Mietvertrag Gewerberäume: Die besten Praxistipps

Wer keine Immobilie für Werkstatt, Büro und Laden besitzt, mietet eine. Doch manche Klausel im Gewerbe-Mietvertrag erweist sich später als teure Falle. Die wichtigsten Praxistipps für Handwerker.

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    An vielen Stellen lauern im Gewerbemietrecht Fallen, die Unternehmer geschickt umgehen sollten.
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    „Schließen Sie einen Vertrag, den Sie mit einseitiger Option verlängern können.“ Michael Aßmann, Fachanwalt für Mietrecht in Hamburg.
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    Eine Metzgerei braucht Verarbeitungsräume und Laden. Die Miete regelt der perfekte Vertrag.
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    Große Bandbreite: Die Beispiele der Gewerbemietpreise dieser Großstädte zeigen den Spielraum für Gewerbemieten.

Vertragsfallen für Gewerbemieter

Axel Gronert war eigentlich auf der sicheren Seite, als er Anfang 2011 die Metzgerei bezog. Im Wege der Nachfolge übernahm er das eingeführte Geschäft in der Innenstadt von Radeberg bei Dresden samt Personal, Einrichtung und Räumen. 197 Quadratmeter Fläche für die Verarbeitung von Fleisch und Wurst und 25 Quadratmeter Laden hat er für monatlich 440 Euro plus Nebenkosten von seinem Vorgänger gemietet. „Doch dann gab es den ersten Ärger mit den Nebenkosten“, so Fleischermeister Gronert. „Zunächst legte der Vermieter längere Zeit gar keine Abrechnung vor, dann eine mit der gepfefferten Nachzahlung von 2300 Euro.“

Experten für Gewerbe-Mietverträge einschalten

Weil der Vermieter partout nicht vernünftig mit sich reden ließ, schaltete Gronert den Justiziar der Handwerkskammer Dresden, Michael Pieper, ein. Er hatte sich vor der Übernahme auch den Mietvertrag angesehen. Jetzt war er als Diplomat gefragt. „Ein interessanter Fall mit vielen Emotionen “, so Pieper. „Wir konnten zu dritt im Gespräch schließlich alles klären mit dem Ergebnis einer Nachzahlung von nur noch 350 Euro.“

Wie Axel Gronert so sehen sich viele Handwerker in Deutschland mit den Tücken des Gewerbemietrechts konfrontiert. „Da sich die Betriebe meist auf viele Jahre an einen Standort binden, dort ihr Geschäft aufbauen und investieren, ist es so wichtig, möglichst alle potenziellen Streitfälle auszuschließen“, rät Michael Aßmann, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht der Kanzlei rka Rechtsanwälte in Hamburg.

Das beginnt bereits mit der Recherche nach einem geeigneten Objekt. Der Handwerker sucht eine Fläche, die nicht nur vom Marketing her, sondern auch rechtlich und technisch geeignet ist. Während etwa ein Friseur, ein Bäcker oder ein Metzger wie Gronert ohne Schlachtung vor Ort meist im Wohnmischgebiet seinen Betrieb eröffnen kann, muss eine Metallbaufirma, die Kfz-Werkstatt oder die Schreinerei meist ins Gewerbegebiet. „Diese Vorprüfung hat in der Regel schon der Vermieter erledigt, der ja sein Objekt Mietinteressenten bestimmter Branchen anbietet“, so Aßmann. „Im Zweifel sollte sich aber auch der Mietinteressent selbst darüber informieren.

Energetische Sanierung bei Gewerbebau beachten

Auch den aktuellen Punkt der energetischen Sanierung sollte der Mietinteressent mitbeachten. Weil die Bundesregierung hier zunehmend Druck macht, müssen auch Gewerberäume gedämmt und insgesamt energetisch verbessert werden. Handwerker sollten das beim Gespräch mit einem potenziellen Vermieter ansprechen.

Hat der Handwerker sein Objekt gefunden und ist sich mit dem Vermieter grundsätzlich einig, bekommt er meist von ihm den Gewerbemietvertrag. Ganz wichtig: Dieser muss schriftlich mit allen Anlagen wie der zu den Betriebskosten abgefasst und verbunden sein. Hintergrund: Verträge können entgegen landläufiger Auffassung zwar mündlich geschlossen werden. Doch bei mehr als einem Jahr Mietdauer, wie sie im Gewerbebereich in der Regel üblich ist, schreibt das Gesetz die Schriftform zwingend vor.

Fehlt die Schriftform, werden viele Mietverhältnisse oft nach Jahren nur deshalb torpediert, wenn es einer Partei hilft. Zum Beispiel wenn der Vermieter sein Objekt verkauft: Hier muss der neue Eigentümer den Mietvertrag mit dem Handwerksbetrieb nach dem rechtlichen Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ übernehmen. Um das zu umgehen, forschen einige nach der Schriftform des Vertrags. Liegt sie nicht vor, kann der neue Eigentümer dem Mieter gleich nach dem Kauf kündigen. Alle Investitionen sind auf einen Schlag vergeblich - der Betrieb muss andernorts neu anfangen. Michael Pieper von der Handwerkskammer Dresden hat gerade solch einen Fall zur Prüfung als handwerk magazin bei ihm anruft. Der Käufer des Objekts forschte nach der Schriftform, um den Mieter loszuwerden.

