Neue Geschäftsideen im Handwerk finden

Gute Ideen fallen nicht vom Himmel, sondern sind das ­Ergebnis sorgfältiger Marktforschung. Denn nur wer in seinen Markt hineinhört, kann für die aktuellen Kundenwünsche ideale Lösungen bieten.

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    © Bernd Opitz
    Solaranlagenreinigung ist eine Dienstleistung, die viele Photovoltaik-Nutzer in Anspruch nehmen. Sylvia Höhentinger profitiert von der großen Nachfrage.
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    © Chart: handwerk magazin
    Die Gründungsdynamik im Handwerk bleibt auf einem hohen Niveau. Seit 2004 steigt die Zahl der Neugründungen.
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    © J. R. Vertriebs GmbH
    „Das bisschen Schwarzwälder Heimatgefühl wollte ich für jeden in der Ferne erlebbar machen.“ Johannes Ruf, Bäcker- und Konditormeister aus dem Schwarzwald.

Lukrative Marktlücken erschließen

Als Sylvia Höhentinger bei ihren Kurierfahrten durch die sonnenverwöhnte Heimat im Chiemgau fuhr, sind ihr die zahlreichen Solaranlagen auf den Dächern und Flächen der Gemeinden aufgefallen. Regen, Schnee, Eis und Moos lassen viele Photovoltaikanlagen leicht verschmutzen oder beschädigen sie, was sich wiederum auf die Leistungsstärke der Zellen auswirkt. Höhentinger erkannte das Problem schnell und entdeckte eine Marktlücke: Die Solaranlagenreingung.

Gemeinsam mit ihrem Neffen gründete sie die erste Solaranlagenreinigungsfirma in Südbayern. „Meine Anfangszeit als selbständige Handwerksunternehmerin fällt in die Zeit des Solarbooms, wodurch meine Idee bei potenziellen Kunden Aufmerksamkeit erregte“, erklärtdie Chiemgauerin Höhentinger.

Die Umsetzung hat gedauert

Einen Haken hatte die Geschäftsidee aber von Anfang an: Die Solaranlagenreinigung ist ein Saisongeschäft. Höhentinger kann nur dann gefahrlos mit der Arbeit beginnen, wenn es das Wetter zulässt. Dann aber wird die Hebebühne ausgefahren und der Hochdruckreiniger mit Bürstenaufsatz gestartet. Im Winter Arbeit muss ruhen. Das war auch der Grund, warum sich die Banken bei der Finanzierung immer wieder querstellten. „Bei den herkömmlichen Banken war es schwierig, meine Philosophie, den Weg, den ich mit meiner Geschäftsidee gehen will, verständlich zu machen“, so Höhentinger. Sie konnte dann nach einigen Verhandlungen bei den Banken mit einem Microkredit endlich durchstarten.

Die Auftragslage in Spitzenmonaten ist gut, auch weil sie bei der Reinigung ausschließlich schonende Reinigungsmittel benutzt und hauptsächlich mit demineralisiertem Wasser arbeitet: „Um alle Aufträge zu schaffen, beschäftige ich in den Sommermonaten vier weitere Mitarbeiter“, erklärt Höhentinger.

Die Auftragsbücher sind voll

Auch Johannes Ruf hat schnell erkannt, dass die erfolgreiche Umsetzung seiner Geschäftsidee gutes Teamwork und neue Kapazitäten fordert. Die Idee, das beliebteste Schwarzwälder Exportprodukt neben der Kuckucksuhr in die Dose zu packen und um die Welt zu schicken, hat bei seinen Kunden in nur wenigen Monaten zu großer Nachfrage geführt. Mittlerweile produziert der Schwarzwälder Bäcker- und Konditormeister aus St. Peter jährlich 60 000 Dosen Schwarzwälder Kirschkuchen, um wie er sagt, „das bisschen Heimatgefühl für jeden in der Ferne erlebbar zu machen“.

Angefangen hat alles mit einem Brot und einer Bierbrauerei. Die Schwester von Ruf lebt im Bundesstaat Oregon in den USA. Sie vermisste das frische Brot aus der Heimat und bat den Bruder ihr ein Vollkornbrot zu schicken, das Ruf dann auch mit Bier aus der badischen Brauerei Ganter in Freiburg buk. „Unser Konditormeister kam dann irgendwann auf die Idee, ob wir den Schwarzwälder Kirschkuchen so hinbekommen, dass er exportreif verschickt werden kann.“ Ein dreiviertel Jahr tüftelten die beiden, bis sie die richtige Rezeptur gefunden hatten. Die einzige Abweichung vom Original ist die fehlende Sahne - ein Päckchen Puderzucker dient hier als Ersatz. Obligatorisch bleiben jedoch die in Schwarzwälder Kirschwasser getränkten Kirschen im Kuchen, gemäß dem Originalrezept aus der badischen Heimat.

„Schnapsidee“ wird zum Schlager

Der Erfolg seiner Geschäftsidee stellte Ruf aber nicht nur personell vor neue Herausforderungen. Den Vertrieb seines Kuchens überlässt der Bäcker seit zwei Jahren der J. R. Vertriebs GmbH. Geschäftsführer Josip Condic erklärt den rasanten Erfolg des Schwarzwälder Kirschkuchens in der Dose: „Johannes Ruf ist in der Gemeinde als seriöser Unternehmer mit gutem Image bekannt und hatte daher keine Probleme, seine Geschäftsidee gewinnbringend auf dem Markt zu etablieren.“