Richtig vorsorgen

Vollmacht | Auch junge Unternehmer sollten regeln, wer sie im Notfall vertritt. Eine zusätzliche Patientenverfügung nach neuem Recht schützt zudem vor der Apparatemedizin.

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    Der Notfall kann jeden Unternehmer jederzeit treffen gut, wenn er dann rechtlich und praktisch vorgesorgt hat.
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    „Wer nicht regelt, wie der Betrieb ohne ihn weiterläuft, handelt unverantwortlich.“Steuerberater Andreas Müller legt seinen Mandanten die Generalvollmacht nahe.
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    Begrüßt die neue Regelung zur Patientenverfügung für alle Lebenslagen: Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Richtig vorsorgen

Nach jahrelangem Tauziehen stimmte der Bundestag einem Gesetz zu, das erstmals die Patientenverfügung verbindlich regelt. Über acht Millionen Menschen, die festgelegt haben, wie intensiv und wie lange sie bei schwerster Krankheit medizinisch behandelt werden möchten, haben damit eine sichere Rechtsgrundlage. Ärzte, Bevollmächtigte, Betreuer und das Vormundschaftsgericht, eine Abteilung des Amtsgerichts, sind an diesen Willen grundsätzlich gebunden und müssen ihn befolgen (siehe Übersicht Seite 62).

Neu ist auch, dass eine Patientenverfügung nicht nur für den Fall einer tödlichen Krankheit abgefasst werden kann. „Wir knüpfen die Beachtlichkeit des Patientenwillens nicht an die Art oder das Stadium einer Krankheit“, so Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Die Diskussion um dieses Gesetz, oft aber auch dramatische Ereignisse in der Presse, rütteln die Menschen im Alltag wach. Sei es die lange Krankheit, ein schwerer Verkehrsunfall oder spektakulär in den Medien verbreitete Fälle der Sterbehilfe. In ruhigen Zeiten geraten Themen wie Vollmacht und Patientenverfügung dann schnell wieder in Vergessenheit, werden verdrängt, weil niemand gern an unangenehme Lebenssituationen denkt. Doch gerade Handwerksunternehmer sollten möglichst eine Generalvollmacht in der Schublade haben, die sofort regelt, wer sie in einem Notfall vertritt. Die Patientenverfügung kann ergänzend hinzugefügt werden.

Große Nachfrage beim Notar

Das neue Gesetz hat offenbar viele Selbständige dazu bewegt, nachzudenken, ob sie ausreichend vorgesorgt haben. „Wir haben eine große Nachfrage“, bestätigt Notar Thomas Wachter in München. „Gerade Unternehmer sind sich bewusst, dass sie mit einer Generalvollmacht für den Notfall vorsorgen sollten.“ Die meisten lassen sich zuerst beraten, den Notar dann einen für ihren Betrieb und ihre Familie passenden Entwurf erstellen und unterschreiben ihn in der Kanzlei (mehr dazu auf Seite 62).

Bei Testamenten sieht es ganz anders aus. Hier beobachtet Notar Wachter, dass sich auch viele Unternehmer eher zurückhalten, zumindest das Thema bis ins vorgerückte Alter aufschieben. „Ein Grund dafür ist sicher, dass die Vollmacht bereits bei längerem Krankenhausaufenthalt greift“, so Wachter. Der Mandant regelt in aktiver Zeit, wie und durch wen sein Betrieb fortgeführt wird, wenn er verhindert ist.

Andreas Müller, Steuerberater, Rechtsbeistand und vereidigter Buchprüfer in München, muss bei seinen unternehmerischen Mandanten beim Thema Vollmacht aber eher nachhaken. „Es ist bedauerlich, dass selbst gestandene Handwerksunternehmer nicht für die Situ-ation planen, in der sie vorübergehend oder dauernd nicht mehr in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln“, seufzt Müller.

