Rettungsanker für den Chef

Berufsunfähigkeit Handwerker, die nach schweren Unfällen nicht mehr arbeiten können, sind auf sich gestellt. Nur eine private Risikovorsorge sichert die eigene Arbeitskraft ab. Was die Police leistet und was sie kostet.

  • Bild 1 von 3
    © Andreas Simon
    Elektromeister Christian Knape investierte schon früh in die private Berufsunfähigkeitsversicherung.
  • Bild 2 von 3
    © Chart: handwerk magazin
    Risiko-Ranking: Gerüstbauer, Metzger und Fliesenleger führen die Statistiken an.
  • Bild 3 von 3
    © Schinnenburg
    „Wählen Sie Versicherungen, die sich auf Handwerker spezialisiert haben.“Stephan Schinnenburg vom Analysten Morgen+Morgen

Rettungsanker für den Chef

Vor zwei Jahren wagte Christian Knape den Sprung in die Selbständigkeit. „Ich habe nicht bei null angefangen, Kenntnisse und Kontakte waren schon da“, sagt der Elektrikermeister aus Bad Belzig im Land Brandenburg. Das gilt auch für seinen Berufsunfähigkeitsschutz, den er jetzt als Existenzgründer für noch wichtiger hält, weil er auf kein soziales Sicherheitsnetz mehr vertrauen kann. Gleich nach der Lehre hat er mit einer Berufsunfähigkeitspolice vorgesorgt.

Für Handwerker unverzichtbar

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt eine Rente, wenn der Handwerker nicht mehr in seinem Beruf arbeiten kann. Je jünger und gesünder der Handwerker ist, umso günstiger ist der Beitrag für die Police. Außerdem richten sich die Kosten nach der vereinbarten Rentenhöhe, der Laufzeit und dem Gewerk (siehe Tabelle Seite 64). Für selbständige Handwerker ist die Versicherung unverzichtbar, denn nach schweren Unfällen gibt es für Unternehmer keine Leistungen aus der Sozialversicherung mehr.

Der 32-jährige Knape zahlt als Selbständiger in die gesetzliche Rentenversicherung ein, bis seine 18 Pflichtjahre erfüllt sind. Doch er weiß, vom sozialen Sicherungsnetz hätte er im schlimmsten Fall nichts zu erwarten. Für alle Handwerker ab Jahrgang 1961 und jünger wurde der gesetzliche Berufsunfähigkeitsschutz abgeschafft. Eine gesetzliche Frührente gibt es für Selbständige nur noch, wenn der Betroffene überhaupt nicht mehr oder nur noch wenige Stunden am Tag irgendeiner Tätigkeit nachgehen kann. Diese Erwerbsminderungsrente liegt bei durchschnittlichem Verdienst sowie 25 Versicherungsjahren zwischen 603 Euro und 680 Euro.

Elektromeister Knape will bei einem Unfall die finanzielle Last für die dreiköpfige Familie nicht seiner Partnerin aufbürden. „Jeden Tag mit dem Transporter auf Achse, und auch die Arbeit auf Baustellen ist nun mal nicht ohne Risiko“, sagt er.

Lange Laufzeiten vereinbaren

Die Berufsunfähigkeitsversicherung gehört zu den wenigen Policen, die auch kritische Verbraucherschützer für unverzichtbar halten. „Die Police sollte nicht an Sparverträge wie Lebensversicherungen oder eine Rüruprente gekoppelt werden“, rät Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale Hamburg (siehe Checkliste rechts). „Für Selbständige ist das eine unglückliche Kombination, weil sie bei einer Kündigung zu teuer und zu unflexibel ist“, so die Verbraucherschützerin. Besser sei immer ein eigenständiger Vertrag mit möglichst langer Laufzeit. „Bis 60 oder 63 Jahre ist in der Regel kein Problem“, sagt Stephan Schinnenburg vom Analysten Morgen & Morgen. Darüber hinaus wird es für bestimmte Handwerksberufe mit schwerer körperlicher Tätigkeit schwierig, einen entsprechenden Versicherungsschutz zu finden. Nur zehn Anbieter versichern beispielsweise Dachdecker bis 67 Jahre. Bei Bäckern sind es dagegen deutlich mehr Gesellschaften mit entsprechenden Policen.

