Diesel-Gipfel Politik und Handwerk mit Diesel-Nachrüstungsangebot der Autoindustrie unzufrieden

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Nach dem Diesel-Gipfel wächst die Kritik in der Politik an den Nachrüstungsangeboten der Automobilindustrie. Das Handwerk fordert, dass alle anfallenden Kosten für die zugesagten Software-Updates komplett von den Herstellern übernommen werden müssen.

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Nachd em Diesel-Gipfel fordert das Handwerk, dass alle Kosten für die zugesagten Diesel-Software-Updates komplett von der Autoindustrie übernommen werden müssen. - © CEVAHIR - stock.adobe.com

Nach dem Diesel-Gipfel wächst die Kritik in der Politik an den Nachrüstungsangeboten der Automobilindustrie. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bezeichnete die Maßnahmen als nicht weitreichend genug. Er und der Stuttgarter Bürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) halten Fahrverbote weiterhin für möglich. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) will weiterhin über technische Nachrüstungen verhandeln. Auch die EU-Kommission will die Ergebnisse kritisch prüfen und sprach von einem "allerersten Schritt".

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sieht das anders. "Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir mit diesen Entscheidungen die Fahrverbote vermeiden", sagte er. Die deutschen Hersteller hatten Nachrüstungen aus Kostengründen strikt abgelehnt, stattdessen wollen sie die Motor-Software ändern. Dies soll keinen Einfluss auf Leistung oder Verbrauch der Aggregate haben.

Gegen Abwälzung der Folgen des Diesel-Gipfels auf das Kfz-Gewerbe

Das Handwerk fordert, dass alle anfallenden Kosten für die zugesagten Software-Updates komplett von den Herstellern übernommen werden müssen. Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) bekräftigt seine Forderung, dass der Aufwand, der dem Handel aus den Zusagen der Hersteller beim Berliner Diesel-Gipfel entsteht, in vollem Umfang vergütet werden muss .

Insbesondere, so ein Sprecher, dürften die Partnerbetriebe nicht mit einem Entgelt für das bloße Aufspielen der Software-Updates abgespeist werden, das im Zweifel nur wenige Arbeitswerte umfasse. Auftragsannahme, Vorbereitung des Fahrzeugs und Kontrolle des ordnungsgemäßen Updates seien ebenso zu berücksichtigen wie die akribische Dokumentierung der Auftragserledigung, die analog zu Garantie- und Rückrufarbeiten vom Hersteller verlangt werde. Außerdem erwarte der Kunde, wenn die Arbeiten wegen des voraussichtlich großen Andrangs nicht sofort erledigt werden könnten, die Stellung eines Ersatzfahrzeugs. All dies, so betonte der Sprecher, fließe mit in den Aufwand der Betriebe ein.

Der Handel sei bereit, den Herstellern mit allen Kräften die Einlösung ihrer beim Diesel-Gipfel abgegebenen Versprechen zu ermöglichen. Dafür verlange er aber eine faire Vergütung seines gesamten Aufwands unter Anwendung der externen Stundenverrechnungssätze. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass durch die millionenfache Software- Nachrüstung von Dieselfahrzeugen beträchtliche Teile der Werkstattkapazitäten, die sonst für lohnendere Serviceaufträge genutzt werden könnten, voraussichtlich über viele Monate hinweg in Beschlag genommen würden.

Kaufhilfen für abgasarme Fahrzeuge muss die Industrie bezahlen

Ergänzend wies der Sprecher darauf hin, dass die von den Herstellern ausgelobten finanziellen Anreize für den Umstieg auf moderne, abgasarme Fahrzeuge Teil ihrer Zusagen gegenüber der Politik seien und deshalb nicht – auch nicht teilweise – auf den Handel abgewälzt werden dürften. Auch erwarte der Handel, dass die Hersteller ihn nicht allein ließen mit dem Risiko der Verwertung derjenigen alten Dieselfahrzeuge, deren Hereingabe durch Umstiegsprämien gefördert würde. Gleiches gelte sinngemäß für die Verwertung von Leasingrückläufern, die noch als wertstabile Diesel kalkuliert worden seien und nun nur noch mit zum Teil beträchtlichen Verlusten veräußert werden könnten.

