Motivation Spitzenleistungen durch ein starkes Team

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Zielerreichung

Laut aktueller Studie der Gallup-Marktforscher kosten demotivierte Mitarbeiter jeden Handwerksbetrieb bis zu 12.000 Euro jährlich. Wie Sie mit moderner Führung und kluger Teambesetzung gegensteuern.

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    Sabine Wiedmann, Inhaberin von Wiedmann Holzleimbau in Rheinfelden, legt Wert auf eine offene Kommunikation im Team (im Bild mit den Meistern Vincent Eveno (li.) und Florian Cremans).
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    „Chef und Mitarbeiter sollten sich auf klare Werte für das Team verständigen.“ Johann Bertele, Inhaber von Progress Coaching, berät Unternehmen und Sportler beim Teamaufbau.
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    © Chart: handwerk magazin
    37 Prozent mehr Fehlzeiten, eine höhere Fluktuation und weniger Qualität: der Schaden durch demotivierte Mitarbeiter (gelbe Balken) ist oft so gr0ß, dass die durch die engagierten Kollegen (grüne Balken) erzielten Verbesserungen bei Kundenkennzahlen, Produktivität und Rentabilität sogar mehr als kompensiert werden.

Den Betrieb hat Sabine Wiedmann gerne von ihrem Vater übernommen, den Führungsstil nicht. Der Senior hatte immer „von oben durchdelegiert“ – und es störte ihn nicht, dass die Mitarbeiter teilweise gegeneinander arbeiteten. Für Tochter Sabine war das nicht tragbar, sie wünscht sich von ihrem Team Eigenverantwortung und einen fairen Umgang.

„Ich möchte, dass jeder mitdenkt und Feedback gibt, was draußen los ist“, sagt die Chefin von Wiedmann Holzleimbau im südbadischen Rheinfelden-Minseln. Heute wird im Betrieb offen kommuniziert. Geschäftsleitung, Führungskräfte und die Arbeitsgruppen besprechen sich regelmäßig: Was ist gut gelaufen? Wo gibt es Probleme bei der Zusammenarbeit? Auch die Chefs – Sabine Wiedmann und ihr Mann Ralf Burgert – berichten offen über die Auftragslage, jeder der 27 Mitarbeiter weiß, in welchen Bereichen sich der Betrieb anstrengen muss.

Die Erfolge dieser teamorientierten Führung sind deutlich sichtbar. „Die Stimmung ist besser geworden“, sagt Sabine Wiedmann. „Wir arbeiten effizienter, es gibt weniger Fehler und Kompetenzgerangel.“ Bei Auftragsspitzen unterstützen sich die Arbeitsgruppen heute gegenseitig. Das Engagement der Mitarbeiter reicht sogar über die Arbeitszeit hinaus: Einmal wöchentlich setzen sich ein Altmeister und die Azubis zum Wissenstransfer zusammen.

Kostenfaktor Motivation

Auf so viel Eigeninitiative können nur wenige Chefs bauen. Der aktuelle Engagement-Index des Marktforschungsinstituts Gallup kommt zu einem alarmierenden Ergebnis: Mehr als zwei Drittel der Beschäftigten in Deutschland sind emotional nur gering an den Betrieb gebunden, sie machen „Dienst nach Vorschrift“. Die Folgen sind gravierend: Unternehmen mit demotivierten Teams leiden unter einer hohen Zahl von Krankheitstagen, Fluktuation und Qualitätsmängeln. Ihre Produktivität und Rentabilität sinken im Schnitt um mehr als 20 Prozent gegenüber Betrieben mit emotional stark gebundenen Teams.

Die Marktforscher haben ausgerechnet, dass der Wirtschaft so jährlich Verluste von bis zu 95 Milliarden Euro entstehen. Auf die Beschäftigten im Handwerk bezogen, bedeutet das: Ein demotiviertes Team kostet jeden Unternehmer rund 12 000 Euro pro Jahr. Die emotionale Bindung der Mitarbeiter an den Betrieb wird so zum entscheidenden Kostenfaktor.

