Couponing Rabatte und Gutscheine richtig kalkulieren

Preisnachlässe locken Kunden magisch an. Doch Vorsicht: Allzu leichtfertig versprochene Schnäppchen werden schnell zum Bumerang. Wie Sie Aktionen richtig planen und Schnorrer abhalten.

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    Heike Weber, Kosmetikerin in Köln, hat ihre Online-Rabattaktion genau kalkuliert und 30 neue Stammkunden gewonnen.
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    Jürgen Ryschka gewinnt mit einem Online-Gutschein Kunden für den Dachdeckerbetrieb.
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    Jeder dritte Händler in Deutschland hat bereits Coupons per Post, Handzettel oder Prospekt eingesetzt.

Rabatte ohne Reue

Der Schuss war nach hinten losgegangen. „Eine befreundete Kollegin hatte Ende 2010 bei Groupon.de Massagen für weniger als den halben Preis angeboten“, erinnert sich Kosmetikerin Heike Weber an ihre erste Wahrnehmung des angesagten Rabattportals im Internet: „In nur 24 Stunden wurden 500 Gutscheine verkauft!“ Was für die Kollegin einer Katastrophe gleichkam: Monatelang habe sie fast nur für Groupon-Käufer arbeiten, Neu- und Stammkunden vertrösten und von einem Bruchteil der normalen Einnahmen existieren müssen. „Das war das Gegenteil dessen, was sie beabsichtigt hatte“, resümiert Weber.

Doch eines ging der Inhaberin des Kosmetikstudios „Hautsache“ in Düsseldorf nicht mehr aus dem Kopf: „Diese umwerfende Resonanz in so kurzer Zeit!“ Keine Marketingmaßnahme, die sie seit der Gründung ihres Unternehmens 2007 ausprobiert hatte, konnte da mithalten. Und während man bei normaler Werbung erst an Agenturen zahle, um hinterher zu sehen, was dabei herauskomme, laute das Versprechen bei Schnäppchenmaschinen wie Groupon oder DailyDeal „Keine Käufer - keine Kosten“. Ein durchaus spannender Ansatz, fand Heike Weber, trotz der happigen Erfolgsprovision von 50 Prozent, die die Portale für jeden verkauften Coupon kassierten: „Denn wo kann ich Kunden besser von meiner Leistung überzeugen als bei mir im Geschäft?“

Jeder Zweite bietet Coupons an

Eine Einstellung, mit der sich die Unternehmerin in bester Gesellschaft befindet. Laut Studie des Kölner „Instituts für Handelsforschung“ bieten inzwischen 55 Prozent der Unternehmen Coupons an, mit denen Kunden die Produkte und Leistungen günstiger erwerben können. Am weitesten verbreitet sind gedruckte Coupons, die Handzetteln, Prospekten oder Zeitschriften beiliegen (mehr zu den Rabattformen siehe unten). Portale wie Groupon werden wegen der hohen Gebühren noch selten genutzt, sind aber aufgrund der überragenden Reichweite extrem lukrativ.

„Wenn sich die Resonanz kanalisieren ließe, wäre mir das einen Versuch wert“, eröffnete Heike Weber ihrem Lebensgefährten Michael Schnitzler. Der Betriebsberater bei der Handwerkskammer Köln reagierte zunächst skeptisch. Beobachteten er und seine Kollegen doch schon damals mit Sorge, wie viele kleine Firmen sich von geschulten Vermittlern der Schnäppchenhändler, insbesondere Groupon, ungünstige Verträge aufschwatzen ließen: mit zu hohen Rabatten und zu langen Laufzeiten.

„Die Portale brauchen ständig neue Angebote, um die Abonnenten ihrer Newsletter und Apps bei der Stange zu halten“, erläutert Bernd Skiera, Marketing-Experte von der Goethe-Universität in Frankfurt/Main. Um gerade kleinen Betrieben die Planung ihrer Couponing-Aktion zu erleichtern, hat Skiera einen kostenlosen Coupon-Calculator ins Netz gestellt (siehe Interview Seite 37). Unternehmern rät er, Aktionen damit ergebnisoffen durchzurechnen: „Wenn sich herausstellt, dass Groupon & Co. nicht der richtige Weg sind, gibt es genügend elektronische und konventionelle Alternativen, Rabatte zu kommunizieren.

Gutscheine zum Ausdrucken

Jürgen Ryschka, Dachdeckermeister aus Schwabach, bietet Neukunden auf der Homepage seiner Firma die Möglichkeit, selbst Gutscheine zu generieren. „Die Idee entstand in Zusammenarbeit mit der Internetagentur bei der Konzeption unserer Homepage“, berichtet der 44-Jährige. Besucher können seit etwa drei Jahren unter www.dachdeckerschwabach.de/gutscheine anklicken, für welche Leistungen des Betriebes sie sich interessieren. Nach dem Ausfüllen von nur drei Feldern (Name, Vorname und E-Mail-Adresse des Interessenten) erzeugt das System augenblicklich einen indivduellen Gutschein und verschickt ihn auf elektronischem Weg. Der Kunde kann damit bei einer späteren Rechnungslegung, gestaffelt nach Auftragswert, zwischen 20 und 100 Euro sparen - maximal zehn Prozent. „Das Angebot wird besonders von Interessenten genutzt, die durch Empfehlung zufriedener Kunden auf uns aufmerksam wurden“, hat Ryschka festgestellt. Beim Durchstöbern der Homepage gebe der Rabatt häufig den letzten entscheidenden Impuls, mit dem Betrieb Kontakt aufzunehmen.

