIM, Digitalisierung und Internationale Handwerksmesse

Das Schulungsangebot für Handwerker, die sich über Building Information Modeling (BIM) fortbilden wollen, ist noch gering. Das Schaufenster Digitales Bauen unter dem Dach des Kompetenzzentrums Digitales Handwerk soll das ändern. Hier sind die wichtigsten Anlaufstellen für professionelle BIM-Beratung.

BIM
Jens Bille, BIM-Experte beim Heinz-Piest-Institut für Handwerkstechnik: »Das Handwerk ist beim Thema BIM momentan noch verunsichert.« - © Delmain Donson, Mindklongdan/iStockphoto.com

Building Information Modeling (BIM) spielt im Bauhauptgewerbe, Ausbaugewerbe und Handwerk für den gewerblichen Bedarf aktuell noch keine Rolle“, so das Fazit der aktuellen Studie „Stand der Digitalisierung im Thüringer Handwerk“ der Handwerkskammer Erfurt. Doch die Betonung liegt auf „noch“, denn bereits vor vier Jahren empfahl das Europäische Parlament computergestützte Methoden wie Building Information Modeling (BIM) zur Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen und Ausschreibungen. In Großbritannien, den Niederlanden, Dänemark, Finnland und Norwegen ist die Nutzung bei öffentlich finanzierten Bauvorhaben bereits Pflicht .

Ab 2020 Standard

In Deutschland sieht die Situation anders aus. Zwar hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) in der letzten Legislaturperiode unter dem damaligen Minister Alexander Dobrindt im Jahr 2015 vier Pilotprojekte zur Erprobung von BIM gestartet. Zudem wurde der „Stufenplan Digitales Planen und Bauen“ vorgelegt, der ab 2020 das Planen und Bauen mit BIM für Verkehrsinfrastrukturprojekte zum Standard erklärt. Auf den deutschen Baualltag hatte das aber bislang eher wenig Auswirkung. „Es ist bekannt, dass da irgendwas kommt, aber es gibt bislang sehr wenige, die mit BIM arbeiten“, fasst Jens Bille vom Heinz-Piest-Institut für Handwerkstechnik an der Leibniz Universität Hannover (HPI) die Situation zusammen.

Bille kennt sich aus, denn er arbeitet schon seit Jahren am Thema BIM für Handwerker und hat in dreijähriger Projektlaufzeit „eWorkBau“ mitentwickelt, ein multimediales Kurskonzept, das Handwerker im Umgang mit BIM schult. Das Handwerk sei durch das Thema momentan noch verunsichert, so Bille. Unnötig sei dies, denn die ganz großen Umstellungen würden nicht von heute auf morgen stattfinden.

Schaufenster Digitales Bauen

Das Schulungsangebot für Handwerker, die sich zum Thema BIM und Digitalisierung im Allgemeinen fortbilden wollen, ist bislang noch recht übersichtlich, wächst aber kontinuierlich. Eine wichtige Anlaufstelle ist das neue „ Schaufenster Digitales Bauen“ innerhalb des Kompetenzzentrums Digitales Handwerk. Das Kompetenzzentrum besteht nun aus den fünf Schaufenstern:

  • Informations- und Kommunikationstechnologie (BFE-Oldenburg)
  • Prozessdigitalisierung (Handwerkskammer Koblenz)
  • Digitale Fertigung (Handwerkskammer für Oberfranken)
  • Geschäftsmodelle (Handwerkskammer Dresden)
  • Digitales Bauen (Bildungszentren des Baugewerbes Krefeld)
Das Kompetenzzentrum Digitales Handwerk ist Teil der Förderinitiative „Mittelstand 4.0 – Digitale Produktions- und Arbeitsprozesse“, die im Rahmen des Förderschwerpunkts „Mittelstand-Digital – Strategien zur digitalen Transformation der Unternehmensprozesse“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wird. handwerk magazin berichtete darüber schon mehrfach.

Das Schaufenster Digitales Bauen unterstützt das Baugewerbe von der Führungskraft bis zum Gerätebediener bei der Entwicklung und dem Einsatz digitaler Programme, Strukturen und Anwendungen im Unternehmen. „Handwerksbetriebe sollen die Digitalisierung hier live erleben und Ideen für das eigene Unternehmen mitnehmen“, erklärt Projektleiterin Martina Schneller.

