Lücke bei Flottentarifen schließen

Fuhrpark Eine neue Fahrervollkasko schützt den Chef und seine Mitarbeiter vor einer Falle bei der Flotten-Versicherung: dem selbstverschuldeten Unfall mit Verletzungen. Was Sie über den neuen Baustein wissen sollten.

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    Gebäudereiniger Markus Wasserle prüft für seinen Fuhrpark die neue Fahrer-Schutz-Versicherung.
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    „Weniger Schäden bedeuten für den Betrieb weniger Selbstbeteiligung und Kosten.“Carlos Reiss, Geschäftsführer bei Hoesch+Partner in Frankfurt.
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    Gebäudereiniger Markus Wasserle sucht einen Anbieter, der Fuhrpark und Fahrer absichert.
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    Der häufigste Schaden in der Kfz-Versicherung ist Glasbruch.

Lücke bei Flottentarifen schließen

Einen Unfall mit schweren Verletzungen selbst zu verursachen, das kann jedem Handwerker auf seinen Fahrten täglich passieren. Was viele nicht wissen: Es gibt keine Versicherung, die direkt für den selbstverschuldeten Schaden zahlt. Diese gefährliche Lücke schließt jetzt eine neue Fahrer-Schutz-Versicherung (FSV), die verschiedene Gesellschaften als zusätzlichen Baustein für die gewerblichen Fuhrparkpolicen oder Flottenversicherungen anbieten. Experten wie der Jurist Christoph Heinrichs aus Leer bezeichnen den neuen Fahrer-Schutz sogar als wichtige „Vollkasko für den Fahrer“.

Für Markus Wasserle aus Windach war das Fahrer-Restrisiko bisher unbekannt. Der Chef eines Gebäudereinigerbetriebs will sich daher diesen Baustein für seine Fuhrpark-Police genauer ansehen. Was nicht ganz einfach ist. Selbst Versicherungsvermittler müssen hier erst bei den Gesellschaften Informationen einholen. „Mein Makler hat mit bestätigt, dass das Produkt noch relativ neu ist“, sagt Wasserle. Der Handwerker soll das angefragte Produkt aber schon bald für alle Fahrzeuge bekommen, so die Maklerfirma New Ara Solutions GmbH. Die Fuhrparkversicherung von Wasserle bietet den neuen Baustein aber noch nicht an. „Dann muss ich eben die Gesellschaft wechseln“, so der Unternehmer.

Wichtiger Baustein der Kfz-Police

Eine Fahrer-Schutz-Versicherung haben laut dem Rückversicherer Gen Re aus Köln schon über 30 Assekuranzen im Portfolio, aber das Produkt gibt es nicht solo, sondern es wird nur mit der Kfz-Haftpflicht verkauft. Der Baustein ist für einen Handwerksbetrieb, für den Chef und seine Mitarbeiter, die viel im Auto unterwegs sind, durchaus sinnvoll. Jurist Heinrichs bezeichnet den zusätzlichen Schutz für Handwerker sogar als „unverzichtbare Absicherung“.

Unternehmer, die dieser Aussage zustimmen und wie Wasserle den Baustein in ihren Flottentarif integrieren wollen, sollten ihre Fuhrparkversicherung prüfen und bei ihrer Gesellschaft nachfragen, ob sie den Fahrer-Schutz als Ergänzung bereits anbietet. Hat der Versicherer kein Angebot für den Fahrer-Schutz, müsste der Unternehmer umsteigen und seine Gesellschaft wechseln. Die gewerbliche Fuhrparkpolice können Handwerksbetriebe nach jedem Schadenfall oder wenn ein Fahrzeug verkauft und ein neues angeschafft wird, kündigen. Andernfalls bleibt nur der reguläre Kündigungstermin zum 30. November (siehe Checkliste rechts).

Als Baustein für die Flotte abschließen

Bei den Konditionen müssen Handwerker genau hinsehen (siehe Tabelle Seite 65). Der Fahrerschutz sollte auf jeden Fall grob fahrlässig verursachte Unfälle abdecken, wobei Schäden unter Alkohl- und Drogeneinfluss aber immer ausgeschlossen sind. Außerdem sollte er als Baustein einer gewerblichen Fuhrparkpolice angeboten werden, nicht nur in der privaten Kfz-Haftpflicht. Damit fällt für Handwerksbetriebe beispielsweise die LVM-Versicherung durch. Die Gesellschaft sichert nur Fahrzeuge mit Fahrerschutz ab, die nicht in einem Flottentarif gelistet werden.