Fahrverbot würde das Handwerk nicht klaglos hinnehmen

Andreas Ehlert, Handwerkspräsident von Nordrhein-Westfalen, sieht keinen Anlass zu zweifeln, "dass die deutsche Autoindustrie Wort hält und jetzt fünf Millionen Fahrzeuge um 30 Prozent stickstoffreduziert - und die Kfz-Werkstätten bei der Umrüstung nicht auf Kosten sitzen lässt". Handwerker wollten natürlich mehr Gesundheitsschutz, bräuchten aber ausreichend Planungs- und Investitionsvorlauf.

Der Dieselantrieb werde nicht von heute auf morgen verschwinden können. Für den Transport von Lebensmitteln, Baustoffen und anderen Gütern seien Ersatz-Antriebe derzeit nur ausnahmsweise vorhanden und für kleine und mittlere Unternehmen noch nicht erschwinglich. Ehlert: " Wir gehen davon aus, dass Fahrzeuge mit Grüner Plakette einen Rechtsanspruch auf Einfahrt in unsere Städte haben." Ein Einfahrverbot würde das Handwerk nicht klaglos hinnehmen.

Handwerker brauchen Planungssicherheit

Oskar Vogel, Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstages (BWHT), erklärte: „Die Automobilindustrie muss jetzt zügig den Schalter umlegen, um den Ruf des Dieselmotors zu retten. Das erwartet nicht nur die Gesellschaft, sondern darauf haben vor allem die Kunden ein Anrecht.“

Gleichzeitig bekräftigt Vogel seine Forderung nach Umrüstungen durch die Hersteller. Die Autoindustrie habe einen gewaltigen Imageschaden erlitten, den sie nur mit der Umrüstung manipulierter Fahrzeuge wieder kitten könne. Er kritisierte aber auch die Politik für die zögerliche Haltung in der gesamten Debatte. Statt frühzeitig das bekannte Abgasproblem anzugehen, seien Zuständigkeitsdebatten geführt worden. Kein Mittelständler habe Verständnis für dieses Verhalten.

Vogel: „Was wir jetzt brauchen ist eine umfassende Strategie, die die Transformation der gesamten Branche vom Handwerksbetrieb über den mittelständischen Zulieferer bis zum Premiumhersteller abbildet.“ Viele Handwerker fahren Spezialfahrzeuge, sie könnten ihren Fuhrpark nicht von heute auf morgen austauschen. Vogel forderte Sicherheit dafür, dass sie auch weiterhin in die Städte fahren dürfen: „Sie können sonst schlicht nicht arbeiten.“ Daran könne nun wirklich niemandem gelegen sein.

Was die Autoindustrie auf dem Diesel-Gipfel versprochen hat

  • Nachrüstung
Die deutschen Pkw-Hersteller bieten an, freiwillig einen Großteil ihrer Euro-5- und teilweise Euro-6-Diesel-Pkw über Software-Updates nachzurüsten. Ziel dieser Initiative ist die durchschnittliche Stickoxidreduzierung von 25 - 30 Prozent der nachgerüsteten Fahrzeuge. Einschließlich der von Volkswagen in den vergangenen Monaten bereits verbesserten 2,5 Millionen Diesel-Pkw können damit in Deutschland mehr als 5 Millionen Fahrzeuge auf ein besseres Emissionsniveau gebracht werden.

Die Nachrüstung wird unmittelbar nach Freigabe durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) auf Basis der erreichbaren Pkw von den Unternehmen BMW, Daimler, Opel und Volkswagen durchgeführt. Die Hersteller sagen zu, dass durch die Nachrüstung keine Kosten für die Halter entstehen und darüber hinaus die Nachrüstung keinen Einfluss auf Motorleistung, Verbrauch oder Lebensdauer haben wird.

  • Förderung
Die deutschen Hersteller wollen " herstellerspezifische Vertriebsmaßnahmen" ergreifen, um die Flottenerneuerung mit Blick auf ältere Diesel mit Nachdruck anzugehen.
  • Elektromobilität
Deutsche Hersteller haben sich freiwillig entschlossen, eine Schnelllade-Infrastruktur für E-Autos entlang europäischer Autobahnen aufzubauen, zusätzlich zu den Förderaktivitäten der Bundesregierung. Die deutsche Automobilindustrie engagiert sich aktiv in der Plattform Urbane Mobilität, zusammen mit zahlreichen deutschen Städten. Darüber hinaus sind die Automobilhersteller BMW, Daimler und Volkswagen bereit, sich an dem geplanten Fonds „Nachhaltige Mobilität für die Stadt“ der Bundesregierung zu beteiligen.