Fachkräfte Personalvermittler: Das bringen Headhunter im Handwerk

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Jede dritte Personalsuche wird laut Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung inzwischen erfolglos abgebrochen. Doch was tun, wenn es am Markt scheinbar keine Fachkräfte mehr gibt? handwerk magazin hat für Sie nachgeforscht, was Personalvermittler für Handwerksbetriebe leisten.

Evgenij Alymov
Evgenij Alymov (Mitte, umrahmt von seinen Mitarbeitern), Geschäftsführer von Alymov Automation im hessischen Vellmar, hat erstmals einen Personalvermittler beauftragt – und kann nur Gutes berichten. - © Jens Nieth

Eine langwierige oder schlimmstenfalls sogar erfolglose Personalsuche kann sich Andreas Möller nicht leisten. „Wir expandieren stark“, erklärt der Geschäftsführer von Möller manlift , Verleihunternehmen für Arbeitsbühnen und Krane mit Standorten in Fulda, Würzburg und Heilbronn. „Neue Geschäftsbereiche kann ich nur entwickeln, wenn ich Schlüsselpositionen mit guten Leuten besetzen kann – und das möglichst zeitnah.“ Um sich intensiv mit der Personalsuche zu beschäftigen, fehle im Tagesgeschäft aber die Zeit, so der Chef von derzeit 30 Mitarbeitern. Als Lösung hat sich für Möller eine Mischung aus eigener Suche und der Hilfe eines Personalberaters bewährt: Bei Schlüsselpositionen schaltet der Betrieb sofort die Personalvermittlung von Michael Beckhäuser aus Würzburg ein, einem regionalen Spezialisten, der unter anderem in den Branchen Maschinen- und Anlagenbau, Elektrotechnik und Logistik tätig ist. Andere Stellen versucht Möller zuerst durch die Beförderung von Mitarbeitern intern zu besetzen und für den so frei werdenden, niedriger qualifizierten Arbeitsplatz selbst jemanden zu finden, etwa durch Ausschreibung auf der Firmenwebsite, in den sozialen Medien oder mithilfe der Arbeitsagentur. „Wenn aber keine qualifizierten Bewerbungen reinkommen, gehen wir ebenfalls über die Personalvermittlung.“

Durch die externe Suche hat der Unternehmer Mitarbeiter gefunden, die er selbst vermutlich nie erreicht hätte. Zum Beispiel den Niederlassungsleiter für einen neuen Standort. „Der besetzte eine ähnliche Position bei einem Wettbewerber, und unser Personalberater hat ihn zu uns weggelobt.“ Für Möller selbst wäre das nicht möglich gewesen: Zum einen kannte er den Kandidaten nicht, zum anderen hätte er persönlich „ein moralisches Problem damit, jemanden abzuwerben“. Rund 20 Prozent des Jahresbruttogehalts der zu besetzenden Stelle hat der Betrieb für die Vermittlung bezahlt . Viel Geld, aber trotzdem eine lohnende Investition, wie Möller findet: „Der Erfolg steht und fällt mit der Führungskraft. Ich investiere lieber gleich in eine gescheite Personalsuche, bevor ich einen Geschäftsbereich aufbaue und später merke, dass ich keine geeigneten Mitarbeiter dafür habe.“

Wie wichtig gute Mitarbeiter sind – und gleichzeitig schwer zu finden –, weiß vermutlich jeder Handwerksunternehmer aus eigener Erfahrung. In vielen Branchen sind qualifizierte Bewerber so rar, dass laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) knapp ein Fünftel der Betriebe die Personalsuche für freie Stellen ergebnislos abbricht. Kleine Unternehmen tun sich besonders schwer, hier endet die Suche in gut 30 Prozent der Fälle erfolglos. Ein Grund dafür: Gerade kleine Betriebe nutzen laut IAB nur wenige Rekrutierungskanäle und versuchen Stellen vorwiegend über ihre persönlichen Kontakte oder die eigene Website zu besetzen, was den Bewerberpool stark einschränkt. Die Dienstleistung privater Personalvermittler nehmen sogar nur sieben Prozent der kleinen Betriebe in Anspruch.

