Schärfer vorgehen

Praxis | Jeder Handwerksbetrieb kann sich effizient um seine Forderungen kümmern. Nur so bleiben die Außenstände im Griff, das eigene Risiko für die Liquidität in Grenzen.

Schärfer vorgehen

Konsequent Abschlagszahlungen für Material und Arbeit fordert Jens Schmegel, Dachdeckermeister im niedersächsischen Deinstedt, von seinen Kunden. Sein Unternehmen hat zu etwa je einem Drittel Privatkunden, Architekten und Generalunternehmer (GUs) als Auftraggeber. „Die meisten Probleme haben wir mit GUs“, klagt Schmegel. Zum Beispiel mit einem Bauträger bei Hamburg. Der hatte noch beim ersten Auftrag einen guten Eindruck gemacht und die Rechnung reibungslos bezahlt. Die Bauhandwerkersicherung nach Paragraf 648 a BGB musste nicht in Anspruch genommen werden. Bei zwei weiteren Gebäuden jedoch, Schmegel hatte auf die Bankbürgschaft verzichtet, zahlte er nicht und ging in Insolvenz. Schaden: 20000 Euro. Kurz Zeit später machte der Generalunternehmer mit neuem Namen wieder Geschäfte.

Jetzt verringern die Abschläge das Risiko des Forderungsausfalls. Wenn etwa beim Einfamilienhaus die Pfannen (Dachziegel) aufgelegt sind, bekommt der Kunde eine Abschlagsrechnung, je nach Bonität (Auskunft Creditreform) über 33 bis 50 Prozent der Auftragssumme. Zahlt er diese nicht, werden die Arbeiten eingestellt. Zahlt er die Schlussrechnung nicht, verschickt die Dachdeckerei nach zehn Tagen die erste Mahnung, nach weiteren zehn Tagen die zweite Mahnung. Mit der dritten und letzten Mahnung bekommt der säumige Kunde noch fünf Tage Zeit. Geht auch dann das Geld nicht ein, wird ein Inkassobüro beauftragt, mit dem die Firma schon seit vier Jahren gut zusammenarbeitet.

Allein die Betriebe im Bezirk der Handwerkskammer Lüneburg-Stade verlieren jedes Jahr 90 Millionen Euro durch Forderungsausfälle. Jens Schmegel, Vorsitzender des wirtschaftspolitischen Ausschusses der Kammer, kämpft für bessere Rechte der Handwerker. „Die Liquidität der Betriebe darf nicht mehr bis aufs Letzte ausgereizt werden“, sagt er. Und fordert nebenbei generell die Ist-Versteuerung bei der Umsatzsteuer, also die Überweisung ans Finanzamt erst nach eingegangener Kundenzahlung. Das würde den Betrieben wenigstens gegenüber dem Finanzamt eine Verschnaufpause gönnen. Die Bundesregierung hat das nur zum Teil umgesetzt. Nur kleine bis mittelgroße Handwerksbetriebe können die Ist-Versteuerung nutzen – im Westen bis 250000 Euro Umsatz, im Osten bis 500000 Euro Umsatz im Jahr.

Auch Kfz-Meister Hans Medele, Geschäftsführer des Autohauses Medele & Geyer in Weilheim, Landsberg am Lech und Füssen setzt die bestehenden Rechte gegen säumige Kunden voll ein.

„Im Verkauf haben wir keine Probleme mit Außenständen“, erklärt er, „die Fahrzeuge gehen erst raus, wenn der Kunde bezahlt hat“. Bei Leasingverträgen heißt das, Vertrag unterschrieben und Anzahlung überwiesen. Bei Reparaturen sollte das eigentlich auch so laufen. „Doch in unserer Branche kommt es leider immer noch oft vor, dass die Kunden ihr Auto von der Werkstatt abholen, aber nicht sofort bezahlen“, weiß der Obermeister der Kfz-Innung für München und Oberbayern. Kein Wunder, dass nach der Erfahrung des Projekts Krisenmanagement der Innung die schlechte Zahlungsmoral der Kunden in 78 Prozent der beratenen Betriebe auf Platz eins der Ursachen liegt.

Auto fertig, Geld rein

„Es muss hier einfach eisern gelten: Auto fertig, Rechnung fertig und Geld rein, Auto raus“, bringt es Medele auf eine griffige Formel. Zumal seine Branche das Unternehmerpfandrecht nach Paragraf 647 BGB nutzen kann. Es besagt, dass die zur Reparatur im Besitz befindlichen Sachen des Kunden so lange zurückbehalten werden dürfen, bis die Forderung beglichen ist. „Doch wenn der Kunde erst mal mit dem Wagen weggefahren ist, nützt dieses Pfandrecht natürlich nichts mehr“, versucht Medele seinen Kollegen immer wieder einzutrichtern.

Allerdings hat auch seine Firma trotz dieser Kenntnisse und Erfahrungen Außenstände im Reparaturbereich. Gute Kunden etwa, die ihren Wagen doch gegen Rechnung bekommen und dann plötzlich sehr spät oder gar nicht zahlen. Hier gibt es ein eingespieltes Verfahren, für das Medele eigens eine Mitarbeiterin eingesetzt hat: Kommt das Geld nicht rechtzeitig, geht nach 14 Tagen die erste Mahnung raus, weitere 14 Tage später die zweite. Vor der dritten und letzten Mahnung werden Firmen und Stammkunden zunächst angerufen. Diese sollen dabei Gelegenheit haben, die Rechnung oder die Reparaturleistung zu monieren. Bei anderen Kunden wird der Meister in der Werkstatt gefragt, ob diese reklamiert haben. Gibt es hier keine Probleme und kommt das Geld innerhalb einer letzten Frist immer noch nicht, geht der Fall zu Rechtsanwältin Monika Schartl. Sie hat ihre Kanzlei praktischerweise gleich im Hauptgebäude des Autohauses, schickt dann einen Mahnantrag los oder reicht Klage beim Gericht ein.