So sollen auf dem Innovationspfad „Digitales Bauen“ Anwendungen und praxisnahe Werkzeuge vorgestellt werden, mit denen Baubetriebe die Digitalisierung ihres Unternehmens meistern können. „Natürlich bieten wir darüber hinaus auch Informations- und Weiterbildungskurse zur Nutzung von BIM an“, so die Ingenieurin Schneller.
So gibt es Tagesworkshops, in denen sich Handwerker informieren können, welche digitalen Techniken es gibt, wie sie sich im Alltag sinnvoll nutzen lassen und wie sie Kunden zusätzlichen Service bieten. „Ziel ist es, einen strategischen Plan zu entwickeln“, sagt Schneller. Dazu werden zunächst einmal vorhandene Geschäfts- und Kundenprozesse im Handwerksbetrieb überprüft, um festzustellen, wo und durch welche Software beziehungsweise welches Werkzeug sich Einsparpotenziale erschließen lassen. Darauf aufbauend lässt sich prüfen, ob das Arbeiten mit BIM bereits sinnvoll ist oder erst einmal Anwendungen wie beispielsweise ein mobiles Bautagebuch ausreichen.

Vorbehaltlich der weiteren Förderungen durch das Bundesbauministerium plant das Kompetenzzentrum eine ganzheitliche Digitalisierungsstrategie passend für einzelne Gewerke zu entwickeln. Denn was für den Schreiner passend ist, muss für den Glaser noch lange nicht das Richtige sein. „Wer seinen Ist-Zustand analysieren lassen möchte, um darauf aufzubauen, soll sich bitte bei uns melden“, so Martina Schneller. Am Ende des Prozesses soll das ideal digitalisierte Unternehmen mit den für das Gewerk passenden Werkzeugen stehen. Das Kompetenzzentrum plant, daraus ein Leitbild zu formulieren, an dem sich andere Handwerksunternehmen desselben Gewerks entlanghangeln können.

Herantasten an BIM

Einen vergleichbaren Prozess hat die Zimmerei Sieveke bereits durchlaufen. Wie dieses schrittweise Herantasten an BIM aussehen kann, hat das Heinz-Piest-Institut für Handwerkstechnik an der Leibniz-Universität in Hannover nachgezeichnet ( Infos auf bim-praxis.de ). Seit etwa 2015 arbeitet die Zimmerei Sieveke immer mehr mit digitalen Gebäudemodellen. Rund vier Jahre zuvor wurde auf den Sieveke-Baustellen die digitale Zeiterfassung und Baustellendokumentation per Smartphone eingeführt. Durch die automatische Informationsübertragung vom Telefon in eine digitale Bauakte können sich die Bauleiter einen tagesaktuellen Überblick über den Baufortschritt verschaffen und Baustellenberichte zusammenstellen, ohne persönlich vor Ort zu sein. Ein erster Schritt in Richtung Digitalisierung war damit getan.

Von CAD zu BIM

Schon vor rund 30 Jahren wurde im Betrieb von Günter Buhr, dem Geschäftsführer der Zimmerei Sieveke, das computergestützte Konstruieren mithilfe von „Computer-Aided Design“-Software (CAD) eingeführt. Für die Zimmerei war diese Technologie interessant, weil sich aus den CAD-Zeichnungen direkt Daten zur Ansteuerung der CNC-Maschinen erzeugen ließen. Damit entfielen aufwendige Rechenprozesse.

Doch der BIM-Ansatz geht weit über die rein optische Darstellung hinaus . „Die BIM-Modelle werden mit allen Informationen und Daten gefüttert, die notwendig sind, um Objekte zu bauen. Alle Informationen sind stets aktuell und miteinander verknüpft. Das hat den Charme, dass, wenn in der Planungsphase etwas geändert wird, die Änderungen sofort eingepflegt und die Auswirkungen sofort sichtbar werden“, erklärt Jens Bille vom HPI.

Erst planen, dann bauen

Über BIM können alle Baubeteiligten auf das Modell zugreifen und die gewerkspezifischen Daten aus dem Modell nutzen. Ein Beispiel: Der Sanitär-Heizung-Klima-Planer dimensioniert eine Lüftungsanlage und greift dazu auf das Rohbaumodell zu. Hier erfährt er, wie groß das Gebäude werden soll, und kann dann direkt in das Modell seine Lüftungsplanung einarbeiten. Nun hat aber der Elektroplaner vorher bereits die Elektrotrassen eingetragen. Rein optisch sieht das ähnlich aus wie Layermodelle aus konventionellen CAD-Programmen. Was jedoch anders ist: Der BIM-Koordinator, also der Planer oder Architekt, kann sofort prüfen, ob beide Entwürfe zusammenpassen oder ob etwas verändert werden muss. Würden sich etwa die beiden Planungen gegenseitig behindern, könnte man das sofort im Planungsprozess ausbessern – und nicht erst kostenintensiv und aufwendig auf der Baustelle.

