Betriebsprüfung: Finanzamt im Betrieb

Das Netz ist enger geworden. Betriebsprüfer bekommen immer mehr Möglichkeiten in die Hand, Firmen spontan zu kontrollieren. Wie Unternehmer auf den Besuch richtig reagieren.

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    Elektrounternehmer Werner Huber in Vogstburg bei Freiburg hat schon mehrere Betriebsprüfungen überstanden.
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    Die Betriebsprüfer sorgen für rund zwei Milliarden Euro höhere Einnahmen bei den Betrieben.
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    „Vor allem auf Rechnungen konzentrierte sich der Prüfer bei seinen Besuchen.“ Werner Huber, sichtet vorab die Unterlagen.
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    „Der Betriebsprüfer einer Nachschau muss nicht auf den Steuerberater warten.“ Albrecht Huber, Steuerberater von Unternehmer Werner Huber.

Razzia im Betrieb

Werner Huber erinnert sich noch gut daran, als die Mitarbeiter des Finanzamts am Eingang der Firma Solemio Service GmbH in Vogtsburg bei Freiburg standen. „Sie kamen zur Umsatzsteuernachschau“, erklärt der Elektrotechniker und Geschäftsführer der Firma, die sich auf Fotovoltaikanlagen spezialisiert hat. Hintergrund: Die Firma stellt Nettorechnungen aus mit Hinweis auf Paragraf 13b Umsatzsteuergesetz. Danach berechnet der Geschäftskunde die Umsatzsteuer selbst und führt sie ans Finanzamt ab.

Betriebsprüfungen in Serie

„In einem Fall waren Fehler bei unserem Kunden aufgetreten, die zu einer Kontrollmitteilung führten“, sagt Huber. Die Finanzbeamten wollten prüfen, ob alle Angaben in den Rechnungen stimmten. „Die Nachschau endete damit, dass wir korrigierte Rechnungen ausstellen mussten“, so Huber. Dennoch folgte noch eine Betriebsprüfung: „Doch wir blieben trotz der Akribie der Beamten von hohen Nachzahlungen verschont.“

Für viele Firmenchefs sind solche Prüfungen eine Schreckensvision: Beamte des Finanzamts kommen spontan, um alle Unterlagen zu überprüfen. Doch wer weiß, wann solche Razzien drohen, wie die Prüfer arbeiten und sich Unternehmer richtig verhalten, kann dem etwas entspannter begegnen.

Seite 2: Warum die Auslagerung der Finanzbuchhaltung bei einer Betriebsprüfung von Vorteil ist

Steuerberater schon bei der Finanzbuchhaltung einschalten

So wie Werner Huber, der den noch guten Ausgang der Prüfungen seinem Steuerberater Albrecht Huber in Kappelrodeck verdankt. „Wir haben unsere Finanzbuchhaltung bereits seit vielen Jahren an ihn ausgegliedert. Er nimmt uns damit einen guten Teil der Verantwortung ab“, lobt Werner Huber. Das galt auch für die Prüfungen. Sie fanden nicht im Unternehmen, sondern beim Steuerberater statt. „Das bringt mehrere Vorteile. Zum einen wird der Geschäftsablauf in der Firma nicht gestört. Zum anderen ist die Gefahr geringer, im Dialog mit dem Prüfer nachteilige Aussagen zu treffen“, meint Unternehmer Huber.

„Der Finanzverwaltung stehen für Prüfungen verschiedene Verfahren offen“, erklärt Steuerberater Thilo Söhngen aus Wetter und Vizepräsident des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe. Zum Beispiel können die Betriebsprüfer wie bei Huber ohne vorherige Vorwarnung eine Umsatzsteuernachschau durchführen. Sie greifen sich aus Anlass etwa einer Kontrollmitteilung eine spezielle Fragestellung heraus, klingeln und beginnen mit der Prüfung . „Und sie brauchen in solchen Fällen nicht einmal darauf zu warten, bis der Steuerberater kommt“, sagt Experte Albrecht Huber. An die Nachschau schließt sich häufig eine Umsatzsteuersonder- oder eine umfassende Außenprüfung an. Auch wird jeder Betrieb prinzipiell im Rhythmus von bis zu vier Jahren einer Lohnsteuerprüfung unterzogen.

