,Made in Germany‘ in Gefahr?

Zertifizierungen Die EU-Kommission will den Herkunftsnachweis für Produkte neu regeln. Für Handwerker könnte das bedeuten: Das Gütesiegel ,Made in Germany‘ wäre nur noch eingeschränkt verwendbar.

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    Manfred Kögl (re.) und Firmengründer Adolf Kögl haben jetzt ein TÜV-Zertifikat für ihr ,Made in Germany‘.
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    „Gesellen- und Meisterbrief waren Grundstein für ,Made in Germany‘“.Otto Kentzler, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.
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    © Chart: handwerk magazin
    ,Made in Germany‘ ist nach wie vor ein Exportschlager.

,Made in Germany‘ in Gefahr?

Regalböden, Ablagewannen, Zurrsysteme, Dachträger und vieles mehr: Die Kögl GmbH in Bubenheim bei Günzburg fertigt Fahrzeugeinrichtungen im System und als individuelle Lösungen. Rund 60 Prozent der Auftraggeber kommen aus dem Ausland. Das Gütesiegel „Made in Germany“ hat dort nach wie vor einen sehr guten Klang. „Insbesondere unsere Kunden in Osteuropa legen großen Wert auf diesen Nachweis“, berichtet Geschäftsführer Manfred Kögl. Deswegen ließ sich der Handwerksmeister seine gesamte Produktpalette vom TÜV Nord zertifizieren. Er hat somit schriftlich, dass seine Produkte eine inländische Wertschöpfungstiefe von mindestens 50 Prozent aufweisen. „Wir übertreffen diese Marke sogar deutlich“, erklärt Kögl.

Mit seinem TÜV-Zertifikat befindet sich Kögl auf der sicheren Seite - auch gegenüber eventuellen künftigen Vorschriften aus Brüssel. Denn in der EU-Kommission, unter Federführung des litauischen Kommissars Algirdas Semeta, wird darüber nachgedacht, neue Vorschriften für den Herkunftsnachweis von Produkten aufzustellen. Intern wird diskutiert, eine Wertschöpfungstiefe von mindestens 45 Prozent vorzuschreiben. Das heißt: Einzelteile eines Produktes könnten zwar zum Beispiel in China produziert sein, die Wertschöpfung insgesamt aber müsste zu wenigstens 45 Prozent im Herkunftsland des Herstellers erfolgen. Nur dann darf in diesem Fall das Gütezeichen „Made in …“ genutzt werden.

Der Plan stößt bei der deutschen Wirtschaft auf wenig Gegenliebe. „Ich warne ausdrücklich vor einem solchen Schritt“, sagt zum Beispiel Hans Heinrich Driftmann, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). Er sieht „große Schäden und mehr Bürokratie“ auf die deutschen Unternehmen zukommen, wenn sie das „Made in Germany“-Label nur noch unter derartigen Bedingungen verwenden dürften.

Noch kein Verordnungsentwurf

Die EU-Kommission versucht jetzt, die Gemüter zu beruhigen. In einer offiziellen Erklärung wird versichert, dass zwar einheitliche Regelungen für die Herkunftsbezeichnung angestrebt werden, diese aber nur für Produkte gelten sollen, die in die 27 Staaten der Europäischen Union eingeführt werden. Ein Verordnungsentwurf liegt allerdings noch nicht auf dem Tisch. Daniel Caspary, Abgeordneter im Europäischen Parlament für die CDU, versucht Licht ins Dunkel zu bringen: Er hat eine offizielle Aussprache mit den zuständigen EU-Kommissaren beantragt (siehe Interview).

Handwerksunternehmer Manfred Kögl kann dem gelassen entgegensehen. Seine vor kurzem erfolgte TÜV-Zertifizierung setzt er momentan in Marketing-Maßnahmen um: Sein offizielles „Made in Germany“-Siegel wird auf Produkten und Produktverpackungen, auf der Homepage und auf den Geschäftspapieren platziert, außerdem wird es bei den künftigen Messeauftritten in den Mittelpunkt gestellt. „Ein Gütemerkmal, das im Einzelfall sogar den letzten Ausschlag bei der Auftragsvergabe geben kann“, ist Kögl überzeugt.

Rechtlich nicht notwendig

Dabei wirkt die TÜV-Zertifizierung vertrauensbildend, ist aber rechtlich nicht notwendig. Im Prinzip kann momentan noch jeder deutsche Unternehmer seinen Produkten das „Made in Germany“-Label anheften, ohne dafür irgendwelche Prüfungen durchlaufen zu müssen. Allerdings sollte er dabei die rechtlichen Vorschriften nicht links liegenlassen (siehe Kasten Seite 21).

Im Handwerk ist das „Made in Germany“-Logo für Betriebe mit hoher Exportquote wichtig. „Die Kennzeichnung schafft bei Kunden Vertrauen das gilt für unsere Branche zum Beispiel bei Photovoltaikmodulen, wo wir in der Regel empfehlen, das Siegel einzusetzen“, erklärt Ingolf Jakobi, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke.

Gleiches gilt für das Metallhandwerk. Nach Erkenntnissen von Karlheinz Efkemann vom Bundesverband Metallhandwerk liefern rund fünf Prozent der Metallhandwerksbetriebe direkt ins Ausland - da sei das Siegel von hohem Wert.

Hohe Qualität versprechen

Einer dieser Exporteure ist Klaus Durwen. Er stellt in seiner Durwen Maschinenbau GmbH in Plaidt spezielle Anbaugeräte für Gabelstapler her. Rund ein Viertel seiner Produkte geht ins Ausland. Das „Made in Germany“-Logo verwendet Durwen seit zwei Jahren. „Ein wichtiger unter mehreren Bausteinen, um hohe Produktqualität zu kommunizieren und um das Kundenvertrauen zu stärken“, urteilt der Firmenchef. Gegen eine Vorschrift, mit der die Verwendung des Siegels an klare Voraussetzungen geknüpft wird, hätte er nichts einzuwenden. Durwen: „Die Vorgabe eines bestimmten Anteils an inländischer Wertschöpfung wäre vernünftig, das würde eine missbräuchliche Verwendung des Siegels verhindern.“

Für Handwerkspräsident Otto Kentzler ist Garant für den Ruf des Siegels die gute berufliche Bildung in Deutschland: „Nur mit jungen Menschen, die erfolgreich das duale System durchlaufen haben, können wir das Gütesiegel halten.“ Zumal es nicht nur um Produkte, sondern um im Ausland erbrachte Bau- und Dienstleistungen gehe.

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de

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Eine Checkliste, was bei „Made in Germany“ zubeachten ist, finden Sie unter:
handwerk-magazin.de/04_2012

Made in Germany

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