Zuerst wird virtuell gebaut

„Der Grundgedanke ist, man baut das Haus erst einmal virtuell fehlerfrei auf und setzt es danach in die Realität um. Momentan wird eher baubegleitend gearbeitet“, weiß Jens Bille. Mit Unterstützung einer speziellen Terminsoftware erstellt der BIM-Koordinator einen detaillierten Bauablaufplan für das Projekt. Eine Schnittstelle zu den Kalendern der beteiligten Handwerksunternehmen ermöglicht die Überwachung von Personal- und Maschinenauslastung über alle Projekte hinweg – auf diese Weise kann ein Bau möglichst reibungslos ablaufen.

Auch für die Zimmerei Sieveke werden die Abläufe durch das digitale Modellieren vereinfacht. Im Fall der Konstruktion eines Anbaus läuft das so ab: Zunächst wird das Bestandsgebäude vermessen, und die Datenpunkte dieser Vermessung werden automatisch in die Konstruktions-Software übernommen. Zur Konstruktion des digitalen Gebäudemodells liest der technische Projektleiter den Grundriss aus der Architekturplanung in die Konstruktions-Software ein. Auf diesen Grundriss werden Platzhalter für die späteren Außen- und Innenwände sowie Fußböden und Decken gesetzt. Für Fenster und Türen werden entsprechende Öffnungen in die Wandelemente konstruiert. In einem zweiten Schritt füllt der Konstrukteur die Platzhalter mit Hölzern und Platten sowie Fenstern und Türen. Dafür werden das Leistungsverzeichnis sowie die statischen Berechnungen genutzt. Zu den einzelnen Bauteilen werden außerdem spezifische Informationen hinterlegt, etwa zu den verwendeten Materialien wie Dämmstoffen.
Nachdem das Modell vollständig konstruiert ist, gehen die Daten für den Abbund der Hölzer und Platten an die CNC-Maschinen. Damit hat der zuständige Maschinenführer alle Informationen, die für den Zuschnitt notwendig sind, und kann mit seiner Arbeit beginnen. Außerdem wird das Modell genutzt, um Pläne für Fertigung und Montage auszugeben.

Stets aktuell und transparent

Die Arbeit mit diesen digitalen Modellen verlangt ein hohes Maß an Koordination und Zusammenarbeit und eine darauf zugeschnittene Projektorganisation. Ein wesentlicher Unterschied zur heutigen Planungssituation: Das BIM-Modell ist immer aktuell und transparent. „Natürlich ist das ein bisschen Fluch und Segen zugleich“, sagt Bille. Denn alle Baubeteiligten müssen aktiv am Planungsprozess teilnehmen, sich regelmäßig die Updates im Modell ansehen, miteinander kommunizieren – mehr als das heute der Fall ist.

Aktuell unterstützt das BIM-Modell der Zimmerei Sieveke vor allem die Arbeitsprozesse in der Angebots-, Planungs-, Fertigungs- und Montagephase. Das volle Potenzial ist damit aber noch nicht ausgeschöpft. In Zukunft möchte sich der Betrieb gern häufiger an funktionalen Ausschreibungen beteiligen, eigene Konzepte entwerfen und Leistungsverzeichnisse erstellen. Dadurch wird das Modell in der Angebotsphase bald eine wichtigere Rolle spielen. Um in der Planungsphase künftig das volle BIM-Potenzial ausschöpfen zu können, soll das digitale Gebäudemodell auch mit dem Terminplan verknüpft werden. BIM-basierte Bauablaufsimulationen ermöglichen dann eine bessere Termin- und Ressourcenplanung.


Auf großen Monitoren in der Fertigungshalle soll das Fertigungsteam künftig direkt Einblick in das digitale Gebäudemodell nehmen können. Die 3D-Darstellung kann dann in Ergänzung zu den Papierplänen genutzt werden. Tablets auf der Baustelle wird es bei Sieveke aber auch in Zukunft nicht geben. Papierpläne haben sich als geeigneter erwiesen, so Buhr.

Er erhofft sich von BIM, die Zusammenarbeit mit Architekten, Planern und anderen Gewerken in zukünftigen Projekten deutlich zu verbessern. Bisher, so Buhr, fehlt es aber noch an Baupartnern, die BIM-basiert arbeiten, sowie an geeigneten Schnittstellen zum Austausch von Gebäudemodellen.

