Logistik: Was Lieferdienste leisten

Lieferdienste sind wertvolle Helfer für das Handwerk. In diesem Beitrag lesen Sie, was die Dienstleister bieten. Und in der nächsten Ausgabe kommt eine Marktübersicht mit den Kosten.

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    Kurier-, Express- und Paketdienste, kurz KEP, übernehmen Transporte preiswert.
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    Paketdienste haben in Deutschland den größten Marktanteil.

Wenn auf der Baustelle zwei Säcke Zement fehlen, dringend eine neue Tube Silikon her muss oder die Schleifmaschine auf der letzten Baustelle liegen geblieben ist, hilft Volker Bauer. Der Marketingbetriebswirt ist Geschäftsführer der Firma Vobatec in Recklinghausen und profitiert von Vergesslichkeit, fehlerhafter Planung, unerwarteten Ereignissen und dem Zeitmangel seiner Kunden. „Jedes Mal, wenn ein Mitarbeiter in den Baustoffhandel oder auf eine andere Baustelle fahren muss, dauert das und hält den Betrieb auf. Das kostet Zeit und Geld“, so Bauer. Seine Lösung: Er nimmt Handwerkern die Besorgungsfahrten ab, startet bei Anruf direkt ohne Umwege und so schnell wie möglich.

Volker Bauer ist einer von unzähligen Kurierdiensten in Deutschland – und zugleich ein Exot. Denn einerseits gibt es bundesweit Tausende Kurierdienste, von denen die Mehrheit vor allem in ihrer Region tätig ist. Andererseits gibt es kaum Spezialisten: Die meisten Kuriere arbeiten branchenübergreifend. Zu den kleinen Anbietern gesellen sich noch einmal rund 20 überregional tätige Kurier-, Express- und Paketdienste, kurz KEP, die ihre Reichweite entweder mit einer eigenen Flotte oder mit Subunternehmern realisieren.

Großes Angebot

Für Handwerker bedeutet das: Ob Kurier-, Express oder Paketdienst – die Vielfalt ist riesig, und die Preise sind vergleichsweise niedrig. Gerade für Betriebe in Ballungsräumen lohnt es sich, genau zu überlegen, ob alltägliche Bring- und Abholfahrten nicht auch von Dienstleistern übernommen werden könnten. Ein weiterer Vorteil: Wenn der Kurier fährt, sind die Fliesen, die Leisten, die Maschinen versichert, bis sie beim Handwerker ankommen. Wenn der Betrieb einen Mitarbeiter losschickt und unterwegs geht etwas kaputt, ist die Versicherungsfrage nicht so einfach zu beantworten.

Unterschiedliche Preise

„Handwerker sind für KEP-Anbieter eine enorm wichtige Zielgruppe“, sagt Tino Katzur. Er hat über 20 Jahre Erfahrung mit KEP-Diensten, organisiert Fachmessen und arbeitet eng mit einem der führenden Branchenverbände zusammen. Im ländlichen Raum gibt es längst nicht so viele Dienstleister. Aber in den Ballungsräumen gibt es unzählige Anbieter, die auch überregional tätig sind und ein ausgeprägtes Netzwerk an Partnerunternehmen haben. Bei der Preiskalkulation gilt laut Katzur: „Je schneller der Gegenstand am Zielort sein soll, je weiter das Ziel entfernt ist und je sperriger und schwerer die Fracht ist, desto teurer wird es.“

Volker Bauer bietet seine Spezial-Kurierdienste seit rund einem Jahr an. Sobald ein Anruf bei ihm eingeht, fährt er los, meist zu Baustoff-Großhändlern, und holt dort Mörtel, Holzleisten, Bohrmaschinen. Bauer war lange selbst für Baustoffhändler tätig, er kennt sich aus. „Schwierig wird es manchmal, auf der Baustelle den Richtigen zu finden“, sagt Bauer. Je nach Größe berechnet er pauschal 12,90 Euro, wenn er in Recklinghausen bleibt. Für Fahrten innerhalb Nordrhein-Westfalens verlangt er 34,90 Euro Grundpreis und 0,54 Euro pro gefahrenen Kilometer – damit bewegt er sich preislich im Vergleich zur Konkurrenz im Mittelfeld.

Kurierdienste haben eine lange Tradition. Jahrzehntelang waren sie unersetzlich, doch Ende der 90er-Jahre kämpfte der Markt mit enormen Einbußen: Ein Großteil des Kerngeschäfts wurde digital ersetzt. Inzwischen profitieren die Dienstleister, ebenso wie ihre Kollegen bei Express- und Paketdiensten, von denselben Entwicklungen, die sie ehemals in Bedrängnis gebracht haben: Vor allem durch die wachsende Zahl von Online-Einkäufen präsentieren Branchenverbände Umsatzsteigerungen, von denen andere nur träumen können.

Lieferung am selben Tag

Ein klassischer Bereich, in dem Handwerker auf KEP-Dienste zurückgreifen, ist die Ersatzteillieferung. Kfz-Werkstätten etwa nutzen schon lange Express-Lieferdienste. Die liefern auf Wunsch über Nacht und garantieren die Zustellung bis zu einer bestimmten Uhrzeit. Soll es noch schneller gehen, bieten Dienstleister den „Same Day Service“ an: Die Lieferung erfolgt garantiert noch am selben Tag. „Diese Entwicklung verändert die Branche“, sagt KEP-Experte Katzur. „Mittlerweile haben fast alle großen Anbieter einen Same Day Service im Angebot, zumindest in den größeren Städten.“

Einen ganz anderen Stellenwert haben Lieferdienste für die Handwerker, die einen eigenen Onlineshop betreiben. Die meisten Betriebe nutzen diese Option derzeit noch nicht – und das, obwohl die potenzielle Zielgruppe riesig ist und sich auch für klassische Handwerksbetriebe, etwa Tischlereien, lohnen kann. Der Versand gestaltet sich denkbar einfach: Amazon beispielsweise bietet Onlinehändlern an, sich um Lagerung und Versand zu kümmern. Das funktioniert so: Der Betrieb lagert seine Ware in einem Amazon-Logistikzentrum, Amazon verschickt die Ware nach Bedarf über die eigene Infrastruktur nach ganz Europa. Das System lässt sich mit der betriebseigenen Website verknüpfen, sodass Handwerker sich um andere Geschäftsbereiche kümmern können.

Was die größten KEP-Dienstleister anbieten und wie viel typische Leistungen bei ihnen kosten, lesen Sie in der nächsten Ausgabe.