Verschärfte Lohnsteuerprüfung

Doch auch hier sollen Finanzbeamte bald zur unangemeldeten Prüfung ausschwärmen können. Der Bundesrat will die Kontrollen mit der geplanten sogenannten Lohnsteuer-Nachschau weiter verschärfen. Es soll ein neuer Paragraf 42g ins Einkommensteuergesetz eingefügt werden, der es Fiskaldienern erlaubt, zur „Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer“ eine solche unangekündigte Nachschau einzuleiten. Im Klartext heißt das: Die Finanzbeamten sollen künftig während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten Grundstücke und Räume der Firma betreten und Einblick in die Lohn- und Gehaltsunterlagen verlangen können. Die vorgesehene Neuerung dient primär dazu, dass bei Verdacht auf Schwarzarbeit der Zoll Hand in Hand mit den Finanzämtern arbeiten kann. Bisher muss der Fiskus in diesen Fällen nachträglich informiert werden. Sowohl vom Bundesrat als auch von der Bundesregierung wird die Neuregelung grundsätzlich befürwortet. Sie ist Teil des Jahressteuergesetzes 2013, über das sich die Politiker noch nicht einig sind.

Das Instrument der Nachschau - egal, ob in Bezug auf die Umsatz- oder die Lohnsteuer - birgt für Unternehmer hohe Risiken. Firmenchefs sollen keine Chance haben, Unterlagen zu vernichten oder zu verändern. Speziell eine Umsatzsteuernachschau wird zum Beispiel durch sehr hohe Vorsteuererstattungen oder Ungenauigkeiten bei der Voranmeldung ausgelöst. „In den Branchen Bau- und Ausbau finden sie vor allem auch im Zusammenhang mit dem Paragrafen 13b Umsatzsteuergesetz statt“, weiß Albrecht Huber. Auch müssen Existenzgründer, die hohe Vorsteuererstattungen zu erwarten haben, mit einer Nachschau rechnen. „ Am häufigsten werden Firmengründer geprüft“, weiß Huber aus Erfahrung.

Stellt das Finanzamt dann Fehler fest, folgt in der Regel eine Umsatzsteuersonderprüfung - im schlimmsten Fall nahtlos. Jede Außenprüfung ist ansonsten mit einer Frist von 14 Tagen anzukündigen. Die Beamten dürfen allerdings nur die betrieblichen Räume betreten. „ Private Räumlichkeiten sind ohne Zustimmung für die Finanzbeamten tabu“, erklärt Söhngen. Die Kontrollen dauern zumeist mehrere Tage.

Friseurmeister Guido Dausend erlebte das zuletzt vor vier Wochen. Der Prüfer kam in die Räume des Unternehmens. „Wir richteten ihm einen eigenen Arbeitsplatz in einem separaten Raum ein und übergaben ihm eine CD mit allen Daten“, erklärt der Geschäftsführer Jürgen Petter Hair Trend Coiffeur GmbH in Köln, ein Unternehmen mit fast 140 einzelnen Betrieben. Es gab bei der Prüfung keine Beanstandungen.

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Extras für Mitarbeiter bei der Betriebsprüfung im Visier

Ähnlich laufen Lohnsteuersonderprüfungen ab. Unternehmer Huber hat auch damit seine Erfahrungen. „Wir sind, obwohl über alle Jahre durchgeprüft, ohne wesentliche Beanstandungen davongekommen“, sagt der 43-Jährige. Dabei bietet die Firma dem Finanzamt genügend Angriffsfläche. Denn Huber zahlt seinen 20 Mitarbeitern Zuschläge, etwa wenn sie Überstunden leisten. Diese Zahlungen werden notorisch kritisch geprüft. „Stellen die Beamten hier Fehler fest, wird es oft teuer“, warnt Steuerberater Huber. Hintergrund: Sie fallen nicht nur einmal, sondern laufend an. Das summiert sich schnell.

Genauso nehmen die Beamten zum Beispiel sämtliche Zuwendungen, etwa in Form von Geschenken oder Bewirtungen, unter die Lupe. Und nicht zuletzt monieren die Fiskaldiener häufig, wie die private Nutzung der Geschäftswagen versteuert wird. Dann geht es darum, ob der Bruttolistenpreis bei Erstzulassung mit der klassischen Ein-prozent-Methode richtig angesetzt ist.

Auch Unternehmer Huber überlässt seinen Mitarbeitern Firmenwagen für private Fahrten, was per Fahrtenbuch dokumentiert wird. Bei der letzten Lohnsteuersonderprüfung im vergangenen Jahr lief aber auch hier alles glatt.