Wie wichtig die zusätzliche Absicherung für den Fahrer sein kann, hat Versicherungsexperte Martin Peiffer berechnet. Auch nachdem die Sozialversicherung gezahlt hat, kommt er in seiner Modellrechnung für einen Schwerverletzten, der nicht mehr arbeiten kann, bis ans Lebensende auf eine Summe von über zwei Millionen Euro.

Die Fahrer-Schutz-Versicherung schließt diese Lücke: Sie zahlt Verdienstausfall und Rente des verletzten Fahrers, den behindertengerechten Umbau des Hauses, Pflegekosten und Schmerzensgeld. Der Versicherungsschutz kostet dafür zwischen 25 und 60 Euro pro Jahr und Fahrzeug.

Der Policenbaustein darf aber nicht mit der klassischen Unfallversicherung verwechselt werden, die nur bei lebenslanger Invalidität einen Teil aus der vereinbarten Versicherungssumme zahlt.

Doch es gibt auch bei der Fahrer-Schutz-Versicherung Ausnahmen, sie zahlt nicht immer. Das gilt zum Beispiel, wenn eine Straftat vorliegt. „Wird ein Mensch verletzt oder getötet, so ist das fahrlässige Körperverletzung oder fahrlässige Tötung und das gilt als Straftat“, erklärt Michael Bücken, Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Köln. Tempo- oder Rotlichtverstöße seien dagegen bloße Ordnungswidrigkeiten, wenn sie nur einen Unfall mit Sachschäden verursachen, so Bücken.

Mit Augenmaß erweitern

Handwerker können zuerst verschiedene Angebote bei den Versicherungen einholen und ihre Fuhrparkpolice dann mit Augenmaß erweitern. „Wichtig sind immer der Preis und die Leistung für das gesamte Versicherungspaket“, sagt Versicherungsmakler Ralph Moser.

Bei der Flottenversicherung gilt: Alle Fahrzeuge kommen in einen Topf, und für jedes Fahrzeug gibt es eine Stückprämie. Wer mit seinem Fuhrpark günstig durch das Jahr kommen möchte, sollte als Unternehmer auf seine Schadenquote achten. Hier gelten 85 Prozent bei den Gesellschaften noch als „gut“, 70 Prozent sind dagegen schlecht. Beispiel: Bei 10000 Euro Jahresprämie kann man sich mit seinen gewerblichen Fahrzeugen also Schäden in Höhe von rund 8500 Euro leisten (siehe dazu Tabelle rechts).

Kleinschäden - auch wenn sie über der Selbstbeteiligung liegen - sollten Unternehmer öfter mal aus eigener Tasche zahlen. Bei der richtigen Einschätzung, wann das sinnvoll ist, hilft dem Handwerksbetrieb der Versicherungsmakler.

Chef als Unfallmanager

Flottenversicherung und Schadenverhütung gehören für Unternehmer daher untrennbar zusammen. Das ist für den Betrieb aufwändig, lohnt sich aber. „Weniger Schäden bedeuten für einen Handwerksbetrieb automatisch weniger Selbstbeteiligung und geringere Kosten“, betont auchCarlos Reiss, Geschäftsführer vom Versicherungsmakler Hoesch & Partner aus Frankfurt.

Zuckerbrot und Peitsche können Mitarbeiter zu einer vorsichtigen Fahrweise mit den Firmenwagen bringen. Wer einen Unfall baut, bekommt Minuspunkte. Ab einem bestimmten Stand ist dann das Weihnachtsgeld gestrichen. Eine solche Regelung sollten Unternehmer allerdings gleich im Arbeitsvertrag festlegen. „60 Prozent aller Schäden können verhindert werden“, glaubt Klaus-Jürgen Hohmann, Inhaber der Hohmann Consulting aus Hilders bei Fulda. „Das funktioniert natürlich nur, wenn das Unternehmen auch bereit ist, mit Geld und vor allem mit Zeit in Vorleistung zu gehen“, so Hohmann.

Neben Schulungen für das Personal und Motivationshilfen, wie einen Bonus für Unfallfreiheit, gibt es viele technische Hilfsmittel von Einparkwarnen über die intelligente Bremse und den Fahrtenschreiber bis hin zur Rückfahrkamera, die im Fahrzeug zur Schadenverhütung eingesetzt werden kann.

Hier kommt die Fahrer-Schutz-Versicherung wieder zur Geltung. Auch mit diesem Baustein gilt: Vorsichtig fahren und immer den Gurt anlegen. Denn wer seine Verletzungen ohne Gurt weitgehend selbst verschuldet, geht auch bei der Fahrer-Schutz-Absicherung leer aus.

cornelia.hefer@handwerk-magazin.de

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Eine ausführliche Checkliste zur Flotten- oder Fuhrparkversicherung finden Sie unter
handwerk-magazin.de/04_2012

Checkliste Flottenpolice

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