Gewährleistung: Risiko Einbaumaterial

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Urteil des Monats

In einem neuen Urteil bestätigt der Bundesgerichtshof das Haftungsrisiko für Einbaumaterial.

Risiko Einbaumaterial

Der Fall

Der im Sportplatzbau tätige Betrieb hatte bei seinem Lieferanten Granulat für Kunstrasenplätze gekauft. Erst nach dem Einbau stellte sich heraus, dass dieses mangelhaft war. Der Betrieb musste es wieder herausnehmen und neues, einwandfreies Material verwenden. Auch dieses besorgte ihm sein Lieferant. Dieser weigerte sich jedoch, die Kosten für den Ausbau des alten und den Einbau des neuen Granulats zu übernehmen. Grund: Nach Paragraf 439 BGB sei er lediglich zur Lieferung einer mangelfreien Sache verpflichtet. Für ihn schien der Auftrag also mit dem Abladen des neuen Granulats erledigt. Der Fall betraf zwar ein Unternehmen des Garten- und Landschaftsbaus, ist jedoch aufs Handwerk übertragbar, das gekauftes, später als mangelhaft erkanntes Material verlegt, wie etwa Fliesen- und Parkettleger.

Das Urteil

Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Lieferanten Recht (Az. VIII ZR 226/11). Zwar hatte der selbe Senat im Fall eines Fliesenlieferanten noch zugunsten des Kunden entschieden (Az. VIII ZR 70/08). Hintergrund hierfür war jedoch, dass der Auftraggeber Privatmann war, für den die EU-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf gilt. Diese gewährt Privatkunden über Paragraf 439 BGB hi-naus auch den Ersatz der Ein- und Ausbaukosten, so der Europäische Gerichtshof, den der BGH seinerzeit eingeschaltet hatte. „Bei Kaufverträgen zwischen Unternehmern (b2b) oder zwischen Verbrauchern (c2c) wird dagegen der Ausbau der mangelhaften Sache von der Nacherfüllungsvariante Lieferung einer mangelfreien Sache nicht erfasst“, so der BGH. Konkret: Der EU-Verbraucherschutz greift hier nicht, der Lieferant muss nur einwandfreies Material liefern.

Die Praxisfolgen

Handwerksbetriebe, die Material verbauen oder verlegen, das sich später als schadhaft herausstellt, unterliegen dem Werkvertragsrecht. Sie haften für ihre Arbeit und fürs Material. „Bislang kann der Bauunternehmer aber in aller Regel den Baustofflieferanten oder den Baustoffhersteller wegen der ihm dadurch entstandenen Kosten nicht in Regress nehmen“, so Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB) in Berlin, zu dem auch Parkett- und Fliesenleger gehören. Ein großes Risiko, „denn die Kosten, die durch mangelhaftes Material entstehen, sind oftmals ein Vielfaches höher als die eigentlichen Materialkosten und können für Bauunternehmer ein erhebliches Risiko darstellen“, warnt Pakleppa. Das neue BGH-Urteil bestätigt dieses Risiko. Denn Handwerksbetrieb und Lieferant sind Unternehmer, der Lieferant kann es ablehnen, die Ein- und Ausbaukosten zu übernehmen.

Tipp: Einen Ausweg gibt es nur bei Privatkunden. Kaufen diese das Material selbst, das der Betrieb verbaut, oder der Handwerker auf ihre Rechnung, muss der Verkäufer auch den Ein- und Ausbau bezahlen, wenn das Material schadhaft ist. Bei Geschäftskunden funktioniert der Praxistipp mit dem neuen Urteil dagegen nicht.