In Sachen Personalvermittlung große Skepsis bei Handwerkern

Für das Vermittlungsgeschäft besteht also noch einiges Potenzial. Doch Personal-Profi Michael Beckhäuser kennt auch die Vorbehalte von Handwerksbetrieben: „Das sind zum einen die Kosten, zum anderen herrscht große Skepsis, dass ausgerechnet ein Personalberater den gesuchten Polier finden kann, wenn man doch selbst schon keinen gefunden hat.“

Ein Trugschluss, zumindest aus Sicht der Vermittler. Denn schließlich greifen sie genau dort an, wo viele Chefs scheitern: Sie schaffen eine große Reichweite für die Stellenanzeige, investieren die nötige Zeit zum Suchen und erkennen im Idealfall sofort, ob ein Kandidat zum Betrieb passt oder nicht.

Personalvermittler nutzen einen „riesigen Blumenstrauß an Suchinstrumenten“, erklärt Michael Beckhäuser. Sie veröffentlichen etwa das Gesuch in ihren Netzwerken – oft nicht nur regional, sondern deutschlandweit oder sogar international. Zum Verteiler gehören meist viele Partner, etwa Hochschulen oder Wirtschaftsvereinigungen, genauso wie Outplacement-Firmen , die andernorts abgebaute Mitarbeiter betreuen. Wer genau dazugehört, bleibt in der Regel Geschäftsgeheimnis. Doch klar ist: Da das Geschäft der Vermittler maßgeblich auf der Qualität ihres Netzwerks basiert, wird es entsprechend gepflegt.

Natürlich suchen die Vermittler auch in den sozialen Medien, etwa auf Xing, LinkedIn, Facebook oder Instagram. Bei dem Bilderdienst sucht das Team von Michael Beckhäuser gerne auch mal invers. „Leute posten auf Instagram ihre Zeugnisse oder Weiterbildungsnachweise. Wenn man die gewünschte Qualifikation in die Suche eingibt, findet man entsprechende Kandidaten.“

Voraussetzung für Headhunting ist ein gutes Stellenprofil des suchenden Betriebs

Ergänzend zu dieser umfassenden Suche bieten Personalberater in der Regel auch Headhunting an, im Branchenjargon Direktansprache genannt. Was landläufig als Abwerben bezeichnet wird, gewinnt auch im Handwerk an Bedeutung, weil es arbeitslose Fachkräfte hier im Grunde nicht gibt – nur wechselwillige .

Beim Headhunting wird im ersten Schritt eine Zielfirmenliste erstellt. „Aus dieser streichen wir zusammen mit dem Kunden befreundete Betriebe oder Geschäftspartner“, erklärt Beckhäuser. Dann beginnt für den Vermittler die Detektivarbeit: Er findet heraus, wer die gewünschte Stelle besetzt und wie man diesen Menschen am besten erreichen kann. „Die Kunst besteht darin, die Leute dort abzuholen, wo sie sind, und sie zu motivieren, über einen Wechsel nachzudenken.“ Dazu brauche es aber ein entsprechendes Angebot der abwerbenden Firma. „In der Regel sind das ein höheres Gehalt oder zumindest eine bessere Position“, sagt Beckhäuser. „Wenn ein Betrieb weder das eine noch das andere bieten kann, macht die Direktansprache meist keinen Sinn.“

Professionelle Suche ist wichtiges Erfolgsrezept

Doch egal ob Basissuche oder Headhunting: Die Zusammenarbeit mit Personalberatern professionalisiert die Mitarbeitersuche auf der gesamten Strecke. Zum Dienstleistungspaket gehört im ersten Schritt das Erstellen eines genauen Anforderungsprofils inklusive Stellenausschreibung, mit der die Vermittler Kandidaten suchen und vorselektieren. Oft liegt hier schon ein Grund für die bislang erfolglose Suche: „Viele Chefs wissen gar nicht, was sie brauchen und wollen. Wir sortieren unpassende Bewerber vorher aus und verhindern den Ärger, der durch eine Fehlbesetzung entsteht“, erklärt Sanja Schwarz, Personalvermittlerin von Personal-aktivaus Kassel. Die Berater sind branchenübergreifend unterwegs, setzen auf ein umfangreiches Kontaktnetzwerk zu Fach- und Führungskräften in der Wirtschaft und bieten Vermittlungen zum kleinbetriebstauglichen Budget ab einem Brutto-Monatsgehalt auf Erfolgsbasis an.