Wie stark Mitarbeiterbindung und Leistungsbereitschaft zusammenhängen, hat Johann Bertele in vielen Betrieben beobachtet. „Fehlt etwa die gegenseitige Wertschätzung im Team, gerät die gemeinsame Sache schnell aus dem Blick“, weiß der Berater von Wiedmann, der mit seiner Firma Progress Coaching an vier Standorten tätig ist. Teams sollten sich deshalb auf klare Werte, wie gegenseitige Achtung und eine offene Kommunikation, verständigen – und die Umsetzung trainieren. „Diese Entwicklung braucht Zeit und Pflege.“

Erfolgsfaktor Wertschätzung

Im Betrieb von Sabine Wiedmann waren etwa viele Mitarbeiter nicht gewohnt, offen über Probleme zu reden. „Immer wieder gab es auch Missverständnisse“, erinnert sich die Unternehmerin. Sie selbst musste lernen, „mit klaren Aussagen eine eindeutige Linie zu verfolgen“. Heute freut sich Sabine Wiedmann über den Erfolg ihrer Führung: „Vom Azubi bis zum Meister weiß jeder: Alle sind wichtig.“

Neben gemeinsamen Zielen und Werten spielt auch die richtige Zusammensetzung von Teams für die Grundmotivation der Mitarbeiter eine große Rolle. „Überlegen Sie vorher, welches Ziel Arbeitsgruppen erreichen sollen und welche persönlichen Kompetenzen dafür wichtig sind“, empfehlen Svenja Hofert und Thorsten Visbal in ihrer „Teambibel“ (Gabal, 2015).

Die „weichen Faktoren“ wie Empathie, Beharrlichkeit oder Ordnungsliebe sind auch nach Erfahrung von Berater Frank Scheelen ein wesentlicher Erfolgsfaktor: „Am besten funktionieren Teams, die gemeinsame Werte teilen, aber aus unterschiedlichen Persönlichkeitstypen bestehen.“ Mithilfe von Diagnose-Tools, wie dem vom Scheelen-Institut (deutscher Firmensitz ist Wiesbaden) entwickelten und weltweit eingesetzten Online-Test „Insights MDI“, lassen sich Persönlichkeitstypen in kurzer Zeit bestimmen. Ziel ist es, Mitarbeiter typgerecht einzusetzen und zu motivieren: „Der gelbe Typ braucht etwa Abwechslung und den Kontakt mit Menschen“, erklärt Scheelen. „Er ist deshalb im Vertrieb besser aufgehoben als in der Buchhaltung. Ihn sollte man von zu vielen Routineaufgaben entlasten.“ Das Wissen um Motive verbessere die Kommunikation und den Umgang im Team, so Scheelen. „Man bekommt eine Gebrauchsanweisung für den Kollegen.“

Alle für die Chefin

Wie sich mit optimierter Teamarbeit und einer hohen Grundmotivation der Mitarbeiter sogar der vorübergehende Ausfall des Chefs meistern lässt, zeigt das Beispiel von Friseurmeisterin Alexandra Beck-Kuhl aus dem hessischen Grebenstein. Um ihre Elternzeit zu überbrücken, hat die Unternehmerin mit ihrem Team einen genauen Plan für die „Geschäftsübernahme“ erstellt – auf Basis der Kompetenzprofile ihrer Mitarbeiterinnen aus einer Stärken/Schwächen-Analyse. In einem Übergabeordner wurde gemeinsam festgehalten, wer welche Aufgaben übernimmt. „Ich konnte beruhigt in Mutterschutz gehen“, sagt Beck-Kuhl. Die Mitarbeiterinnen hätten den Salon erfolgreich weitergeführt. Heute, nach ihrer Rückkehr, laufe „alles sogar noch viel besser als vorher“.

Wie können Sie ein Wir-Gefühl aufbauen?

Wer die emotionale Bindung seiner Mitarbeiter stärken will, muss Zeit einplanen und möglichst viele der folgenden Voraussetzungen erfüllen.