„Im letzten Anruf bei Firmen und Stammkunden“, so Hans Medele, „lassen wir uns in manchen Fällen auf Ratenzahlung ein“. Dies vor allem dann, wenn der Kunde aus persönlichen Gründen derzeit einfach nicht zahlen kann. Bis auf ein Jahr können dann schriftlich monatliche Raten vereinbart werden. Doch Medele warnt: „Geht eine Rate auch nur einen Tag verspätet ein, landet die Kundenakte sofort bei unserer Rechtsanwältin“.

Wer von Anfang an externe Hilfe einschalten will, kann das mit atriga machen (www.atriga.com). Da handwerk magazin mit atriga kooperiert bekommen hm-Leser und vor allem hm-Premium-Abonnenten Sonderpreise. Das neueste Angebot heißt atrigaprotekt und funktioniert so:

Sie erteilen den atrigaprotekt Auftrag und wählen den für Sie passenden Tarif.

Wenn Sie noch kein atriga Kunde sind, sendet Ihnen atriga die Zugangsdaten für Ihren persönlichen DebitManager zu.

Sie können alle Leistungen von atrigaprotekt, so wie von Ihnen gewählt, sofort nutzen. Das sind kostenfreie Bonitätsprüfungen, vorschussfreie Inkassoaufträge und eine Anwaltshotline.

Die atriga-Mitarbeiter stehen Ihnen bei Rückfragen und zur individuellen Abstimmung – auch bei größeren Auftragsmengen unter einer Hotline zur Verfügung.

Vor allem bei größerem Forderungsvolumen können auch Handwerksunternehmen noch eine effiziente
Hilfe einbauen – die Warenkreditversicherung. Sie schützt Unternehmen vor dem Ausfall ihrer Außenstände. Größter Anbieter in Deutschland ist die Euler Hermes Kreditversicherungs-AG in Hamburg (www.eulerhermes.de). Sie bietet speziell für mittelständische Betriebe mit der „Warenkreditversicherung-M“ eine einfache, preiswerte und transparente Police an. Wie weit der Schutz vor Forderungsausfall reichen soll, bestimmt der Unternehmer mit verschiedenen Modulen. Die konkrete Prämie berechnet sich nach dem Umsatz des Vorjahres sowie der Risiko- und Schadenssituation des Versicherungsnehmers.

Bonität vorher geprüft

Allerdings schöpfen deutsche Betriebe ihre Möglichkeiten zur Absicherung bis jetzt nur unzureichend aus. Lediglich zwölf Prozent verfügen über eine Warenkreditversicherung. Dabei bietet die Kreditversicherung in der Regel nicht nur die Entschädigung im Schadenfall. Im Vordergrund steht vielmehr, Schäden durch qualifizierte Bonitätsprüfung zu verhindern. Hierzu kann Euler Hermes auf eine weltweit vernetzte Risikodatenbank zurückgreifen, in der Informationen von über mehr als 40 Millionen Unternehmen gespeichert sind. Dazu kommt das spezielle Know-how der Mitarbeiter über Branchen und Konzerne in fast allen Regionen der Welt.

Am allerbesten freilich ist es, wenn die Auftraggeber von vornherein bereit sind, zügig die Handwerkerrechnungen zu bezahlen. Die öffentlich-rechtlichen Kunden, also Gemeinden, Städte, Land und Bund haben sich hier bisher wegen klammer Kassen und bürokratischer Abläufe nicht gerade positiv hervorgetan (siehe auch Interview mit Volker Ulbricht Seite 11).

Zumindest auf örtlicher und regionaler Ebene ist aber jetzt eine positive Änderung in Gang gekommen: Die ersten mittelstandsfreundlichen Kommunen konnten, auch wegen zügigerer Bezahlung von Handwerkerrechnungen, erfolgreich zertifiziert werden (Prüfkriterien siehe unten). Die nordrhein-westfälische Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie, Christa Thoben (CDU), zeichnete sechs Verwaltungen mit dem RAL-Gütezeichen „Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung“ aus und überreichte den Verwaltungschefs der Kreisverwaltungen Rhein-Kreis Neuss, Borken und Paderborn sowie der Stadt Hückeswagen die Zertifizierungsurkunden. Für Schleswig-Holstein ging die Urkunde an den Kreis Dithmarschen und in Baden-Württemberg an die Stadt Nagold. Deren Oberbürgermeister Rainer Prewo ruht sich aber deshalb keineswegs auf den Lorbeeren aus. „Wir garantieren weiterhin, alle prüfbaren Rechnungen der Handwerksbetriebe in-nerhalb von 15 Arbeitstagen zu begleichen“, sagt Nagolds Wirtschaftsbeauftragter Hagen Breitling. Dass die Stadt im Nordschwarzwald damit auch Skonto abziehen kann und als äußerst attraktiver Standort für Betriebe gesehen wird, spielt außer der Zertifizierung auch eine große Rolle. „Alle zwei Jahre nimmt uns der TÜV Nord unter die Lupe und spricht seine Empfehlung für das RAL-Gütezeichen aus“, weiß Breitling. „Die beste Referenz jedoch bekommen wir vor Ort von den Bürgern und Betrieben.“ K

harald.klein@handwerk-magazin.de