Pyrotechnik: Himmlisches Hobby mit Knalleffekt

Heizungsbaumeister Mario Kuhla war das Feuerwerk zu ­Silvester zu wenig. Vor zehn Jahren absolvierte er die Ausbildung zum Pyrotechniker und lässt es zwischen Berlin und Dresden richtig krachen.

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    © Stephan Floss
    Strandpartys im Sommer richtig in Schwung bringen: Mario Kuhla bei ­einem seiner feurigen Jobs in Lichterfeld.
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    Feuerwerke faszinieren nicht nur zum Jahreswechsel: Auch bei ­Hochzeiten begeistern sie die Gäste.

Eigentlich war das alles nur als Hobby gedacht, schmunzelt Mario Kuhla. Freunde zum Geburtstag mit einem krachenden Geschenk überraschen, Familienfeiern und Partys im Freundeskreis mit einem Profi-Feuerwerk in Schwung bringen: Das schwebte dem frisch gebackenen Heizungsbaumeister vor, als er 2002 beschloss, neben dem Studium zum Betriebswirt des Handwerks auch noch einen Pyrotechniker-Lehrgang zu absolvieren.

Feuriger Nebenberuf

Doch er hatte die Rechnung ohne die Mundpropaganda gemacht, die seine exotische Freizeitbeschäftigung auslöste. Zündete er 2004, im ersten Jahr nach der erfolgreich absolvierten Pyrotechniker-Prüfung, lediglich drei Feuerwerke im engsten Familien- und Bekanntenkreis, fragten bald auch Freunde von Freunden an: „Kannst du das bei uns auch mal machen?“

Weil sein Kalender immer voller und das Equipment immer aufwändiger wurde, weil schließlich sogar Firmen und öffentliche Einrichtungen anklopften, um seine wahlweise am Himmel, am Boden oder sogar in geschlossenen Räumen fachgerecht gezündeten Arrangements zu buchen, entschied sich der Brandenburger 2006, das Hobby zum Nebenberuf zu machen. Seitdem haben nicht nur Kuhlas Visitenkarten zwei Seiten, sondern auch seine Arbeitswochen: Von Montagmorgen bis Freitagmittag kennen die meisten seiner Kunden ihn als Meister der Firma Winzer, einer 1933 gegründeten Bad- und Heizungsbaufirma im brandenburgischen Lichterfeld, die von Kuhlas Großmutter Doris Winzer geführt wird. Am Wochenende dagegen ist der Handwerker als „Master of Skylight“ zwischen Berlin und Dresden unterwegs, um Volksfesten, Firmenjubiläen oder privaten Feiern die jeweils gewünschte pyrotechnische Umrahmung zu geben.

  • Vita: Mario Kuhla
  • Mario Kuhla war mit 21 Jahren der jüngste Heizungsbaumeister in Cottbus. Neben dem Studium zum Betriebswirt des Handwerks stieg er in das vom Urgroßvater gegründete Bad- und Heizungsbauunternehmen im brandenburgischen Lichterfeld ein, das er bald von seiner Großmutter übernehmen wird.

Azubis fürs Feuerwerken

Feuer gefangen für das „zündende Gewerk“ hatte er selbst bei der Hochzeit eines guten Freundes. Weil er dem Brautpaar ein Feuerwerk versprochen hatte, ging er dem dafür engagierten Pyrotechniker bei den Vorbereitungen zur Hand – und war der Kunst, mit Funken Emotionen zu entfachen, spontan verfallen. So kam das Gespräch auch folgerichtig auf die Frage: Wie wird man überhaupt Feuerwerker?

„Entsprechende Lehrgänge inklusive der staatlichen Prüfung dauern rund fünf Tage“, erfuhr Kuhla, und auch, dass es nur eine Handvoll Anbieter für solche Schulungen gibt. „Zuvor aber müssen Bewerber mindestens 26 Einsätze als Helfer bei Großfeuerwerken nachweisen“, schenkte der Fachmann dem Novizen reinen Wein ein. Ein Unterfangen, für das Bewerber oft Jahre brauchten, so der Pyrotechniker: „Manche schaffen es nie.“

Warum, erfuhr Mario Kuhla beim anschließenden Selbstversuch, seinen zweiten Helfernachweis zu erwerben; den ersten hatte er nach dem Hochzeitsfeuerwerk ja bereits in der Tasche. „Helfen können Sie gerne, aber eine Bescheinigung gibt es dafür nicht“, lautete die meistgehörte Auskunft am Telefon.

„Die Branche war bis vor 15 Jahren ein weitgehend geschlossener Club“, kommentiert Wolf-Ingo Hummig, der im oberbayerischen Peißenberg eine der wenigen Pyrotechnikerschulen in Deutschland betreibt, diese ernüchternden Erfahrungen. Mit seinen Ende der 90er  Jahre gestarteten Lehrgängen für Großfeuerwerker hat der gebürtige Sachse wesentlich dazu beigetragen, den abgeschotteten Markt aufzubrechen. „Einige Lokalpolitiker hatten uns damals mit Blick auf den Jahrtausendwechsel gebeten, einen entsprechenden Kurs für Hobby-Feuerwerker und Quereinsteiger aufzulegen, weil für das Event einfach nicht genügend ausgebildete Pyrotechniker verfügbar waren“, blickt Hummig zurück.

Erfahrungen sammeln

Die Peißenberger wurden von Interessenten überrannt. Statt des geplanten einen Lehrgangs füllten sie binnen weniger Wochen fünf. Seitdem gehören diese Kurse zum festen Programm der Schule, die zuvor vor allem Spezialeffekt-Profis für Bühne und Film ausgebildet hatte. „Das Interesse, sich Konkurrenz heranzuziehen, ist unter Großfeuerwerkern nicht gewachsen“, räumt der Ausbilder ein. Aber selbst dafür hält er eine Lösung bereit. „Wer die geforderten Helferscheine nicht zusammenbekommt“, rät Hummig, „kann sie bei uns durch die Teilnahme an Schulungsfeuerwerken erwerben.“

Mario Kuhlas hartnäckige Suche nach den raren „Praktikumsplätzen“ wurde belohnt. Binnen anderthalb Jahren half er in Frankfurt und Köln, in Hamburg, Berlin und München, Kunstwerke in den Himmel zu zaubern. Ausgestattet mit der Dreifachqualifikation als Großfeuerwerker, als Bühnenpyrotechniker und Spezialeffekte-Profi, kann Kuhla heute ausgefallenste Wünsche seiner Kunden erfüllen. Ob er seine Kameraden von der freiwilligen Feuerwehr bei einer Katastrophenschutzübung mit der Blütenstaub-Explosion eines Autos überrascht oder ein Hochzeitspaar mit dem musiksynchronen Feuerwerk zu ihrem Lieblingslied: „Der Spaß steht ganz oben“, erklärt er. Leben könnte er von seinem Nebengeschäft nicht, räumt Kuhla ein. „Aber ein bis zwei schöne Urlaube mit der Familie springen schon heraus.“