Generalvollmacht erteilen

Daraus entstehen nach seiner praktischen Erfahrung immer wieder große Probleme: „Ohne Vollmacht können selbst nahe Angehörige wie Ehegatten, Lebenspartner oder Kinder weder Vermögensfragen noch persönliche Angelegenheiten regeln.“ Deshalb rät auch dieser Experte dringend dazu, einer Vertrauensperson eine Generalvollmacht zu erteilen, mit der diese alle laufenden Geschäfte erledigen darf. „Nur damit wird ihr die Befugnis erteilt, an Stelle des verhinderten Chefs zu handeln“, erklärt Müller. „Rechtsgeschäfte, die eine bevollmächtigte Person für den Vollmachtgeber erledigt, werden nur noch von diesem kontrolliert, solange er es kann“, präzisiert Steuerberater Andreas Müller. Der Bevollmächtigte unterliegt also keiner weiteren Kontrolle.

Die Erteilung einer Generalvollmacht hat weitreichende Konsequenzen. Doch auch wer keine Generalvollmacht, sondern „nur“ eine Vorsorgevollmacht erteilt, die lediglich rein persönliche Dinge wie die Behandlung im Krankenhaus regelt, muss sich darüber im Klaren sein, dass dies immer Vertrauenssache ist. Grund: Tritt die Notlage ein, ist es meist nicht mehr möglich, die bevollmächtigte Person zu kontrollieren oder kontrollieren zu lassen. Deshalb sollten die Generalvollmacht und die Vorsorgevollmacht, oder beide kombiniert in einer Urkunde, nur dann abgefasst und übergeben werden, wenn der Vollmachtgeber einer Person wirklich sein absolutes Vertrauen schenkt.

Alternativ ist es möglich, mehrere Personen zur gemeinschaftlichen Vertretung zu bevollmächtigen. Damit wird eine gegenseitige Kontrolle erreicht. Zudem ist es möglich, die Vollmachtsurkunde zunächst selbst zu verwahren oder einer neutralen Stelle wie Notar, Rechtsanwalt oder Steuerberater auszuhändigen. So ist sichergestellt, dass der Bevollmächtigte die Vollmacht nur nutzen kann, wenn der Ernstfall wirklich eingetreten ist.

Reichweite prüfen

Im Übrigen kann eine Vollmacht auch eingeschränkt werden, indem der Unternehmer bestimmte Geschäfte untersagt. Denkbar ist hier zum Beispiel der Ausschluss der Verfügung über Grundbesitz. Werden dann im konkreten Fall solche Geschäfte dennoch erforderlich, bestellt das Vormundschaftsgericht hierfür einen Betreuer.

Doch selbst wer eine Vollmacht erteilt hat, ist im Fall der Fälle nicht immer auf der sicheren Seite. Zum Beispiel bei den Banken: „Die meisten akzeptieren keine Vorsorgevollmacht“, weiß Andreas Müller. Sie bestehen zumindest auf einer notariell beglaubigten Vollmacht. Alternativ bieten die Kreditinstitute ihre eigenen Vordrucke für Bankvollmachten an. Diese gelten dann für alle Geschäfte beim jeweiligen Haus.

„Am besten ist die notariell beurkundete, also auch inhaltlich vom Notar verfasste Urkunde“, erklärt Notar Thomas Wachter nicht ganz uneigennützig für seinen Berufsstand. Bei Banken, auch etwa für Immobiliengeschäfte, Änderungen beim Handelsregister und Darlehensverträge, sei sie unverzichtbar (siehe Kasten rechts).

Nur im Original gültig

Eine bestimmte Form ist für die Vollmacht nicht vorgeschrieben. Unbedingt zu beachten ist jedoch, dass sie nur im Original gültig ist. „Berwahren Sie die Vollmacht auf jeden Fall an einem sicheren Platz auf, aber so, dass diese im Bedarfsfall auch zur Verfügung steht“, rät Andreas Müller.

Und schließlich auch wichtig: Die Vollmacht sollte regelmäßig geprüft werden, ob sie noch dem aktuellen Stand in Firma und Familie entspricht. Denn wer etwa meint, einmal die Generalvollmacht ausgefüllt in die Schublade zu legen und damit die Vorsorge für zehn Jahre und mehr zu regeln, der hat das Thema nicht richtig ernst genommen.

harald.klein@handwerk-magazin.de