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Konkurrenzschutz mit Vermieter vereinbaren

Ein weiterer wichtiger Punkt kann der Konkurrenzschutz sein. Ob er notwendig ist, hängt vom konkreten Fall ab. „Wenn ich einen Fertigungsbetrieb habe, der alleiniger Nutzer des Grundstücks ist, besteht kein Grund dafür“, so Michael Aßmann. „Anders ist es jedoch etwa im klassischen Gewerbehof mit 20 anderen Kleingewerbeflächen, bei denen der Vermieter oft das Interesse hat, aus einer Branche gleich mehrere Firmen als Mieter zu gewinnen.“ Droht diese Gefahr, sollte der Mieter darauf drängen, dass ihn der Gewerbemietvertrag vor Konkurrenz schützt.“

Allerdings gelingt das nicht immer. Hörgeräte-akustikermeister Gordon Kaffenberger und Ilka Bendhacke mit ihrem Handwerksbetrieb B + K Hörkonzepte in Berlin sprachen mit ihrem Vermieter darüber. „Wir planten für 30000 Euro feste Einbauten wie Hörkabinen und wollten die Konkurrenzschutzklausel - doch der Vermieter lehnte ab“, so Kaffenberger. „Ohne eine solche Klausel gilt lediglich ein Basisschutz“, erklärt Rechtsanwalt Frank Schuppenhausen von der Kanzlei Szary, Breuer, Westerrath & Partner in Neuss. „Der Vermieter darf im selben Objekt keinen Mieter mit demselben Grundsortiment aufnehmen. Die Klausel jedoch schützt das ganze Sortiment und eine künftige Ausweitung des Angebots - das sichert die Freiheit zur Entwicklung des Unternehmens.“

Keinen Konkurrenzschutz gibt es freilich für benachbarte Grundstücke anderer Eigentümer.

Hier muss sich der Handwerker immer selbst informieren und sollte mit einer flexiblen Laufzeit des Gewerbemietvertrags zügig reagieren können. Schließt etwa ein Bäcker zunächst in Alleinlage einen zehnjährigen Mietvertrag und entsteht zwei Jahre später in der Nachbarschaft ein Supermarkt mit Backshop, brechen seine Umsätze ein. Dennoch muss er bis zum Ablauf weiter Miete zahlen, wenn der Vermieter nicht einlenkt.

Daher besser zunächst eine kurze Laufzeit von ein, zwei Jahren mit einer sogenannten einseitigen Verlängerungsoption vereinbaren. Was das ist, erklärt Experte Aßmann: „Im Vertrag steht etwa, dass der Mieter neun Monate vor Ablauf der ersten zwei Jahre den Vertrag um weitere zwei Jahre verlängern darf, der Vermieter ist daran gebunden“. So haben der Handwerksbetrieb und der Vermieter Planungssicherheit.

Mieterhöhung einkalkulieren

Die Miete darf der Vermieter in diesem Zusammenhang nicht erhöhen. Viele Verträge enthalten jedoch Wertsicherungsklauseln. „Vermieter werben anfangs oft mit einer niedrigen Miete und holen sich später den Inflationsausgleich plus Mieterhöhung wieder herein“, weiß Aßmann. Am einfachsten geht das etwa mit einer jährlichen, kleinen Mieterhöhung je Quadratmeter, damit kann der Mieter kalkulieren.

Neben der Miete sind die Betriebskosten wichtiger Faktor im Gewerbemietvertrag. Strom, Gas, Heizung, Wasser und alle anderen Ausgaben, die zunächst beim Eigentümer anfallen, kann er abwälzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind - anders als bei Mietwohnungen - auch Verwalterkosten umlagefähig.

Einen Streit über die Betriebskosten gewinnen oft die Mieter. Kündigen darf der Vermieter nicht. Er ist an die vereinbarte Vertragslaufzeit gebunden. Die ordentliche Kündigung durch den Vermieter ist dann ausgeschlossen.

Der Vermieter darf jedoch aus wichtigem Grund kündigen. Hauptfall: Der Handwerksbetrieb ist in Zahlungsschwierigkeiten, mindestens zwei Mieten bleiben aus. Der Vermieter darf wegen Verzuges kündigen. „In dieser Situation ist es wichtig, miteinander zu reden“, rät Michael Aßmann. Am besten gleich mit einem Berater, der dem Vermieter klar macht, dass der Mietausfall bei Insolvenz groß ist und der versucht eine Lösung zu finden - etwa die Miete zu stunden.

Ob Beratung im Vorfeld, beim Vertrag, bei Betriebskosten oder in der Krise - Handwerksunternehmer sollten im Gewerbemietrecht Hilfe in Anspruch nehmen. Bei der Handwerkskammer oder der Kreishandwerkerschaft ist sie vom Mitgliedsbeitrag abgedeckt und damit kostenlos. Beim Anwalt vereinbaren Handwerker am besten ein Zeithonorar. Das kann zwar bei renommierten Fachanwälten 250 Euro und mehr je Stunde betragen. Doch in zwei bis drei Stunden kann der Experte beraten und den Vertrag durchsehen.

Fleischermeister Axel Gronert hält sich weiter an Michael Pieper. „Eine bessere Hilfe als seine kann man nicht finden, und da er das Handwerk bestens kennt, berät er uns optimal.“