Nachfolge: Alles klar machen für den Nachwuchs

Das Finanzamt kassiert Steuern, wenn Vermögen in der Familie vererbt und verschenkt wird. Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs bringt jetzt deutlich mehr Klarheit beim Verschenken über Dritte.

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    © Rudolf Wichert
    GmbH aus steuerlichen Gründen: Wilfried Kranen (Mi.) mit seinen Söhnen Christoph (li.) und Robert.
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    „Für die Betriebsüber­gabe im Handwerk gibt es kein Standard­verfahren.“ Ulrich Lippe, ­Betriebsberater bei der Handwerkskammer Düsseldorf.
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    © Chart: handwerk magazin
    Bei Fördergeldern können Nachfolger im ­Handwerk auf volle Fördertöpfe zugreifen.
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    Die Freibeträge beim Vererben und Schenken sind großzügig: Gerade direkte Familienmitglieder wie Ehepartner und Kinder können bis zu 500 000 Euro steuerfrei beanspruchen.
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    „Nach der Übergabe sollte der Senior genug Vermögen für seine Altersvorsorge behalten.“ Holger Stein, ­Präsidialmitglied der Bundessteuerberaterkammer.

Alles klar machen für den Nachwuchs

Christoph Kranen liebt es, spannende Projekte für seine Kunden umzusetzen, zum Beispiel: Ein Smart Home fürs Ferienhaus, mit BUS-Technologie intelligent vernetzt – und per Tablet kann das Feriendomizil dann aus der weit entfernten Heimat kontrolliert und gesteuert werden. Das ist auch für Christoph Kranen kein alltäglicher Auftrag.

Sein Betrieb, das Elektroinstallationsunternehmen Elektro Kranen in Kempen am Niederrhein, hat die komplette Planung und Ausführung dafür übernommen. Eines von vielen Tätigkeitsfeldern: Elektroinstallationen etwa für Logistikzentren, Einkaufsmärkte, Fotovoltaikanlagen und der Verkauf von Markengeräten gehören zum Produktportfolio des Handwerkbetriebs. Das Unternehmen, in dem der 30-Jährige seit einiger Zeit in die Fußstapfen seines Vaters Winfried Kranen, auch erst 57 Jahre alt, tritt, wurde 1953 von Wilhelm Kranen gegründet. Winfried Kranen übernahm die Firma 1985 von seinem Vater und vergrößerte sie auf derzeit 34 Mitarbeiter. Zusammen sind Vater und Sohn jetzt gleichberechtige Geschäftsführer. Das hat seinen Grund. Ein sanfter Generationenwechsel soll es werden, auch aus steuerlicher Sicht. Denn Schenken oder Erben lässt sich der Staat üppig honorieren.

Über 4,4 Milliarden Euro nahm er alleine 2012 dafür ein. Gut 54 Prozent der deutschen Unternehmen übergeben den Betrieb ihren Kindern oder anderen Familienmitgliedern, so eine Statistik des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn. Jedes Jahr werden rund 22 000 Firmen an Nachfolger übergeben. Etwa 135 000 Unternehmen, schätzt das Bonner Institut, stehen zwischen 2014 und 2018 zur Übergabe an.

Und natürlich ist davon auch das Handwerk betroffen. Besonders kniffelig dabei: Fragen rund um die Steuern, denn hier ist das Recht durchaus im Fluss. Vor Kurzem entschied zum Beispiel der Bundesfinanzhof (BFH), dass sogenannte Kettenschenkungen erlaubt sein können (siehe Kasten links). Lange Zeit war das Verschenken über Dritte in der Praxis umstritten.

Nachfolge früh regeln

Für Ulrich Lippe, Unternehmensberater bei der Handwerkskammer Düsseldorf, gibt es bei Planung einer Unternehmensnachfolge deshalb ein klares Einstiegsdatum: „Ab dem 50. Lebensjahr des Firmeninhabers spreche ich dieses Thema immer an“, so der Experte. 80 bis 100 Unternehmen berät er pro Jahr in solchen Fragen, „und das Schlimmste ist, wenn der Sohn drei Jahre nach dem Übergang vor der Pleite steht“, so Lippe, „weil er zum Beispiel mit seinen Eltern für die Betriebsübernahme eine Rentenzahlung vereinbart hat, die sich durch den Betrieb nicht trägt.“ Dann ist die steuerliche Optimierung das kleinste Problem. Die braucht aber ohnehin eine gewisse Vorlaufzeit: „Dafür gibt es kein Standardverfahren“, so Lippe.

Der Elektrobetrieb Kranen aus Kempen zum Beispiel wurde von Vater Winfried als eingetragenes Gewerbe betrieben. Eine „einfache“ GmbH ist der Betrieb seit etwa einem Jahr unter anderem auch aus steuerlichen Erwägungen. Dies gibt mehr Gestaltungsfreiräume für die Übergabe der Firma. Vor allem, wenn der Wert des Unternehmens über die möglichen Festbeträge hinausgeht (siehe Kasten „Erben und Schenken“, Seite 67). „Wir haben hier zusammen mit unserem Steuerberater und der Beratung bei der Handwerkskammer viele Fälle durchgespielt“, erzählt der 30-jährige Elektrotechnikermeister. Das Ergebnis ist diese Konstruktion, in die auch der jüngere Bruder problemlos einsteigen kann.

