Arbeitswelten Moderner, computergestützter Innenausbau und Inklusion

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Internationale Handwerksmesse

Im März 2018 zeigt auf der Internationalen Handwerksmesse in München eine neue Generation von Unternehmern, wie modernes Handwerk aussieht. Einer von ihnen ist Schreinermeister Piet Hülsmann, der sich auf modernen, computergestützten Innenausbau und Möbelbau spezialisiert hat und erfolgreich auf Inklusion setzt.

Stilwerk - IHM 2018
Schreinermeister Piet Hülsmann ist davon überzeugt, dass jeder Mensch über Stärken verfügt und dementsprechend sollte man ihn im Betrieb einsetzen. - © Markus J. Feger

Wenn Piet Hülsmann eine Idee hat, fackelt er nicht lange. Der Schreinermeister hat sich mit seiner „Stilfabrik“ im nordrhein-westfälischen Neuss auf modernen, computergestützten Innenausbau und Möbelbau spezialisiert. Bald kam die Idee auf, als zweites Standbein einen Online-Shop für ein kleines Sortiment einfacher, selbst designter Möbel aufzumachen. „Den Webshop aufzustellen, war kein großes Problem. Aber ich brauchte zusätzliche Mitarbeiter, die diese Kleinserien für mich produzieren“, sagt Hülsmann.

Fachkräfte gesucht: per Inklusion Problem gelöst

Fachkräfte für diese recht monotone Routine-Aufgabe waren schwer zu finden. Da erinnerte der Schreinermeister sich an seine Zivildienst-Zeit in einer Behindertenwerkstatt. „Ein Anruf beim Inklusionsberater der Handwerkskammer genügte - schon bald darauf stand der Berater mit einem Bewerber zum Vorstellungsgespräch bei uns in der Werkstatt“, berichtet Hülsmann. Der junge Mann hatte ein gestalterisches Fachabitur in der Tasche und gerade eine Schreiner-Lehre abgeschlossen – sein Ausbildungsbetrieb hatte kurz darauf geschlossen.

Der gut qualifizierte Tischlergeselle tat sich schwer, eine Anstellung zu finden, weil er das Asperger-Syndrom hat: eine Variante des Autismus, durch die er Schwächen in der sozialen Interaktion und Kommunikation hat. „Ich war mir erst unsicher, ob wir das wirklich hinbekommen, einen Mitarbeiter mit Handicap bei uns zu integrieren, ob das nicht zu aufwändig ist und zu riskant“, sagt Hülsmann. „Aber dann haben wir es halt ausprobiert und geschaut, ob es funktioniert."

Nach einem Praktikum stellte Hülsmann den Gesellen ein. Zwar könne der nicht bei Kundengesprächen eingesetzt werden, dafür jedoch sei sein Hang zu Perfektion und Präzision und seine Vorliebe für Routine-Aufgaben eine echte Stärke an der Werkbank.

Mitarbeiter passend zu Stärken und Schwächen einsetzen

Als kurze Zeit später die Handwerkskammer mit einem weiteren Bewerber auf Hülsmann zukam, der durch eine leichte geistige Behinderung und eine halbseitige spastische Lähmung eingeschränkt war, fackelte Hülsmann daher nicht lange. „Ich habe gedacht, was soll passieren? Wenn es nicht klappt, dann klappt es halt nicht“, sagt der Schreinermeister. Tatsächlich lief es dann besser als erwartet: „Er kann nicht alle Aufgaben machen, hat zum Beispiel Probleme mit dem Zahlenraum ab 20“, sagt Hülsmann. „Aber wenn wir ihm passende Aufgaben zuweisen, arbeitet er diese sehr gründlich und effizient ab.“

Da Unternehmer, die behinderte Mitarbeiter einstellen, eine staatliche Förderung erhalten, rechne sich der Einsatz des körperlich beeinträchtigten jungen Kollegen trotz seiner beschränkten Fähigkeiten. „Das ist letztlich alles eine Frage der Organisation“, sagt Hülsmann. Jeder Unternehmer setze schließlich immer seine Mitarbeiter passend zu ihren Stärken und Schwächen ein. „Wenn ich einen Mitarbeiter mit Höhenangst habe, schicke ich den ja auch nicht zu einem Auftrag, bei dem er auf eine Leiter klettern muss.“

Fakten zur Stilfabrik

Unternehmen: Stilfabrik GmbH

Bundesland, Stadt: Nordrhein-Westfalen, Neuss

Website: www.stilfabrik.de

Gewerk: Schreinerei

Mitarbeiter: 8

Auszubildende: 1

Gegründet: 2003

Konzept: Kerngeschäft: CAD-gestützte Planung und Produktion von Innenausbau- und Möbelbauprojekten. Zweites Standbein: Webshop mit begrenztem Sortiment einfacher, selbst designter Möbel, hergestellt unter anderem von angelernten Mitarbeitern mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen.

Tipp: Auch die Stilfabrik finden Sie im März auf der IHM-Themenfläche "Treffpunkt Fachbesucher" in Halle C1, Stand 462.