Mehr Rechte für die Kunden

Lebensversicherung | Ab 1. Januar stärkt der Gesetzgeber Versicherungsnehmern den Rücken. Besonders Kunden von Lebensversicherungs- und Rentenpolicen sollen davon profitieren.

Mehr Rechte für die Kunden

Verbraucherschützer jubeln. Als notwendige und längst überfällige Reform bezeichnen sie die Änderungen im Versicherungsvertragsrecht. Nach knapp 100 Jahren wurden jetzt Vorgaben der Europäischen Union in deutsches Recht umgesetzt. Von den Änderungen werden ab dem 1. Januar 2008 in erster Linie die Versicherten profitieren. Insbesondere Kunden, die eine Lebens- oder Rentenversicherung ihr eigen nennen, haben dann im Streit mit der Versicherung bessere Karten.

Kritikpunkte bleiben

„Endlich wird das alte Versicherungsrecht verbrauchergerechter“, kommentiert etwa Lilo Blunck, Geschäftsführerin des Bundes der Versicherten (BdV), die Änderungen. Allerdings zeigt die Verbraucherschützerin auch Kritikpunkte auf: Der Gesetzgeber drücke sich in dem neuen Gesetz wieder um seine Verpflichtung, Vergleichbarkeit zwischen Versicherungen und anderen Anlageformen zur Altersvorsorge zu schaffen. „Nicht einmal innerhalb der kapitalbildenden und fondsgebundenen Lebensversicherungen, geschweige denn mit anderen Anlageformen sind Vergleiche möglich“, erklärt BdV-Chefin Blunck. Trotz diesen berechtigten Beanstandungen hat der Gesetzgeber aber die Rechte der Versicherungskunden mit den neuen Regelungen für die Versicherungswirtschaft gestärkt.

Wichtige Änderungen betreffen zum Beispiel die Überschussbeteiligungen und den Rückkaufwert der Policen. Das heißt, dass Kunden aller Voraussicht nach in Zukunft höhere Erträge aus ihren Renten- und Lebensversicherungen erzielen können. Denn die Gesellschaften müssen ihre Versicherten künftig an den stillen Reserven beteiligen.

Wie viel Rendite zum Beispiel eine Kapitallebensversicherung abwirft, lässt sich auf die Überschussbeteiligungen zurückführen. Sie können jährlich schwanken und sind letztlich davon abhängig, wie gut oder schlecht die Versicherung die Gelder ihrer Kunden am Kapitalmarkt investiert hat.

Ab 2008 müssen die Gesellschaften ihre Versicherungsnehmer auch an den so genannten nicht realisierten Gewinnen, den stillen Reserven, beteiligen. Bisher war das nicht der Fall – und soll sich nicht nur für Neuverträge, sondern auch für bestehende Policen ändern.

Umgesetzt hat der Gesetzgeber damit eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts (BVG) zur Überschussbeteiligung vom 26. Juli 2005. Die Richter hatten bereits vor zwei Jahren die Nicht-Berücksichtigung der stillen Reserven moniert und dringend Nachbesserung angemahnt.

Auch Kunden, die ihre Lebensversicherung zu früh kündigen, müssen das nicht mehr so teuer bezahlen wie bisher. Sie sollen, auch wenn sie bereits zwei oder drei Jahre nach Vertragsschluss wieder kündigen, deutlich besser gestellt werden. Die Aussteiger sollen künftig zumindest einen Teil ihrer eingezahlten Beiträge zurück-erhalten. Bisher konnten die Gesellschaften ihre Abschlusskosten mit den Einzahlungen in den ersten zwei Jahren der Vertragslaufzeit voll verrechnen. Die Folge:Kunden, die ihre Police nach zwei Jahren auflöstern, gingen dann fast immer leer aus. Des Weiteren müssen Versicherungen ab nächstem Jahr ihre Abschluss- und Vertriebskosten offen darlegen und erklären.

Dokumentation ist Pflicht

Allgemein gilt, dass Interessenten und Versicherungsnehmer besser von den Gesellschaften informiert und aufgeklärt werden müssen. So haben Versicherungsvermittler eine sogenannte „Informationspflicht gegenüber dem Kunden“. Zum Beispiel sind Vermittler ab 2008 verpflichtet, dem Interessenten eine „hinreichende Anzahl“ von Renten- oder Lebensversicherungsprodukten verschiedener Gesellschaften vorzustellen und anzubieten. Vermarktet der Vermittler aber ausschließlich die Angebote von nur einer Versicherung, ist er verpflichtet, den Kunden darüber schriftlich zu informieren.

Außerdem müssen Versicherungsvermittler ab 2008 eine Dokumentationspflicht einhalten: Beratungsgespräche müssen protokolliert und dem Kunden eine Kopie der Aufzeichnungen ausgehändigt werden. Bisher lag die Beweislast für mangelhafte oder falsche Beratung beim Kunden. Ohne Zeugen und ohne Protokoll hatte man bis dato schlechte Karten, dem Versicherungsvermittler Fehler nachzuweisen.

Als nicht akzeptabel sieht der Bund der Versicherten allerdings die Tatsache an, dass das Gesetz weiterhin den Verzicht auf Beratung durch den Verbraucher gestattet. „Die Unterlagen sind für den Kunden ein wertvoller Beweis zur Durchsetzung seiner Interessen“, warnt der BdV. Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz fürchtet, dass etliche Versicherer künftig sogar versuchen werden das lästige Protokoll zu vermeiden, indem sie den Kunden einen „Beratungsverzicht“ unterschreiben lassen. Der Verbraucherorganisation liegen bereits Formulare eines großen deutschen Versicherers vor, in denen der Kunde nur noch ein Kreuz an der richtigen Stelle machen muss, und schon hat er auf sein Beratungsrecht verzichtet. Das eigentlich vorgeschriebene Beratungsprotokoll entfällt in diesem Fall. Gewinner ist dann der Vermittler und sein Auftraggeber, das Versicherungsunternehmen.

Wer eine spezielle Versicherung braucht und abschließen will, sollte unbedingt auf einem Beratungsgespräch und einer korrekten Protokollierung bestehen, so der dringende Rat von Michael Wortberg, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. „Gerade im Bereich der privaten Altersvorsorge werden immer wieder unsinnige und unflexible Kapitalversicherungen verkauft. Auch wenn der Kunde als ein wichtiges Anlageziel Flexibilität nennt“, erklärt Wortberg. Wenn der Kunde das erst nach Jahren bemerke, aber ein Protokoll in seinen Unterlagen habe, in dem Flexibilität als wichtiges Kriterium aufgenommen worden sei, habe er gute Chancen auf eine Rückabwicklung ohne Verlust. „In besonders krassen Fällen kann sogar ein Schadenersatzanspruch entstehen“, erklärt der Versicherungsexperte.

cornelia.hefer@handwerk-magazin.de