Nachfolgeplanung: Firmenwert jetzt steigern

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Nachfolge

Überzogene Wertvorstellungen und Verkaufspreise zählen laut Umfrage zu den größten Verkaufshürden. Wie Sie den Firmenwert realistisch kalkulieren – und die Übergabe richtig vorbereiten.

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    © Christian Mader
    Tilo Kraus (li.) hat Stephan Schraitle schon als Nachfolger bei Schaal Bad und Design in Leonberg eingeführt, obwohl er selbst erst den Betrieb vom Seniorchef übernommen hat.
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    © Chart: handwerk magazin
    Zu spät und zu teuer , die beiden häufigsten Fehler bei der Übergabe sind hausgemacht und lassen sich bei vorausschauender Planung leicht vermeiden.
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    © Rödl & Partner
    „Die Übertragung sollte ab jetzt mit einer Widerrufs­klausel versehen werden.“ Christian Rödl, ­ ist geschäftsführender Partner bei Rödl & Partner, Nürnberg.
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    © Matthias Jung
    Alois Lubberich (li.) hat für sein Zahntechnik­labor in Koblenz schon lange vor seinem Ausscheiden die Mitarbeiter Michael May (Mitte), Maurice Wiesmaier (re.) und Andreas Moser (nicht im Bild) als Nachfolger aufgebaut.
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    © Chart: handwerk magazin
    Über die Hälfte der zur Übergabe anstehenden Familienbetriebe wird noch an ein Familienmitglied weitergegeben.

Es gibt Dinge, die erlebt man gewöhnlich nur einmal im Leben – die Meisterprüfung etwa oder den Verkauf der eigenen Firma am Ende des Berufslebens. Stellt der Handwerker nach der Übergabe des Betriebs fest, dass die Rechnung für ihn nicht aufgeht, ist das besonders bitter. „Viele Firmeninhaber haben mit dem Unternehmensverkauf wenig oder überhaupt keine Erfahrung“, warnt Björn Stübinger. Dem Experten für Unternehmensverkäufe zufolge macht es „einen gewaltigen Unterschied“, ob potenzielle Erwerber in einem Umkreis von 500 oder nur 50 Kilometer gesucht werden.

Frühzeitig den Firmenverkauf planen

Die Übernahme von Schaal Bad + Design in Leonberg ist perfekt gelaufen, das Unternehmen bewegt sich steil auf Erfolgskurs. Das kommt nicht von ungefähr: Die Geschäftsführer Tilo Kraus (48) und Stephan Schraitle (46) arbeiteten bereits vor ihrer Selbständigkeit in dem Betrieb. „Der Senior fragte mich schon Anfang der 90iger-Jahre, ob ich sein Nachfolger werden möchte“, erinnert sich Kraus.

Also führte ihn der Senior Wolfgang Schaal langsam, aber sicher in die Geschäftsführung ein. Kraus übernahm mehr und mehr Führungsaufgaben. 2006 kaufte der 48-jährige Sanitär- und Flachnermeister 50 Prozent des Unternehmens . Die weiteren 50 Prozent folgten sechs Jahre später. 2010 kam dann Stephan Schraitle als angestellter Sanitär- und Heizungsbaumeister ins Unternehmen. 2011 verkaufte ihm Tilo Kraus dann 25 Prozent seiner Geschäftsanteile. „Aufgrund unserer unterschiedlichen Ausbildung ergänzen wir uns fachlich perfekt“, so Schraitle. Der Senior ist bis heute als Geschäftsführer eingetragen. Er steht den beiden noch beratend zur Seite, wenn es um wichtige strategische Entscheidungen geht. Alle Beteiligten sehen das als gute Lösung. „Auf seine Tipps wollen wir auf keinen Fall verzichten“, so Kraus.

Übergabeprozess nicht zu spät beginnen

Die perfekte Nachfolge wie beim Sanitär- und Heizungsbaubetrieb Schaal ist eher die Ausnahme als die Regel. Rolf Koch, Betriebsberater der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald, erklärt: „Wir beobachten nach wie vor, dass viele Firmenchefs das Zepter nicht aus der Hand geben wollen und den Übergabeprozess zu spät einleiten.“ Damit gehen sie ein hohes Risiko ein. Denn vielfach vergehen Jahre, bis die Übergabe in trockenen Tüchern ist und die Nachfolger gut vorbereitet sind.