Billig-Shopper fernhalten

Parallel zum Gutschein verschickt der Webserver auch an Ryschka eine E-Mail mit den eingegebenen Informationen. Die sparsamen Daten reichten aus, um mit den Interessenten Kontakt aufzunehmen: „In der Regel erledige ich das noch am selbn Tag per E-Mail“, erklärt der Firmenchef, der vor fünf Jahren als Einzelunternehmer startete und heute elf Mitarbeiter beschäftigt. „Dank der thematischen Häkchen, die der Kunde gesetzt hat, habe ich auch immer einen Anknüpfungspunkt, um mit ihm ins Gespräch zu kommen.“

„Leider gehen nicht alle Unternehmer so planvoll vor“, bedauert Kammer-Berater Michael Schnitzler. Allzu oft würden Preisnachlässe „nach Gefühl“ entwickelt, statt genau zu kalkulieren. Seine Lebensgefährtin Heike Weber nutzte die Beratung des Kammerexperten, das besser zu machen.

„Wir entschieden uns, eine hochwertige Anti-Falten-Behandlung, die normalerweise 350 Euro kostet, über Groupon für 149 Euro anzubieten“, verrät die Diplom-Kosmetikerin, „zum einen, um die Masse der Billigshopper fernzuhalten, die vor allem auf Schnäppchen bis 50 Euro fliegen. Zum anderen, weil ich mit einer spezialisierten Leistung meine Kompetenzen besser unter Beweis stellen kann als mit einem Nullachtfünfzehn-Angebot.“

In ihrer Kalkulation rechneten Weber und Schnitzler mit bis zu 100 verkauften Gutscheinen. Für die erforderlichen hochwertigen Wirkstoffe und Materialien handelte sie mit Lieferanten Sonderkonditionen aus, sodass sie „bei der Aktion zumindest nichts zusetzen musste“. Denn nach Abzug von Groupon-Provision und Mehrwertsteuer würden ihr vom Verkaufspreis netto lediglich rund 63 Euro Nettoeinnahmen bleiben, rechnete sie aus.

Massenhaft Klicks für die Homepage

Versuche der Groupon-Vertreterin, in den Verhandlungen den Rabatt und damit die Stückzahlen weiter zu erhöhen, blockte Heike Weber ab. Die Option zur „automatischen“ Wiederholung des Angebots ließ sie im Vertrag streichen und forderte schriftlich ein, die Online-Anzeige vor Veröffentlichung nochmals zu prüfen. „Tatsächlich waren in der Beschreibung des Angebots später noch Änderungen erforderlich“, berichtet die Unternehmerin, „aber die Servicemitarbeiter von Groupon waren gut erreichbar und kooperativ.“

Ihr Angebot wurde schließlich für 24 Stunden ins Netz gestellt. „Dafür hatte ich eine gesonderte Telefonnummer eingerichtet und für zwei Tage eine Freundin engagiert, die sich ausschließlich um die Anrufe der Gutscheinkäufer kümmerte“, verrät die Saloninhaberin: „Sie sollten sich von Anfang an als VIP-Kunden betreut fühlen.“

„77 Frauen und Männer zwischen 18 und 68 Jahren erwarben einen der angebotenen Coupons“, zieht sie hochzufrieden Bilanz, „71 nahmen die Leistung in Anspruch.“ Das Geld für die nicht eingelösten Gutscheine strich allein Groupon ein, bedauert Weber. Beim Konkurrenten DailyDeal werden diese Einnahmen seit 2011 geteilt.

„Die Mehrheit der Käufer“, resümiert Heike Weber, „haben weitere Leistungen in Anspruch genommen, 30 wurden zu Stammkunden.“ Doch das war nur ein Erfolgsbaustein der Groupon-Zusammenarbeit. Denn während und nach der Aktion verzeichnete ihre Homepage hautsache-duesseldorf.de bis zu 30-mal mehr Besucher als sonst, „und erst Wochen nach der Aktion ging die Frequenz wieder auf Normalmaß zurück“, konstatiert die Kosmetikerin. Dadurch konnte sie zusätzliche Umsätze mit anderen Leistungen verbuchen, die gar nicht Gegenstand des Gutscheins waren. „Für uns“, so ihre Bilanz der Groupon-Zusammenarbeit, „war das ein voller Erfolg.“ ◇

kerstin.meier@handwerk-magazin.de

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