Ein weiterer Vorteil der privaten Personalvermittler liegt in der Art und Weise, wie sie die Suche angehen: Denn im Gegensatz zu einem klassischen Betrieb, der bei Stellenausschreibungen an klare Vorgaben gebunden ist, können die Vermittler den Filter bei der Kandidatenauswahl recht eng legen. Alter, Geschlecht oder Gehaltsvorstellung – was aus Unternehmersicht nicht passt, landet gar nicht erst auf dem Bewerbungsstapel. Auch heikle Personalgeschichten sind hier gut aufgehoben, denn die suchenden Unternehmen bleiben zunächst anonym . Ein Vorteil, etwa wenn Betriebe neue Geschäftsbereiche entwickeln möchten, ohne dass Wettbewerber davon erfahren. Oder wenn ein Chef die Stelle eines Mitarbeiters bereits ausschreibt, bevor er diesem gekündigt hat.

Personalvermittler sichern sich 20 bis 30 Prozent Provision

Nach der Vorauswahl schlagen die Vermittler dem Betrieb drei bis fünf, aus ihrer Sicht passgenaue Bewerber vor. Auf Wunsch unterstützen die Personaler auch bei Bewerbungsgesprächen und Gehaltsverhandlungen. Im Schnitt vergehen zwischen Auftragsvergabe und unterzeichnetem Arbeitsvertrag drei bis vier Monate. Chefs sollten bei sich abzeichnenden Vakanzen dennoch frühzeitig mit der Suche beginnen, da Kandidaten oft lange Kündigungsfristen haben.

Wer einen Personalvermittler beauftragt, zahlt nur bei erfolgreicher Vermittlung . Die Provision beträgt im Schnitt 20 bis 30 Prozent vom Jahresbruttogehalt des neuen Mitarbeiters. Für dieses Geld bekommt der Betrieb im Idealfall in relativ kurzer Zeit und bei überschaubarem Aufwand eine kompetente Fachkraft mit einigermaßen hoher Bleibeperspektive, schließlich sind die Kandidaten und Unternehmen auf wechselseitige Passung ausgesprochen professionell geprüft.

Doch hier liegt die Krux des aktuellen Arbeitsmarktes. In vielen Handwerksbranchen können sich Fachkräfte inzwischen aussuchen, wo sie arbeiten möchten. Die Betriebe werden damit zu Bewerbern. „Die Situation hat sich komplett gewandelt“, sagt Sanja Schwarz. „Früher haben wir die Arbeitnehmer ­zurechtgerückt, heute müssen wir den Unternehmen Tipps geben, wie sie sich am besten präsentieren.“ Ohne ein stimmiges Arbeitgeberprofil, ein markt­gerechtes Gehalt oder Anreize wie familienverträgliche Arbeitszeiten hätten Unternehmen keine Chance.

Bei manchem Unternehmen scheitert die Personalsuche aber auch am vermeintlich schlechten Image – oder der direkten Art des Chefs. Auch hier können gute Personalberater helfen, indem sie im ersten Fall die positiven Seiten des Betriebs herausstellen oder im Bewerbungsgespräch einen Counterpart für den aufbrausenden Firmenlenker finden.

Vermittelte Mitarbeiter haben hohe Übereinstimmung mit gewünschter Qualifikation

Mit Vorbehalten seitens der Bewerber hatte auch Evgenij Alymov, Geschäftsführer von Alymov Automation im hessischen Vellmar zu kämpfen. Bei der Suche nach SPS-Programmierern und Elektrotechnikern hatte der gebürtige Russe und Chef von acht Mitarbeitern „häufig den Eindruck, dass sich aufgrund des ausländischen Namens viele Leute nicht bewerben“. Stattdessen schlug sich Alymov mit Kandidaten der Arbeitsagentur herum: „Keiner dieser Bewerber erfüllte die technischen Ansprüche und sprach einwandfrei deutsch, was aber im Kontakt mit unseren Kunden sehr wichtig ist.“

Mithilfe von Personalvermittlerin Sanja Schwarz hat der Spezialist für SPS-Steuerung und Automatisierungstechnik einen passenden Mitarbeiter gefunden: einen Quereinsteiger , der sich „ohne die Vermittlung gar nicht getraut hätte, sich auf die Stelle zu bewerben“. Die Vermittlerin habe die Zusammenhänge zwischen der vorherigen Arbeit des Kandidaten und der ausgeschriebenen Tätigkeit erkannt, erzählt Alymov. Die externe Suche habe sich auch deshalb gelohnt, weil sich der neue Mitarbeiter durch die hohe Übereinstimmung mit der gewünschten Qualifikation schnell eingearbeitet hat. Aktuell sucht Alymov erstmalig eine Bürokraft – wieder über die Personalvermittlung: „Allein schon weil wir keine Erfahrung haben, welche Voraussetzungen sie erfüllen muss.“

