Lohnsteuerprüfung: Betriebe unter strenger Kontrolle

Unternehmen werden in puncto Lohnsteuer lückenlos vom Fiskus geprüft. Jetzt können die Finanzbeamten sogar unangemeldet einen Besuch abstatten. Büroleiterin Elisabeth Renner hat Ihre Buchhaltung fest im Griff und gibt Tipps, wie sich Firmenchefs vorbereiten.

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    Elisabeth Renner, Büroleiterin im Münchner Baubetrieb, hat ihre Lohnbuchhaltung erfolgreich ausgelagert.
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    „Ein kleiner Fehler in der Lohnbuchhaltung kann gravierende Folgen haben und ­teuer werden.“ Thilo Söhngen, ­Steuerberater in Wetter.
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    Finanzminister Wolfgang Schäuble: Seine Beamten prüfen auch, ob der Betrieb Schwarzarbeit leistet.
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    Jedes Jahr sind mehr als 13 000 Betriebsprüfer im Einsatz und nehmen Handwerksunternehmen akribisch unter die Lupe.

Betriebe unter strenger Kontrolle

Elisabeth Renner hat ihre letzte Lohnsteuerprüfung in guter Erinnerung. Der Finanzbeamte hatte nichts zu beanstanden. Das kommt nicht von ungefähr: „Um Fehler aus zuschließen, haben wir die Lohnbuchhaltung für unsere 94 Mitarbeiter an das Baurechenzentrum in Nürnberg ausgelagert“, erklärt die Büroleiterin der Bauunternehmung Michael Renner GmbH in München. Der Prüfer des Finanzamtes musste nur noch die Jahres-CDs einlegen und automatisch das Prüfprogramm durchlaufen lassen. Dennoch zeigt sich die Firmenchefin skeptisch. Denn mit der elektronischen Lohnsteuerkarte hat sie bereits schlechte Erfahrungen gemacht. Ein Mitarbeiter meldete dem Finanzamt, dass er geheiratet hatte. „Die Behörde änderte die Steuerklasse nicht. Die Folge war, dass er zwei Monate 330 Euro zu wenig ausgezahlt bekam“, so Renner. Auf die Daten der E-Lohnsteuerkarte haben Unternehmen keinen direkten Zugriff. Ein Vorfall, der viel Stress und Ärger auslöste.

Besuch vom Zoll

Noch schlimmer kam es für die Firma vor mehreren Monaten. An einem sonnigen Morgen standen plötzlich Beamte des Zolls vor der Tür und durchsuchten den Betrieb wie auch die private Wohnung der Handwerksunternehmer. Die Bauunternehmung hatte zwei Jahre lang mit einem kroatischen Subunternehmer zusammengearbeitet, der Unbedenklichkeitsbescheinigungen gefälscht hatte.

Das wollen die Firmenchefs nicht noch einmal erleben: „Wenn in solchen Fällen künftig auch noch das Finanzamt vor der Tür steht, obwohl wir alles richtig abgerechnet haben, ist das eine enorme Belastung“, so die Unternehmerin. Hintergrund ihrer Befürchtung: Mit dem kürzlich verkündeten Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz wurde die sogenannte Lohnsteuer-Nachschau eingeführt. Der Zoll darf jetzt bei Verdacht auf Schwarzarbeit gleich Beamte des Finanzamtes mit einschalten, die alle Lohnsteuerunterlagen plötzlich und unerwartet durchforsten. Der Unternehmer ist in diesen Fällen sogar zur Mithilfe verpflichtet.

Übergang zur Betriebsprüfung

An eine solche Nachschau kann sich im Ex-tremfall nahtlos eine Lohnsteuer-Außen- sowie  eine umfassende Betriebsprüfung anschließen. Werden Nachzahlungen fällig, haftet in der Regel der Firmenchef für die Lohnsteuer der Mitarbeiter plus Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Nur selten muss der Arbeitnehmer die Steuer erstatten. „Ein kleiner Fehler in der Lohnbuchhaltung kann schon gravierende Folgen haben und damit teuer werden“, warnt Steuerberater Thilo Söhngen im westfälischen Wetter. Die schwierige Materie sollte Anlass genug für Unternehmer sein, den Ablauf einer sogenannten Lohnsteuer-Außenprüfung und auch einer Nachschau in den Grundzügen zu kennen und zu wissen, worauf das Finanzamt ganz besonders achtet.

„Auf der sicheren Seite sind Firmenchefs, die ihre Lohnbuchhaltung komplett an ihren Steuerberater auslagern“, erklärt Rita Kuhn, Steuerberaterin der Kanzlei Ecovis in Schweinfurt. Der Experte garantiert die professionelle Abrechnung – vorausgesetzt, der Unternehmer liefert ihm alle relevanten Informationen. Kommt dann ein Fehler vor, haftet der Berater. Vorsorge treffen .

