Nachfolge im Familienunternehmen: Jetzt noch Steuern sparen

Handwerksunternehmer dürfen ihren Betrieb günstig innerhalb der Familie übertragen. Doch die Steuervorteile könnten bald kippen. Anlass genug für Firmenchefs, die Nachfolge jetzt zu regeln.

  • Bild 1 von 3
    © Chart: handwerk magazin
    Jede zweite Firma bleibt in der Familie. Nur 29 Prozent werden extern übertragen.
  • Bild 2 von 3
    © Andreas Simon
    „Zusammen mit unserem Steuerberater können wir die Übergabe steuerfrei ­organisieren.“ Nicole Steinäcker, ­künftige Chefin der Steinäcker GmbH.
  • Bild 3 von 3
    © ZDH
    „Es sind keine rückwirkenden Änderungen für Nachfolger zu erwarten.“ Matthias Lefarth, Leiter der Steuerabteilung des ZDH

Betrieb jetzt noch steuerfrei übergeben

Für Nicole Steinäcker (44) ist der Fall klar: Der genaue Termin steht zwar noch nicht fest, doch mit Sicherheit wird sie die Anteile ihres Vaters am Betrieb übertragen bekommen. Die Betriebswirtin führt gemeinsam mit dem Senior die Steinäcker Elektroanlagen GmbH mit zwölf Mitarbeitern in Berlin. Die Firma gehört derzeit beiden Partnern zu gleichen Teilen. Vor wenigen Jahren hat der Vater seiner Tochter zehn Prozent an dem familiären Handwerksbetrieb geschenkt, die anderen 40 Prozent gehören ihr bereits seit Gründung der Firma vor rund 15 Jahren. Die Firmenübergabe ist bereits mit dem Steuerberater abgesprochen. „Das wird sicherlich schenkungsteuerfrei passieren können“, sagt Steinäcker.

Hohe Freibeträge

Wie bei diesem Elektroanlagenunternehmen stehen bei zahlreichen Handwerksbetrieben derzeit Überlegungen zur Nachfolgeregelung an. Das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn hat ermittelt, dass insgesamt rund 22 000 Unternehmen jedes Jahr einen Nachfolger suchen – viele davon aus Handwerksbranchen. Mehr als jede zweite Firma (siehe Grafik) bleibt nach den Angaben in der Familie. In diesen Fällen werden Betriebsanteile wie bei Steinäckers häufig schon vorab unentgeltlich übertragen. In der Regel fällt dabei keine Schenkungsteuer an. Das gilt zumindest, wenn der Betriebsnachfolger bestimmte gesetzliche Vorgaben einhält.

„Doch die günstigen Regelungen stehen beim Bundesverfassungsgericht auf dem Prüfstand“, warnt Bernhard Leibfried, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer der Kanzlei KLLB in Fellbach bei Stuttgart. Mit Beginn der nächsten Legislaturperiode, also noch in diesem Jahr, könnten sich die Rahmenbedingungen ändern. Clevere Handwerkssenioren reagieren jetzt und stellen die Weichen für ihre Nachfolge.

„Es ist nicht davon auszugehen, dass sich aufgrund des zu erwartenden Urteils rückwirkende Änderungen ergeben“, sagt Matthias Le-farth, Steuerexperte des Zentralverbands des Deutschen Handwerks in Berlin. Das bedeutet: Egal wie die obersten Richter entscheiden, wer frühzeitig übergibt profitiert noch mit Sicherheit von den günstigen Regeln. In dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 1 BvL 21/12 geht es konkret darum, ob Familienunternehmer bei der Übertragung von Betriebsvermögen übermäßig begünstigt sind. Die Richter prüfen, inwieweit die Privilegierung verfassungsgemäß ist. Der Bundesfinanzhof hatte in einem Beschluss (Az. II R 9/11) Zweifel angemeldet.

  • Rat: Rechenexempel starten
  • Die Freibeträge für Vermögensübertragungen innerhalb der Familie sind hoch. Insgesamt können Unternehmer nach aktuellem Stand mehrere Millionen Euro auf ihren Nachfolger übertragen. Um stets den Überblick zu behalten, sollten Firmenchefs regelmäßig eine Vermögensaufstellung ihres Hab und Guts erstellen.
    Wie viel die Firma wert ist, lässt sich anhand des im Handwerk etablierten AWH-Verfahrens ermitteln. Die Betriebsberater der Handwerkskammer unterstützen Senior und Junior dabei.