Beratersuche: So finden Sie den passenden Personalvermittler

Mitarbeitersuche ist natürlich eine absolute Vertrauenssache, deshalb sollte vor allen Dingen die Chemie zwischen Ihnen und dem Berater stimmen. Doch auch die räumliche Nähe sowie Größe und Branchenkenntnis spielen eine wichtige Rolle. Die drei wichtigsten Schlüsselfaktoren für die Auswahl sind:

  1. Örtliche Nähe
    Für viele Betriebe macht es Sinn, sich einen Vermittler in der Nähe zu suchen. Zum einen sind die Personaler oft auf bestimmte Regionen spezialisiert, zum anderen kann man sich so im persönlichen Gespräch kennenlernen, was wichtig ist, um Kandidaten zu finden, die ins Unternehmen passen. Es gibt aber auch Vermittler, die erfolgreich alles per Telefon abwickeln.
  2. Persönlicher Eindruck
    Passt der Anbieter zu Ihnen und Ihrer Unternehmensphilosophie? Können Sie ihm ein so sensibles Thema wie die Personalsuche mit gutem Gefühl anvertrauen? Kennt er sich in Ihrer Branche aus, und hat er Erfahrung in der Besetzung ähnlicher Stellen? Überzeugt Sie seine Argumentation, etwa bezüglich der Kandidatenauswahl oder nötigen Anreizen, um Mitarbeiter zu gewinnen? Ist der Vermittler gut erreichbar und kümmert sich umgehend um Anfragen?
  3. Vergleichbare Unternehmensgröße
    Große Beratungsfirmen arbeiten oft mit Kostenstrukturen, die sich kleine Betriebe nicht leisten können. Es macht daher Sinn, sich einen Berater zu suchen, der in Größe und Struktur mit Ihrem Betrieb vergleichbar ist. Wenn keiner aus unserer Liste passt: Fragen Sie bei Ihrer Handwerkskammer, Innung oder Branchenverband nach, oft sind dort noch weitere Anbieter bekannt.

Einblick: Wer macht eigentlich was im Personalgeschäft?

Personalberater und -vermittler bieten ihren Kunden in Abgrenzung zur reinen Arbeitsvermittlung oder zur Zeitarbeit ein umfassendes Serviceangebot .

Personalberater oder -vermittler ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Jede natürliche oder juristische Person kann sich so nennen. Im Wortsinn und in der ursprünglichen Unterteilung der Branche bieten Personalberater Unternehmen eine umfangreiche Beratung im Rekrutierungsprozess bei Schlüsselpositionen einschließlich entsprechender Suche, die oft auch die Direktansprache, also Headhunting umfasst. Personalvermittler verschaffen Arbeitgebern dagegen hauptsächlich Zugang zu Kandidaten durch Suche in ihren Netzwerken.

Durch den Fachkräftemangel in vielen Branchen gibt es diesen Unterschied allerdings kaum noch. Wer in feste Stellen vermittelt, bietet in der Regel auch Beratung sowie die Direktansprache von Kandidaten an. Die Berater gehen dabei aber unterschiedlich vor: Assessment Center zur Kandidatenauswahl, Reisekosten für aufwendige Interviews oder häufige Besuche im Unternehmen etc. verteuern den Beratungsauftrag und sind eher die Domäne großer Beratungsgesellschaften, die für Konzerne & Co. arbeiten. Kleinere Anbieter für den Mittelstand arbeiten meist kostensparender bei vergleichbarem Ergebnis.

Arbeitsvermittler: Wird in der Regel vom Arbeitssuchenden beauftragt. Die Provision wird meist durch Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheine der Bundesagentur für Arbeit gedeckt. Fürs Handwerk lassen sich hier aktuell vor allem Helfer finden.

Zeitarbeit (Personal- oder Arbeitnehmerüberlassung): Der Mitarbeiter ist beim Zeitarbeitsunternehmen angestellt und wird dem Arbeitgeber für einen bestimmten Zeitraum überlassen. Geeignet für kurzfristige Einsätze sowie zur Überbrückung von Auftragsspitzen. Wirklich gute Leute lassen sich im Handwerk hier derzeit kaum finden.