Vor Gericht klagen – ohne Kostenrisiko: Das ermöglichen Tochtergesellschaften der Rechtschutzversicherer, die Prozesse finanzieren. Für Handwerksbetriebe ist der Zugang ab sofort einfacher.
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Rechtsstreit: Was der Gang vor Gericht kosten kann(PDF, 124,66 kB)
Gutes Recht vor Gericht erstreiten
Der schwäbische Schreiner Werner Richter (Name geändert) ist sauer. Für ein mittelständisches Unternehmen in der Nähe von Stuttgart hat er fast zwei Monate Holzeinbauten vorgenommen. Als er seinen Werklohn einforderte, zahlte die Firma einen kleinen Teil und blieb dann den Restbetrag mit der Begründung der „Schlechterfüllung“ schuldig. „Das hätte ich nicht erwartet. Der Umgang mit dem Kunden war gut“, sagt Richter. Nun stehen immer noch 63 000 Euro offen – ein Schaden, der zur Überschuldung des Handwerkers führen kann. „Aber noch mehr Geld zu riskieren und in einen langen Prozess zu gehen, kann ich mir nicht leisten“, so Schreinermeister Richter.
Zwar hat Richter eine Rechtschutzversicherung bei der Roland abgeschlossen, doch das typische Unternehmerrisiko ist hier – wie auch bei anderen Rechtschutzversicherungen – nicht versichert. Dem Schwaben kam aber ein neues Angebot der Roland entgegen. So können ab sofort alle Roland-Versicherten ihren Fall ab einem Streitwert von 5000 Euro bei der Tochter ProzessFinanz einreichen.
Erfolg kostet hohes Honorar
Die Schwelle für eine Prozesskostenfinanzierung liegt ansonsten deutlich höher (siehe Tabelle „Anbieterübersicht“, Seite 63). Die Prozesskostenfinanzierer bieten Handwerkern eine Alternative bei Streitfragen, die nicht rechtschutzversichert werden können. Das gilt für Erbstreitigkeiten, Streit rund um den Immobilienbau oder eben das Unternehmerrisiko. Finanziert werden Ansprüche von Architekten und Bauhandwerkern, Provisionsansprüche von Handelsvertretern oder allgemeine Vertragsansprüche, Streitigkeiten aus Immobilien- oder Gesellschaftsrecht sowie Ansprüche aus Insolvenzverfahren.
- Rat:
- Zweigleisig fahren
Die Prozessfinanzierung ist ein Lösungsweg für spezielle Fälle. Unternehmer sollten besser zweigleisig fahren. Vorab gilt es den Betrieb vor den Kosten aufwendiger Rechtstreitigkeiten mit einer Versicherung zu schützen. Empfehlenswert ist eine Risikoteilung über eine Selbstbeteiligung bis zu 1000 Euro. Mit dieser Strategie ist der Weg zur Prozessfinanzierung nicht abgeschnitten.
Kläger trägt kein Risiko
Das volle Risiko eines Gerichtsverfahrens übernehmen die Gesellschaften nur dann, wenn nach ihrer Einschätzung eine Chance auf Erfolg besteht. Gleichzeitig prüfen die Anbieter die Bonität des Gegners. Denn nur, wenn er später auch zahlen kann, lohnt es sich, die Klage auch einzureichen. „Wir geben somit einen objektiven Rat, ob sich ein Streit wirklich lohnt“, sagt Arndt Eversberg von der Roland ProzessFinanz.
Der Vorteil der Prozesskostenfinanzierung für Handwerksbetriebe: Erfahrene Rechtsexperten strecken alle Anwalts- und Gerichtskosten auf eigenes Risiko vor und stellen so eine finanzielle Waffengleichheit mit dem Gegner her. Auch wenn ein Prozess verloren geht, hat der Kläger kein finanzielles Risiko. Der Nachteil dieses Verfahrens: Die Juristen streichen im Erfolgsfall einen ordentlichen Anteil vom erstrittenen Geld ein. Je nach Anbieter, möglichem Erlös und Instanzenweg, nehmen sie eine Erfolgsbeteiligung von zehn bis 50 Prozent. Zudem werden die Kosten des Prozessfinanzierers von der Entschädigung abgezogen – soweit sie nicht der Streitgegner tragen muss. Dennoch kann die Prozessfinanzierung für Handwerker eine mögliche Alternative darstellen, doch noch ihr gutes Recht zu erstreiten.