Kein zeitlicher Druck für Nachfolger

Das gilt sowohl für Übernahmen innerhalb der Familie als auch beim Einstieg eines externen Interessenten oder Mitarbeiters. Entscheidend für eine erfolgreiche Stabübergabe ist es, dass die Parteien ohne zeitlichen Druck agieren können. Denn die Aufgabenstellung ist sehr komplex – rechtlich wie organisatorisch. Wie eine Umfrage von handwerk magazin bei den Handwerkskammern zeigt, erklären 78 Prozent der Nachfolgeexperten, dass sich der Beratungsbedarf der Unternehmer in den vergangenen Jahren deutlich erhöht hat.

Wer übernimmt die Firma?

Rein statistisch betrachtet ist das keinesfalls überraschend: Bis 2018 wird in rund 27.000 Betrieben der Generationenwechsel vollzogen sein, so eine aktuelle Studie des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn.

  • In 54 Prozent der Fälle steigt ein Mitglied der Familie ein.
  • Nur knapp jeder dritte Betrieb geht an einen externen Nachfolger.
  • In 17 Prozent der Fälle übernimmt ein Mitarbeiter.
Die meisten Übernahmekandidaten haben ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen, dort suchen fast 30 000 Betriebe einen Nachfolger.

Das Problem mit der Erbschaftssteuer

Aktuell stehen die Betriebsinhaber und ihre Nachfolger bei der sowieso schon komplexen Thematik noch vor einem zusätzlichen Problem: Die Senioren wollen ihr Lebenswerk zumeist im Wege der vorweggenommen Erbfolge weitergeben. Dabei wird der Betrieb unentgeltlich in Form einer Schenkung übertragen – möglichst steuerfrei.

Doch die bisher günstigen Regeln dazu hat das Bundesverfassungsgericht (1 BvL 21/12) am 17. Dezember vergangenen Jahres gekippt. Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), erläutert: „Betriebsvermögen von kleinen und mittleren Betrieben, die in personaler Verantwortung geführt werden, dürfen im Erbfall verschont werden. Die Politik muss bei der weiteren Reform der Erbschaftsteuer diesen Grundsatz berücksichtigen. Das ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes die gute Nachricht für kleine und mittlere Unternehmen.“

Alte Rechtslage noch nutzen

Der Gesetzgeber hat jetzt bis zum 30. Juni 2016 Zeit, eine Neuregelung zu schaffen. Wie lange Firmenchefs noch mit den bisherigen Privilegien rechnen können, ist offen. „Für Unternehmer, die ihre Nachfolge bislang noch nicht geregelt haben, besteht mit der vom Bundesverfassungsgericht eingeräumten Übergangsfrist eine letztmalige Gelegenheit, die bisherige weitgehende Begünstigung von Betriebsvermögen in Anspruch zu nehmen“, sagt Christian Rödl, Geschäftsführender Partner von Rödl & Partner in Nürnberg. Eine völlig risikolose Möglichkeit zur Übergabe sieht er aber nicht mehr. „Die Übertragung sollte unbedingt mit einer Widerrufsklausel versehen werden, um vorzubeugen“, warnt der Experte. Die Neuregelungen können im Extremfall auch rückwirkend in Kraft treten. Betroffene Firmenchefs schalten deshalb jetzt einen Steuerexperten ein, um individuell ihre Chancen für eine steuerfreie Nachfolge auszuloten.

Den Firmenwert systematisch über Jahre steigern

Handlungsbedarf haben aber auch Firmenchefs, die mit einem Verkauf ihres Unternehmens in den nächsten Jahren liebäugeln. Denn sie wollen ihr Lebenswerk nicht nur in treue Hände geben, sondern auch einen möglichst hohen Kaufpreis erzielen. Das heißt: Es gilt die Braut vor dem Deal aufzuhübschen. Dies erfordert eine entsprechende Strategie.

1. Status quo prüfen

Im ersten Schritt geht es zunächst darum die Positionierung des Unternehmens zu prüfen. Allein dafür veranschlagt der Firmenchef etwa ein Jahr. Der Betrieb steht insgesamt auf dem Prüfstand. Die Marktfähigkeit des Angebots, die Kunden- wie auch die Lieferanten- und Kostenstrukturen sind in diesen Monaten zu analysieren. Ein solcher Relaunch bedingt in den meisten Unternehmen einen kulturellen Veränderungsprozess, der auch von den Mitarbeitern unterstützt werden muss.

2. Zwei gewinnorientierte Jahre für die Bilanz

Rund drei Jahre vor dem Verkauf sollte sich die Vorbereitung der Nachfolge dann in den Jahresabschlüssen und Bilanzen niederschlagen. „ Die Maxime lautet dann Gewinnorientierung, selbst wenn dies steuerlichen Vorteilen entgegensteht“, sagt Steuerberater und Fachberater für Unternehmensnachfolge Thilo Söhngen im westfälischen Wetter. Falls zum Beispiel Angehörige für ihre Tätigkeit üppig entlohnt werden, mindert dies die Erträge der Firma. „Es kann vorteilhaft sein, jetzt eine sachgerechte Anpassung vorzunehmen“, so Söhngen.