  • Rat:
  • Einen guten Weg für alle finden
    Wenn Unternehmer die Betriebsübergabe frühzeitig planen und vorbereiten, haben sie deutlich mehr Gestaltungsspielraum – vor allem was die steuerlichen Aspekte betrifft. Es gibt kein Standardverfahren. Auch die emotionale Ebene sollte der Senior nicht unterschätzen: Alle Beteiligten der Familie, Kinder und Eltern, müssen mit dem eingeschlagenen Weg leben können.

Freibeträge für Kinder

Bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer gibt es für Kinder einen Freibetrag von 500 000 Euro, sodass mancher Handwerksbetrieb von dieser Problematik bei der Übergabe des Betriebs an die Kinder zunächst gar nicht betroffen scheint. Aber wenn der Unternehmenswert höher liegt, kann gestaltet werden. „Da der persönliche Freibetrag nur alle zehn Jahre ausgenutzt werden kann, können auch frühzeitige Schenkungen von Unternehmensanteilen steuerlich sehr vorteilhaft sein“, erklärt zum Beispiel Holger Stein, Präsidialmitglied der Bundessteuerberaterkammer. „Hier sollte selbstverständlich vorher abgewogen werden, ob es Unternehmensteile gibt, die vom restlichen Unternehmen abgetrennt werden können wie zum Beispiel eine gewerbliche Immobilie.“

Vorsicht bei Immobilien

Bei Immobilien müssen Handwerker ohnehin mit Geschick vorgehen. Zwar fällt bis zu den Freibeträgen keine Erbschaft- oder Schenkungsteuer an. „Aber dennoch kann es zu einer unerwünschten Steuerzahlung kommen“, sagt Lippe. Zum Beispiel dann, wenn das Unternehmen an den Nachfolger übergeben wird, die Betriebsimmobilie aber im Eigentum des Übergebers verbleibt. „Dann ist die Firmenimmobilie nämlich keine stille Reserve mehr, sondern sie muss voll versteuert werden“, so Lippe. Auch deshalb wird von vielen Eltern das gesamte Handwerksunternehmen zunächst an die Kinder verpachtet, „das verschiebt die steuerliche Lösung des Problems aber leider nur in die Zukunft“, so Handwerksexperte Lippe.

Und es gibt noch weitere Gründe: Aus strategischen Überlegungen will vielleicht der Senior seinen Betrieb gar nicht verschenken, sondern an die Kinder verkaufen. Wenn nicht alle Kinder in den Betrieb einsteigen können oder wollen, müssen die restlichen Erben auf ihre Ansprüche verzichten oder womöglich ausgezahlt werden. Das ist möglich, wenn noch weiteres Vermögen im Spiel ist. Aber auch hier gibt es kein Standard-Vorgehen: „Die Beteiligten müssen neutral-sachlich miteinander sprechen“, rät Lippe. „Sonst droht später Ärger.“

Eine perfekte Nachfolgeplanung innerhalb der Familie schließt auch mit ein, über erbrechtliche Regelungen offen zu diskutieren. Das ist wichtig, damit Dritte wie etwa die Geschwister keine Pflichtteilsansprüche gegen den Übernehmer geltend machen können und so die Liquidität des Betriebes gefährden. In der Regel wird es darauf hinauslaufen, dass die Erben eine Abfindung erhalten. Experten raten dazu, parallel mit der Übergabe gleich ein Testament zu errichten oder einen Erbvertrag zu schließen. Diese Empfehlung gilt sowohl für den Senior als auch den Übernehmer.

Vorsorge für den Senior prüfen

Auch Steuerexperte Stein mahnt zu einer ganzheitlichen Betrachtung bei der Übergabe: „In die Überlegungen zur Nachfolge sollte der Aspekt einbezogen werden, dass der Senior genug Vermögen für seine Altersversorgung behält“, sagt der Experte (siehe „Checkliste“, unten). „Das Steuerrecht und das durch umsichtige Planung zu erreichende Steuersparpotenzial ist nur eine von vielen Ebenen, die in die Nachfolgeplanung einzubeziehen sind.“

Christoph Kranen hatte zwar immer schon enge Verbindungen zum väterlichen Betrieb, das heißt aber nicht, dass er sich schon in jungen Jahren vorstellen konnte, auch der Nachfolger zu werden. „Mein Vater hat mich nie unter Druck gesetzt, sondern immer gesagt, er überlässt mir die Entscheidung“, erinnert er sich. Ausschlaggebend war für ihn ein einjähriger Auslandsaufenthalt in Australien. Da wollte der Elektrotechniker was anderes sehen. Und hat dann festgestellt, dass es zu Hause als selbständiger Chef prima ist. Auch sein heute 22-jähriger Bruder, der gerade eine Weiterbildung absolviert, entschied sich für eine Zukunft im väterlichen Betrieb. Er wird in eineinhalb Jahren das Duo aus Junior Christoph und Senior Winfried zum Trio machen und in die GmbH einsteigen. „Als wir uns dafür entschieden haben“, sagt Christoph Kranen, „war mein Vater wirklich stolz.“ Es ist ja auch eine intelligent geplante und vertrauensvolle Unternehmensnachfolge, die die Kranen-Männer bewerkstelligen.