Mehr Zeit für das Wesentliche

„Es gibt tatsächlich sehr viele Leute, die an Planungs- und Bauprozessen beteiligt sind, die noch nie was von BIM gehört haben, ob das nun öffentliche oder private Auftraggeber sind. Auch Architekten und Ingenieure sperren sich zum Teil noch“, wundert sich Jens Bille. Er rät Handwerkern, sich in kleinen Dosen, aber wohlüberlegt mit dem Thema vertraut zu machen. Sich erst darum zu kümmern, wenn BIM gängige Praxis ist, hält er für den falschen Weg.

Auch wer nicht sofort mit BIM einsteigen möchte, könne aus einer Fülle von digitalen Werkzeugen wählen, um Betriebsabläufe zu verbessern. Durch schlankere Prozesse und die Standardisierung von Vorgängen, die sich immer wiederholen und auf die man oft auch gar keine Lust hat, bleibe mehr Zeit für das Wesentliche. „Man könnte auch sagen, es bleibt mehr Zeit für das eigentliche Handwerk“, macht der BIM-Experte vom HPI noch zögernden Unternehmern Mut.

Anlaufstellen für BIM

Noch gibt es nicht viele Informations- und Weiterbildungmöglichkeiten zu BIM für Handwerker. Hier die wichtigsten im Überblick. Zusätzlich lohnt es sich, bei den Handwerkskammern und bei den Fachverbänden nachzufragen.

Schaufenster Digitales Bauen (Bildungszentren des Baugewerbes BZB)

Innovationspfad Digitales Bauen: Hier werden digitale Anwendungen und praxisnahe Werkzeuge vorgestellt, mit denen Bau- und Ausbaubetriebe die Digitalisierung meistern können.
Infos und Anmeldung: bzb.de/projekte/nationale-projekte/digitales-bauen

Seminarangebot von HPI und ZWH

Das Heinz-Piest-Institut hat in Zusammenarbeit mit der Zentralstellefür die Weiterbildung im Handwerk (ZWH) im Rahmen des Projektes „eworkbau“ ein multimediales Kurskonzept entwickelt. Es soll für Handwerker einen niederschwelligen Einstieg in BIM ermöglichen. Einige Handwerkskammern bietet diese Weiterbildung an.
Infos bei den Handwerkskammern sowie zwh.de oder hpi-hannover.de

BIT-Berater

Über BIM-Fortbildungen informieren auch die BIT-Berater. Die Beauftragten für Innovation und Technologie (BIT) haben die Aufgabe, Handwerksunternehmen in die Lage zu versetzen, neue technologische Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die betriebliche Praxis zu bewerten. Die Datenbank bistech listet die Berater auf, hier findet man per Postleitzahlensuche einen Berater in der Region.
Infos: bistech.de

Baufachverbände

Die Landesfachverbände unter dem Dach des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes bereiten für ihre Mitgliedsbetriebe Veranstaltungen zu BIM vor. Konkrete Projekte gibt es bei den Landesverbänden Bayern, Niedersachsen und dem Norddeutschen Baugewerbeverband. Auch die Bau-Akademie in Feuchtwangen bietet Unterstützung.
Infos: baybauakad.de

Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Planen und Bauen

Das Kompetenzzentrum bietet auch für Handwerksbetriebe Angebote, um diesen die Chancen digitaler Techniken und Methoden zugänglich zu machen. Das Kompetenzzentrum erstreckt sich über das gesamte Bundesgebiet und gliedert sich in die fünf regionalen Standorte Nord, Süd, Ost, West und Mitte.
Infos: kompetenzzentrum-planen-und-bauen.digital

Building Smart e.V.

Das deutschsprachige Chapter von buildingSMART International (bSI) wurde auf Initiative führender deutscher Planungs-, Ausführungs- und Bausoftwareunternehmen gegründet, um BIM voranzubringen. Auch Handwerkskammern sind inzwischen dabei. Der Verband organisiert Seminare und Tagungen sowie Angebote für Netzwerken und fachlichen Austausch.
Infos: buildingsmart.de

Softwareanbieter

Es gibt keine ausgesprochene BIM-Software, sondern zahlreiche BIM-fähige Programme. Entsprechend gibt es Software-Workshops der Anbieter.
Große Anbieter sind: Allplan, Graphisoft, Autodesk, Bentley Systems, Trimble, Vectorworks, Softtech.