Zwei Jahre vor Übergabe Käufer suchen

Rund zwei Jahre vor der avisierten Übergabe starten Seniorchefs mit der Suche nach einem Käufer. Für einen potenziellen Übernehmer ist das Angebot groß, entsprechend stoßen die Verkäufer auf eine relativ niedrige Nachfrage. Um Interessenten anzusprechen, können Firmeninhaber den Betrieb auf Unternehmensbörsen im Internet wie nexxt.de anpreisen oder sich an einen Makler wenden. Viele Handwerks­chefs rekrutieren als Nachfolger aber auch einen wohlverdienten Mitarbeiter, was den Vorteil hat, dass der Käufer im Gegensatz zum Fremdeinsteiger die Stärken und Schwächen des Betriebs realistisch einschätzen kann.

Beispiel: Dentallabor Lubberich

Beim Dentallabor Lubberich in Koblenz hat sich Firmenchef Alois C. Lubberich (62) bereits mit 50 Jahren dazu entschieden, die Nachfolger für das 100 Mitarbeiter zählende Unternehmen aus den Reihen der eigenen Mitarbeiter zu rekrutieren. Vor knapp drei Jahren haben Michael May, Andreas Moser und Maurice Wiesmaier dem Senior seine Geschäftsanteile abgekauft, alle drei waren zuvor schon seit vielen Jahren als qualifizierte Führungskräfte für Lubberich tätig. Entsprechend kannten sie bei Übertragung der ersten Firmenanteile den Betrieb, die Kollegen, die Lieferanten und nicht zuletzt die guten Kunden. Die Basis für einen reibungslosen Übergang auf die nächste Generation war damit gegeben.

Zunächst beteiligte der Unternehmer das Trio über einen Zeitraum von fast zehn Jahren nur am Umsatz. „Das Geld durften sie dem Betrieb aber nicht entnehmen. Es ging darum, einen Grundstock an Kapital für die Übernahme anzusparen“, so Lubberich. Parallel wollte der Senior die Junioren motivieren, sich detailliertes Wissen für die spätere Unternehmensführung aufzubauen. Er bot ihnen die Möglichkeit, sukzessive aus der Position des Angestellten in jene des Unternehmers zu schlüpfen.

So soll es sein. Denn nach der handwerk magazin-Umfrage unter den Kammerexperten zählen schlechte betriebswirtschaftliche Kenntnisse des Nachfolgers zu den häufigsten und teuersten Fehlern bei einer Übernahme. Dies zeigt sich oft darin, dass der Übernehmer die künftigen Marktchancen falsch einschätzt oder eine suboptimale Finanzierungsstrategie wählt. Zum Beispiel greifen Nachfolger oft nicht auf die vielfach sehr preiswerten Fördermittel zurück.

Günstige Fördermittel nutzen

So soll es sein. Denn nach der handwerk magazin-Umfrage unter den Kammerexperten zählen schlechte betriebswirtschaftliche Kenntnisse des Nachfolgers zu den häufigsten und teuersten Fehlern bei einer Übernahme. Dies zeigt sich oft darin, dass der Übernehmer die künftigen Marktchancen falsch einschätzt oder eine suboptimale Finanzierungsstrategiewählt. Zum Beispiel greifen Nachfolger oft nicht auf die vielfach sehr preiswerten Fördermittel zurück.

Dabei sind die Konditionen derzeit unschlagbar günstig. Die KfW-Bankengruppe zum Beispiel bietet aktuell Effektivzins-Sätze von teilweise unter zwei Prozent bei einer Laufzeit von zehn Jahren. Die Hausbanken aber scheuen das Risiko. Sie erwarten rund 30 Prozent Eigenkapital und hohe Sicherheiten. Bringt der Nachfolger beides nicht mit, wird die Finanzierung teuer – falls sie überhaupt klappt. Der Senior kann unterstützen, indem er dem Käufer selbst einen Teil des Kaufpreises stundet oder ihm ein Darlehen gewährt. Das kommt gut an, weil er externen Finanzierern damit zeigt, dass er von den Führungsqualitäten seines Nachfolgers auch wirklich überzeugt ist.

Beim Kauf der Firma Schaal Bad und Design hatte Unternehmer Tilo Kraus das nicht nötig. Er brachte genug eigene Mittel mit, um den Kapitalbedarf per Bankdarlehen zu stemmen.