  1. Zielbindung: Definieren Sie gemeinsame Ziele und Werte, mit denen sich die Teammitglieder identifizieren können (etwa nachhaltiges Wirtschaften oder Fairness in der Zusammenarbeit). Je überzeugter sie davon sind, desto eher werden sie diese anstreben und erreichen.
  2. Achtung: Im Team muss jeder den anderen, aber auch sich selbst wertschätzen. Dafür ist wichtig, den Wert jedes Einzelnen zu (er)kennen – jedoch ohne zu bewerten. Unterstützen Sie Stärken durch Lob und Anerkennung.
  3. Eigenverantwortung: Dazu gehören Verantwortung für das eigene Handeln, aber auch Kritikfähigkeit und die ständige Bereitschaft sich weiterzuentwickeln. Sorgen Sie für Unterstützung (etwa gemeinsam vereinbarte Vorgaben), wenn Mitarbeiter sich hier schwer tun.
  4. Vertrauen: Ist die Grundlage für gute Teamarbeit, baut sich jedoch nur allmählich auf und wächst mit gemeinsamen Erfolgen. Dazu braucht es eine offene Atmosphäre und Fairplay.
  5. Regeln: Gute Zusammenarbeit braucht klare Vorgaben und die Disziplin, diese einzuhalten. Verdeutlichen Sie jedem Mitarbeiter, wie wichtig etwa regelmäßige Besprechungen oder das Einhalten von Terminen sind.
  6. Motivation: Jeden Menschen treibt etwas anderes an (etwa Streben nach Erfolg, Abwechslung, Anerkennung). Versuchen Sie herauszufinden, worauf Mitarbeiter Wert legen, und gestalten Sie Tätigkeit und Anreize entsprechend.
  7. Vorbild: Gehen Sie selbst mit gutem Beispiel voran, in dem Sie alles, was Sie sich von Ihren Mitarbeitern wünschen, auch bei der eigenen Arbeit berücksichtigen und vorleben.
  8. Kommunikation: Sorgen Sie für einen offenen und ehrlichen Austausch. Im Mittelpunkt steht die Sache – auch Tonfall, Haltung und Sprache bestimmen, wie Inhalte ankommen.
  9. Mut: Neue Ideen entstehen nur, wenn Fehler erlaubt sind – um aus ihnen zu lernen. Schaffen Sie eine Atmosphäre, in der jeder Mitarbeiter sich traut, Vorschläge einzubringen.
  10. Zuständigkeit: Wer macht was? Je klarer die Aufgaben verteilt sind, desto besser können sie erfüllt werden und desto schwieriger ist es, sich aus der Verantwortung zu stehlen.

Mitdenken für alle - So schaffen Sie es

Wer eigenverantwortlich arbeiten darf, fühlt sich anerkannt und ist entsprechend motiviert. Wer jeden Handgriff mit dem Chef absprechen muss, schiebt laut Gallup nur Dienst nach Vorschrift. Wie Sie Engagement und die Entwicklung persönlicher Kompetenzen in Ihrem Team fördern.

  1. Ziele festlegen: Definieren Sie klar, welches Engagement Sie sich von jedem Mitarbeiter wünschen. Fragen Sie, was er erreichen möchte, und benennen Sie Schritte, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen.
  2. Aufgaben zuordnen: Setzen Sie die Mitarbeiter entsprechend Ihrer Persönlichkeit ein. Ist dies etwa durch Personalmangel nicht möglich, sorgen Sie für Unterstützung (etwa durch Schulungen) oder Entlastung durch flexible Hilfe von Kollegen.
  3. Training anbieten: Führen Sie Mitarbeiter an Entscheidungsprozesse heran. Organisieren Sie etwa eigene Workshops zu den klassischen „Problemthemen“ im Betrieb: So können Mitarbeiter lernen, ihre Fähigkeiten und Potenziale gezielt für den Betrieb einzusetzen.
  4. Freiraum lassen: Beschreiben Sie den Gestaltungsspielraum jedes Mitarbeiters und seine Kompetenzen möglichst exakt. Kümmern Sie sich innerhalb dieser Grenzen nur um wirklich ernsthafte Schwierigkeiten und überlassen Sie die Lösung kleinerer Probleme dem jeweiligen Mitarbeiter.
  5. Feedback geben: Besprechen Sie regelmäßig, aber ohne die üblichen Schuldzuweisungen, was gut und schlecht gelaufen ist. Loben Sie Mitarbeiter für Erfolge. Regen Sie das „Mitdenken“ des Teams durch offene Fragen an und fordern Sie Ideen für Verbesserungen ein.