Spezialangebote für Handwerker

„Auf Handwerker spezialisiert sind Versicherungen wie Signal Iduna, die Versicherungskammer Bayern und die Provinzial. Sie versichern Handwerksmeister zu einem guten Preis auch bis ins höhere Alter“, so der Geschäftsführer des Analysehauses Morgen & Morgen. Wer den ganzen Tag über körperlich schwer arbeitet - das ist gerade bei bei Existenzgründern im Handwerk oft der Fall - hat ein höheres Risiko und zahlt folglich auch eine höhere Prämie: Je nach Berufsgruppe, in die er eingestuft ist.

„Früher hatte man drei oder vier Berufsgruppen mit nicht körperlich tätigen Akademikern in der besten Gruppe, Büroangestellte in der zweiten, die leicht körperlich Tätigen in der dritten und die schwer körperlich Arbeitenden in der vierten Gruppe“, erklärt Schinnenburg. Diese Einteilung haben die Versicherer geändert. Inzwischen sind daraus bei manchen Gesellschaften sieben oder acht Gruppen geworden.

Das bringt für Handwerker Vorteile: Bei ihnen wird dann nicht mehr nur nach leichter oder schwerer körperlicher Arbeit unterschieden. Es gibt noch eine mittlere Zwischenstufe. „Der Trend geht dahin, die Berufsgruppen noch stärker zu unterteilen, um bestimmten Berufen eine etwas günstigere Prämie zu geben“, sagt Schinnenburg. Derzeit bieten insgesamt 76 Gesellschaften rund 350 Tarife an. Fast alle haben einen günstigen Tarif mit guten Konditionen, der im Rating von Morgen & Morgen mit fünf Sternen für gute Bedingungen glänzt und mit dem kräftig geworben wird. Handwerker sollten prüfen, ob sie auch diesen Top-Tarif angeboten bekommen.

Konditionen genau prüfen

Bei Policen mit abgespeckten Bedingungen ist allerdings Vorsicht geboten. Die Prämie ist güns-tiger, „doch manche Gesellschaften verzichten hier nicht auf die sogenannte abstrakte Verweisung“, so Versicherungsberater Hans-Hermann Lüschen aus Berlin. Der Handwerksmeister kann im Ernstfall auf jeden anderen gleichartigen Beruf verwiesen werden - auch wenn er dort gar keine Arbeit findet. „Eine solche Police ist für ihn dann wertlos“, sagt Stefan Eibl vom unabhängigen Vergleichsportal Check24.de. Das zeigt, wie wichtig bei dieser Versicherung die Konditionen für Handwerker sind. Denn je besser die Bedingungen, umso einfacher ist es, einen Anspruch durchzusetzen.

Auch fahrlässige Verstöße wie Verkehrsdelikte sollten mitversichert sein. „Bei einem Unfall mit dem Auto oder Fahrrad kann jeder schwer verletzt werden. Dann sollte auch eine Berufsunfähigkeitsrente fließen, falls die Unfallfolgen das berufliche Aus nach sich ziehen“, rät Eibl von Check24.de.

Nicht jeder Handwerker kann gleich am Anfang seiner Berufslaufbahn eine hohe Berufsunfähigkeitsrente versichern. Für Existenzgründer machen daher auf jeden Fall Nachversicherungsgarantien Sinn. „Wer jetzt erst mal monatlich 1000 Euro abschließt, kann später bei Heirat, Geburt eines Kindes, Einkommenssteigerung oder alle fünf Jahre ohne besonderen Anlass den Vertrag erhöhen und das ohne erneute Gesundheitsprüfung“, erklärt Versicherungsberater Lüschen.

Bei den meisten Gesellschaften müssen Handwerker bei einer Nachversicherung außerdem bestimmte Fristen einhalten. In der Regel sind das sechs Monaten ab dem jeweiligen Anlass wie zum Beispiel der Geburt eines Kindes, darauf weist Verbraucherschützerin Becker-Eiselen hin.

Auch Elektrikermeister Christian Knape hat Nachversicherungsgarantien in seinem Versicherungsvertrag vereinbart, die Nachversicherung allerdings bisher noch nicht in Anspruch genommen. „Man möchte ja nicht alles Geld zur Versicherung tragen“, erklärt er. „Wenn der Betrieb und die Einkünfte sich weiter zu meiner Zufriedenheit entwickeln, dann denke ich sicher über eine Aufstockung der Berufsunfähigkeitsrente nach. Gut, dass ich mir diese Möglichkeit noch eine Zeit lang offenhalten kann.“

cornelia.hefer@handwerk-magazin.de

Online exklusiv

Weitere wichtige Infos zur Berufsunfähigkeitsversicherung finden Sie auf unserer aktuellen Themenseite
handwerk-magazin.de/berufsunfaehigkeit

Themenseite