Rekordkonjunktur: Schnelle Hilfe bei Auftragsspitzen

Zugehörige Themenseiten:
Auftragsspitzen

Noch nie war das Geschäftsklima im Handwerk so gut wie heute – mit 88,5 Punkten meldet der Zentralverband in Berlin einen neuen Spitzenwert. Wie Sie Ihre Zusatzaufträge effizient abwickeln.

© Illustration: Rüdiger Trebels

Wie viele Aufträge lassen sich mit den vorhandenen Kapazitäten effizient abwickeln? Was auf den ersten Blick nach einem simplen kalkulatorischen Rechenspiel aussieht, ist für die meisten Unternehmer im Alltag eine echte Herausforderung: „Oft fehlt den Chefs einfach die Übersicht, was die Mitarbeiter mit ihren Stundenkapazitäten tatsächlich leisten können“, weiß Tobias Metz, Geschäftsführer von „Mein Coach + Partner“ in Bruchsal.

Hinzu kommt nach seiner Erfahrung in einigen Branchen die mangelnde Planbarkeit von Aufträgen. Als klassisches Beispiel nennt Metz den Bau- und Ausbaubereich, wo der Unternehmer speziell bei Neubauten fast immer von der Vorarbeit seiner Handwerkskollegen abhängig ist: „Wird der Elektriker mit dem Verlegen der Leitungen nicht rechtzeitig fertig, verschieben sich die nachfolgenden Gewerke natürlich auch – und schon gerät der sorgfältig kalkulierte Zeitplan ins Wanken.“

Sind Stress, Hektik und Überforderung also in vielen Branchen vorprogrammiert? Experte Metz, der mit seinem Team bundesweit über 400 Handwerker coacht, sieht bei der Auftragsannahme auch die Unternehmer in der Pflicht: „Die Chefs müssen lernen, auch mal ‚Nein‘ zu sagen, schließlich kann ein Betrieb seine jeweiligen Stundenkapazitäten nicht beliebig anpassen“ (Details siehe Interview unten).

Engpass 1: Arbeitsstunden

Um Auftragsspitzen möglichst mit dem eigenen Team bewältigen zu können, raten Arbeitsrechtsexperten (siehe rechts unten) zu Betriebsvereinbarungen und Zeitkonten, die einen möglichst üppigen Puffer bei den Arbeitszeiten ermöglichen. Ist dieser Spielraum ausgeschöpft, muss sich der Betrieb Hilfe von außen holen.

Was im Neubau bei Standardjobs noch einigermaßen funktioniert, ist bei kundenspezifischen Serviceleistungen nach Erfahrung des Bruchsaler Beraters oft nicht möglich: „Je enger der Kontakt zwischen Kunde und Monteur, desto schwieriger ist es, fachlich passende Verstärkung zu finden.“ In diesen Fällen helfe nur eine realistische Auftrags- und Kapazitätsplanung in Verbindung mit einer ehrlichen Kommunikation gegenüber den potenziellen Kunden.

Engpass 2: Ausrüstung

Während die Flexibilität beim Mitarbeitereinsatz – je nach Branche – also sehr schnell an ihre Grenzen stoßen kann, lassen sich die Kapazitäten bei Fahrzeugen, Maschinen und Werkzeugen oft ohne großen Aufwand von einem Tag auf den anderen aufstocken (mehr Info ab Seite 18). Von der mobilen Lagerhalle über das Baufahrzeug bis hin zu Spezialgeräten – die Palette der auch zur kurzfristigsten Ausleihe vorgesehenen Ausrüstungsgegenstände lässt inzwischen kaum Wünsche offen. Zum großen Angebot kommt nach Einschätzung von Metz noch ein weiterer wichtiger Faktor, der die Planung erleichtert: „Die Kalkulation ist in diesem Bereich einfach, da sich die zusätzlichen Kosten genau beziffern lassen.“

Engpass 3: Liquidität

Eine Einschätzung, die zwar auch für die Zinsen bei der Beschaffung zusätzlicher Liquidität gilt. Allerdings gibt es bei den verschiedenen Alternativen zur kurzfristigen Finanzierung von Investitionen und Betriebsmitteln große Kostenunterschiede. Die in der Praxis von vielen Unternehmern aus Bequemlichkeit gewählte Variante, einfach den Kontokorrentrahmen auszuschöpfen, bringt zwar schnell frisches Geld, ist aber mit Zinsen von zehn Prozent (und mehr!) unverhältnismäßig teuer.

Für alle, die es nicht ganz so eilig haben und auch mal zehn bis 14 Tage warten können, bieten die Bürgschaftsbanken in einigen Bundesländern inzwischen „Sofortkredite für Handwerker“ an. Dank der guten Konjunktur und des rekordverdächtig niedrigen Zinsniveaus, haben auch einige Hausbanken ihr Angebot für kurzfristige Finanzierungen erweitert. Nachfragen lohnt also auf alle Fälle (mehr Info Seite 19).

Engpass 4: Material

Ähnlich wie in der Finanzbranche, wo die Banken mit speziellen Angeboten verstärkt auf die Bedürfnisse ihrer mittelständischen Firmenkunden eingehen, haben sich auch die meisten großen Hersteller vom Materialzulieferer zum Service- und Logistikdienstleister entwickelt. „Die Hersteller haben erkannt, dass sie nur dann gute Geschäfte machen, wenn es auch ihren Kunden gut geht“, erklärt Berater Metz.

Insofern sei das Interesse auch von Herstellerseite groß, dass den Firmenkunden beim Material keine Engpässe entstehen. Genau wie bei der Liquidität gilt jedoch auch hier: Wer die Zusatzaufträge noch mit einem guten Gewinn abschließen will, sollte auf die Kosten achten und vorab möglichst flexible Vereinbarungen mit den wichtigsten Lieferanten treffen.