Rücksicht auf Mensch und Umwelt

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Zertifizierung Wie schafft es ein Holzhausbauer aus dem Allgäu, weltweit bekannt zu werden? Mitarbeitermotivation, Nachhaltigkeit und pfiffige Ideen. handwerk magazin sprach mit der Baufritz-Chefin.

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    © Falk Heller
    k VitaDagmar Fritz-Kramer, 40, führt das Unternehmen Baufritz aus Erkheim im Allgäu in vierter Generation, gemeinsam mit Helmut Holl.Die Baufritz GmbH + Co.KG, gegründet 1896 als Zimmereibetrieb, stellt ökologische Holzhäuser her. Das Unternehmen beschäftigt 240 Mitarbeiter.
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Rücksicht auf Mensch und Umwelt

handwerk magazin: Frau Fritz-Kramer, kaum ein anderer Mittelständler verfügt über so viele Qualitätsnachweise, Zertifizierungen, Patente, Warenzeichen und Auszeichnungen wie Baufritz. Welche Rolle spielen diese Siegel für Ihr Unternehmen?

Dagmar Fritz-Kramer: Nun, in unseren 115 Jahren Firmengeschichte haben wir uns immer über Bestätigung von außen, aber auch über neu erreichte Ziele und Entwicklungen gefreut. Sie sind für den Fortbestand der Firma, aber auch als Motivation für unsere Mitarbeiter sehr wertvoll und bestärken uns in unserer Pionierrolle.

Sie haben die Unternehmensleitung vor sieben Jahren übernommen. Welche Werte haben Sie erhalten, gelöscht, hinzugefügt?

Ganz klar erhalten haben wir die ökologischen, baubiologischen und im Sinne der Nachhaltigkeit des Produktes entwickelten Konzepte und Ideen. Diese haben wir nicht nur erhalten, sondern konsequent in Richtung Energieeffizienz, Materialeffizienz und Architektur weiterentwickelt. Getrennt haben wir uns von halbfertigen Produkten - wir sind dazu übergegangen, fast ausschließlich schlüsselfertige Gebäude anzubieten. Wir haben erkannt, dass wir nur wirklich gesunde Gebäude übergeben können, wenn wir alle Gewerke selbst kontrollieren.

Sie produzieren das Voll-Werte-Haus. Welche Werte sind Ihnen bei der Unternehmensführung wichtig?

Offenheit, Ehrlichkeit, Wahrheit und Konsequenz.

Welchen Beitrag leistet Ihr Managementsystem zur Vermittlung dieser Werte?

Systeme können aus meiner Sicht eher weniger zur Vermittlung und Erhaltung von Werten beitragen, es sind die Menschen in einem Unternehmen, die das Wertegerüst halten. In unserem Fall trägt sicher auch das nachhaltige Produkt zum Erhalt unserer Wertewelt ungewöhnlich viel bei - würden wir Panzer produzieren, wäre der Einfluss bestimmt nicht so stark.

Als Anbieter von ökologischen Holzhäusern sind Sie an viele Öko-Standards gebunden. Wie spiegelt sich dies auch in der Unternehmensführung wider?

Wir wurden vor sieben Jahren als erstes Bauunternehmen Deutschlands EMAS zertifiziert. Dies verpflichtet uns, in allen Punkten der Unternehmensführung immer Einflüsse auf Umwelt und Mensch zu berücksichtigen. Unsere letzte Produktionshallenerweiterung ist deshalb mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet, die 50 Prozent des Strombedarfs der Firma liefert, und die Beleuchtung wurde mit LED-Technik gemacht. Alle Mitarbeiter arbeiten auf gelenkschonendem Holzboden bei viel Sonnenlicht und gesunder Luft.

„Unser Ziel ist es, dass sich
die Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren.“

Wie stellen Sie sicher, dass Sie alle Standards einhalten?

Mein Kollege vom Umweltmanagement, wie auch das Team des Qualitätsmanagements sorgen sich täglich darum.

Welche Rolle spielen Zertifizierungen in diesem Zusammenhang?

Für Marketing und Vertrieb spielen sie eher eine untergeordnete Rolle. Die meisten Kunden kennen gerade die speziellen ökologischen Zertifikate gar nicht im Detail - das ist auch nicht wichtig. Wir sehen uns jedoch bei den Zertifizierungen immer wieder von außen reflektiert, was uns immer wieder neu zu Verbesserungen anspornt.

Lohnt sich denn der ganze Aufwand für eine Zertifizierung?

Aus meiner Sicht schon - Sie bekommen für den zwar nicht ganz günstigen, aber, im Gegensatz zu einer Beratungsfirma, überschaubaren Betrag sehr qualifizierte und oft branchenversierte Prüfer, die Ihr Unternehmen gründlich durchleuchten. Dies führt oft zu völlig neuen Sichtweisen und Ideen. Es gab bisher kein Audit, bei dem wir nicht wirklich gute Impulse erhielten. Gleichzeitig sind die Zertifizierungen gerade im Exportgeschäft sehr wichtig. Sie bieten ausländischen Kunden eine Orientierungshilfe und sind in manchen Ländern bekannter als in Deutschland.

Inwiefern nutzen Sie die Ökosiegel auch zur externen Kommunikation?

Wir nutzen nur die bekanntesten Ökosiegel für die Kommunikation. Sie bestätigen lediglich unsere Entwicklungen.

Sie nehmen an vielen Awards teil, gewinnen viele Preise. Lohnt der Aufwand? Wie wichtig sind Ihnen die Auszeichnungen?

Für ein kleines Unternehmen im Allgäu ist es sehr schwierig, mit dem beschränkten Marketingbudget die kleine Gruppe von Bauwilligen in Deutschland zu erreichen. So nutzen wir die Möglichkeit, Awards zu gewinnen und damit kostenloses Marketing zu bekommen. Wir könnten uns Anzeigen in den großen überregionalen Tageszeitungen und anderen Medien nicht leisten.

Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Art der Mitarbeiterführung?

Es ist mir eine große Freude, mit meinen Mitarbeitern Ideen zu spinnen. Unsere Denkerrunden sind oft hochkontrovers, aber auch hochkreativ und inspirierend. Mein Ziel wäre es, mit meinen pfiffigen Allgäuer Querschädeln noch einige bahnbrechende Ideen in die doch recht träge Baubranche hineinzutragen.

Welchen Stellenwert hat die Mitarbeiterzufriedenheit in Ihrem Unternehmen? Wie fördern Sie sie?

Zufriedenheit ist sicher gut - mir wäre aber Identifikation und echte gelebte Überzeugung für Firma und Produkt lieber. Da, glaube ich, sind wir schon ein paar Schritte weit gekommen. Einige Maßnahmen dazu sind sicher auch ungewöhnliche, wie ein Rentnerstammtisch mit ehemaligen Mitarbeitern, aber auch Betriebsfischen bei einem Kollegen, ein unentgeltliches Engagement für Behinderte in Slowenien oder eine Baumpflanzaktion im firmeneigenen Klimaschutzwald.

Beschreiben Sie bitte die Unternehmenskultur von Baufritz.

Unserem Leitmotiv „Im Einklang mit Mensch und Natur“ fühlen wir uns bei jedem Schritt verpflichtet. Das hört sich einfach an, ist jedoch manchmal ganz schön knifflig.

holger.externbrink@handwerk-magazin.de

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