Rund 1,2 Millionen Firmenchefs greifen auf das Angebot der Steuerexperten zurück und lassen die Lohnbuchhaltung über die Datev laufen. Mehr als elf Millionen Lohn- und Gehaltsabrechnungen werden jeden Monat meist von Steuerberatern mit der Datev-Software erstellt. Der Service der Experten kostet mindestens zehn Euro pro Mitarbeiter monatlich, in der Spitze sogar mehr als 20 Euro. Wer dagegen mit einem Lohnsteuerprogramm arbeitet, muss selbst Vorsorge treffen. „Selbst ein perfektes Lohnprogramm kann die Sachkenntnis des Experten nicht ersetzen. Das Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht ist sehr kompliziert“, warnt Kuhn. Viele Unternehmer übersehen allerdings einzelne Fallstricke.

Zum Beispiel bei der Spesenabrechnung: Steuerberater Söhngen weiß, wie häufig sich Firmenchefs gegenüber den Mitarbeitern großzügig zeigen und auch einmal mehr als die steuerfreien Pauschalen erstatten. Dies fällt bei der nächsten Lohnsteuerprüfung auf. Das Finanzamt setzt gezielt sein Prüfprogramm ein. „Entscheidend ist es in jedem Fall, sämtliche Belege und Erklärungen zu den Lohnunterlagen zu nehmen sowie die steuerlichen Pauschalen strikt zu beachten“, rät Söhngen.

Zu Nachzahlungen kommt es auch häufig, weil Betriebe die Grenzen für lohnsteuerfreie Extras nicht eingehalten oder Aushilfen und Minijobber falsch abgerechnet haben. Akribisch prüfen die Finanzbeamten auch die Versteuerung der Geschäftswagen nach der Ein-Prozent-Methode. „Das führt immer wieder zu Problemen“, weiß Söhngen. Dann geht es darum, ob der Listenpreis richtig angesetzt ist und ob auch alle Fahrzeuge im Betrieb, die auch privat im Einsatz sind, korrekt mit dem Finanzamt abgerechnet werden (siehe „Darauf achten die Prüfer“, Seite 64). Nachzahlungen wegen fehlerhafter Lohnabrechnungen können sich sehr schnell summieren. Denn bei der Lohnsteueraußenprüfung nehmen sich die Beamten zumeist die gesamte Lohnbuchhaltung über einen Zeitraum von drei Jahren vor.

Die Tücken der Nachschau

Anders bei der neuen Lohnsteuer-Nachschau: Sie beschränkt sich auf Einzelheiten. Das heißt: Die Beamten checken zum Beispiel ab, ob für alle Mitarbeiter eine Lohnsteuerkarte vorliegt oder ob etwa die Aushilfen richtig abgerechnet werden. Die Fiskaldiener wollen sich einen Überblick der Verhältnisse im Unternehmen verschaffen – wie viele Mitarbeiter der Betrieb einsetzt und wie der Geschäftsbetrieb verläuft. Die Prüfer können jederzeit zu den üblichen Geschäftszeiten auflaufen. Sie dürfen allerdings nur in die betrieblichen Räume. Wollen sie die privaten Gemächer betreten, muss der Firmenchef ihrem Vorhaben erst zustimmen – es sei denn, der Prüfer hat einen konkreten Verdacht, dass der Firmenchef dort wichtige Unterlagen aufbewahrt.

Die Lohnsteuer-Nachschau soll verhindern, dass der Unternehmer noch Zeit hat, relevante Unterlagen wegzuschaffen oder die Prüfung vorzubereiten. Auf Verlangen sind die Lohn- und Gehaltsunterlagen, Aufzeichnungen, Bücher oder Geschäftspapiere vorzulegen. Auch kann der Prüfer sich Einblick in die Personalakten oder Vereinbarungen mit den Arbeitnehmern verschaffen. Der Unternehmer darf dies nicht verweigern. Deshalb sollte er im Fall des Falles direkt seinen Steuerberater einschalten. Der Fiskaldiener darf allerdings mit der Arbeit starten, bevor dieser eintrifft.

Lückenlose Prüfung

„Betroffen von einer Lohnsteuer-Nachschau werden vor allem Unternehmen sein, die im Verdacht der Schwarzarbeit stehen“, sagt Söhngen. Grundsätzlich gehen Steuerexperten davon aus, dass dieses für Unternehmer tückische Instrument  ansonsten nur sehr selten vom Fiskus eingesetzt wird. Auf eine Lohnsteuer-Außenprüfung muss sich dagegen jeder Firmenchef einstellen. „Sie findet turnusmäßig alle drei Jahre statt, die Unternehmen werden lückenlos durchgeprüft“, sagt Söhngen.

Daran geht auch für Unternehmerin Elisabeth Renner kein Weg vorbei. Sie blickt dem nächsten Besuch aber gelassen entgegen: „Bis auf Kleinigkeiten haben die Beamten bei uns in allen Jahren nichts gefunden.“