Markttrends: Handwerk als Stütze der Gesellschaft

Was wäre Deutschland ohne das Handwerk? Es gäbe eine Million weniger Betriebe, 500 Milliarden Euro weniger Umsatz und über eine Million weniger Beschäftigte. Eine Bestandsaufnahme.

Viele Jugendliche sehen ihre Jobchancen derzeit eher nicht im Handwerksbetrieb. - © monkeybusinessimages/iStockphoto

Wie alle Wirtschaftsbereiche bleibt auch das Handwerk von Veränderungen nicht verschont. Da sind die konjunkturellen und technischen Herausforderungen ebenso zu meistern wie die gesetzlichen Veränderungen. Dazu zählt nicht zuletzt die Novelle der Handwerksordnung von 2004, mit der für einige Handwerksberufe die Meisterpflicht entfiel. Die Folge: Zahlreiche, leider nicht nachhaltige Unternehmensgründungen, Zunahme der Solo-Unternehmer und Rückgang der durchschnittlichen Beschäftigtenzahl.

Auch die demografische Entwicklung lässt die Beschäftigtenzahl im Handwerk sinken und gleichzeitig die Nachwuchs- und damit Fachkräfteprobleme steigen. Weniger Schulabgänger und mehr Studierende bedeuten auch weniger Jugendliche mit einer beruflichen Ausbildung. Die Handwerksbranchen und die Regionen sind unterschiedlich betroffen – dennoch gilt: lec-kere Brot-, Wurst- und Fleischwaren möchten die Verbraucher gerne kaufen, doch für die Herstellung können immer weniger Fachkräfte gewonnen werden. Die Folgen sind Lehrlings- und Fachkräftemangel und damit auch – zeitlich versetzt – Mangel an Unternehmernachwuchs. Im Handwerk stehen in den nächsten Jahren über 200 000 Betriebe zur altersbedingten Übergabe an – und die Interessenten sind rar.

Der Bausektor ist die tragende Säule des Handwerks. Im Bauhaupt- und ­Ausbaugewerbe sind die Auftragsbücher voll, über 300 000 Betriebe beschäftigen fast zwei Millionen Personen. Hier hat die Handwerksnovelle viel verändert. In einigen Bereichen brauchen Gründer keinen Meisterbrief mehr (z.B.: Fliesenleger), hier stiegen die Neugründungen am stärksten.

Insgesamt ging die Zahl der im Handwerk Beschäftigten zurück – auch im Baugewerbe – obwohl die Betriebe dringend Nachwuchs suchen und viele Lehrstellen unbesetzt bleiben. Zurzeit gibt es mehr offene Lehrstellen als unversorgte Jugendliche. Die Zahlen zeigen aber nicht, dass viele Jugendliche ihre Chance nicht im Handwerk sehen, sondern auf die Erfüllung ihres Traumes warten, ohne genau zu wissen, ob das für sie der richtige Weg ist. Hier fehlt es nicht nur am Wissen über die Berufsmöglichkeiten, sondern auch an realistischen Vorstellungen über die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen. Nachhaltige Berufsorientierung und individuelle Potenzialanalyse würden einige Fehlstarts vermeiden und den Weg in ein zufriedenstellendes Berufsleben öffnen – zum eigenen Wohl und zum Vorteil für Wirtschaft und Gesellschaft.