Einschätzung „Nicht unter Druck setzen lassen”

Einschätzung

„Nicht unter Druck setzen lassen”

hm: Frau Kuschel, seit 1. Januar ist das neue Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in Kraft. Ist damit das Problem Obliegenheiten vom Tisch?

Svea Kuschel: Die neuen VVG-Bestimmungen sind eine Verbesserung für die Versicherten. Die Rechte sind klarer geregelt. Die Fragen deutlicher formuliert. Das Thema ist aber nicht vom Tisch.

hm: Früher spielte die vorvertragliche Anzeigepflicht gerade bei den Berufsunfähigkeitsversicherungen eine große Rolle. Ist das jetzt besser geworden?

Svea Kuschel: Vielen Versicherungsnehmern ist nicht bewusst, in welche Fallen sie tappen können. In den Versicherungsbedingungen heißt es immer: „Wir übernehmen den Versicherungsschutz im Vertrauen darauf, dass Sie bei Antragstellung alle in Verbindung mit dem Versicherungsantrag gestellten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet haben.“ Mit anderen Worten: Ansonsten ist er nichtig. Die Leute glauben, sie sind versichert, und sind es gar nicht.

hm: Mitunter kann man die eigene Krankengeschichte gar nicht richtig einschätzen oder die Zeit fehlt …

Svea Kuschel: Ganz falsch ist es, sich unter Druck setzen zu lassen. Bei einer BU-Versicherung geht es um sehr viel. Man sollte sich also Zeit nehmen, einen solchen Antrag auszufüllen. Geht das nicht aus dem Gedächtnis, müssen eben Krankheitsunterlagen angefordert werden. Fragen Sie Ihren Arzt ganz genau: Was steht in meiner Kartei? Dann können Sie ganz sicher sein. Solche detaillierten Unterlagen können im Übrigen auch dazu beitragen, Bedenken der Versicherer zu zerstreuen.

hm: Kann man die medizinischen Fragen denn überhaupt verstehen?

Svea Kuschel: Ja! Es gibt sehr spezielle Fragebögen zum Beispiel zum Rücken oder zu Allergien. Wenn Sie die ausfüllen, sind Sie in jedem Fall auf der sicheren Seite. Aber machen Sie sich auch nicht zu viel Arbeit. Beachten Sie, welcher Zeit-raum erfragt wird. Eine Blinddarmentzündung als Kind interessiert vermutlich nicht.

hm: Kann man falsche Angaben im nachhinein noch korrigieren?

Svea Kuschel: Schwer. Aber selbst wenn der Versicherer Sie weiter versichert, wird es in jedem Fall teurer. Auf alle Fälle sollten Sie im Schadensfall nicht vorschnell aufgeben. Wenn es beispielsweise keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen der verschwiegenen Krankheit gibt und dem Grund für die Berufsunfähigkeit, muss die Versicherung trotzdem zahlen. In der Regel gilt eine Verjährungsfrist von zehn Jahren – auch dann, wenn scheinbar absichtlich etwas vergessen wurde.