Disziplin gefragt

Die Übergabe kann derzeit steuerbegünstigt erfolgen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Beim sogennanten Fünf-Jahres-Modell ist der Junior verpflichtet, das Unternehmen mindestens fünf Jahre lang weiterzuführen. Die Lohnsumme muss er zu 80 Prozent beibehalten. Es zählt der durchschnittliche Lohnaufwand der letzten fünf Jahre als Ausgangspunkt. Firmen mit weniger als 20 Mitarbeitern sind von der strengen Regel sogar ausgenommen. Außerdem darf das Verwaltungsvermögen – Grundstücke oder Immobilien – bei der Schenkung nicht mehr als 50 Prozent betragen. Der Junior darf innerhalb der Fünf-Jahres-Frist auch nur maximal 150 000 Euro privat entnehmen. „Das erfordert Disziplin“, sagt Leifried.

Unter diesen Vorgaben bleibt die Schenkung komplett steuerfrei, wenn der Wert der Firma maximal rund 2,8 Millionen Euro beträgt. Dabei rechnet das Finanzamt nach einem komplizierten Verfahren: Grundsätzlich unterliegen 85 Prozent des Verkehrswerts der Firma nicht der Schenkungsteuer. Die übrigen 15 Prozent sind steuerpflichtig. Es greift ein Abzugsbetrag von 150 000 Euro. Liegt der Wert darüber, wird dieser abgeschmolzen (Details siehe Musterrechnung). Alternativ kann der Junior das sogenannte Sieben-Jahres-Modell wählen. Das Verwaltungsvermögen darf in diesem Fall nicht mehr als zehn Prozent betragen. Die Firma muss sieben Jahre weitergeführt werden, bei mindestens der gleichen Lohnsumme.

Betrieb untergliedern

Der Seniorchef kann sich auch dafür entscheiden, vorab Teilbetriebe des Handwerksunternehmens zu übertragen. „Die Trennung darf aber nicht nur auf dem Papier stehen, sondern muss auch umgesetzt werden“, so Leibfried. Den einzelnen Sparten sollten die jeweiligen Betriebsmittel und auch die Arbeitskraft der Mitarbeiter eindeutig zugeordnet werden können.

Beim Familienunternehmen Skrobek in Berlin ist das zum Beispiel der Fall. Die Unternehmensgruppe gliedert sich in drei selbständige Firmen – einen Sanitär-, Heizung- und Klima-, einen Schornsteinfeger- und einen Lüftungsbetrieb. Junior Dominik Skrobek übernimmt in Kürze die Anteile seines Opas an der SHK-Firma. „Wir haben die Details bereits mit der Handwerkskammer sowie mit unserem Steuerberater durchgesprochen“, so Skrobek junior. 20 Prozent der Anteile hat er bereits von seinem Vater übertragen bekommen.

Berechnung nach AWH-Verfahren

Der Wert der Firma wird bei solchen Schenkungen in der Regel nach dem sogenannten AWH-Verfahren bemessen – eine Bewertungsmethode, die auf die künftigen Erträge abzielt. Das Verfahren hat sich bei Handwerksunternehmen ­bewährt. „Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen im Zusammenhang mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer“, so Lefarth. Genauso wenig gegen die Fünf- und Sieben-Jahres-Regel zur Fortführung der Betriebe. Kritisch sehen Steuerexperten eher die Vorgaben zum Verwaltungsvermögen.

Denn diese bieten Gestaltungsmöglichkeiten, um private Werte in die begünstigte betriebliche Sphäre zu transferieren (siehe Kasten „Freibeträge: So viel bleibt steuerfrei“). Der Senior kann etwa eine Bargeld-Einlage leisten (siehe „Checkliste: Nachfolge professionell planen“). Insofern geht es beim Bundesverfassungsgericht in erster Linie darum, ob die Art, wie Betriebsübertragungen begünstigt sind, verfassungsgemäß ist.

Unternehmerin Steinäcker bleibt bei dieser Frage ganz gelassen. Da ihr ohnehin bereits die Hälfte der Firma gehört, wird die Übertragung steuerfrei laufen können: „Die Übernahme ist für uns nur noch ein formeller Akt.“