Lieferantenmanagement: Einkaufen mit klarem Mehrwert

Hinter einem unternehmerisch klugen Einkauf steckt mehr als die Suche nach dem günstigsten Preis. Wer langfristig mit den richtigen Lieferanten zusammenarbeitet, kann oft deutlich sparen.

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    Stefan Schmid kümmert sich bei Habdank Metallbau in Göppingen um günstige Einkaufskonditionen.
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    „Wer beim Einkauf sparen will, muss seine Zulieferer systematisch analysieren.“ Rüdiger Hellig, Professor der Dualen Hochschule Stuttgart.
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    Stefan Schmid deckt über Rahmenverträge 80 Prozent des ­Einkaufsvolumens ab.
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    Der Preis liegt in der Hitliste der im Handwerk als „äußerst wichtig“ eingestuften Kriterien der Lieferantenauswahl erst an fünfter Stelle.

Einkaufen mit klarem Mehrwert

Tausend Tonnen Stahlprofile, 3000 Tonnen Aluminiumprofile und drei Millionen Schrauben verbauten die Mitarbeiter der Göppinger Habdank PV-Montagesysteme GmbH im vergangenen Jahr. Diese Materialien möglichst preiswert zu beschaffen und dafür zu sorgen, dass sie stets in der richtigen Größe, Qualität und Stückzahl am richtigen Ort bereitstehen – das ist der Job von Stefan Schmid. Der 34-Jährige verantwortet den Einkauf bei dem Tochterunternehmen der Firma Habdank Metallbau, einem 1923 gegründeten Familienbetrieb.

Preissprünge bei Rohstoffen

Dessen Inhaber in dritter Generation, Peter und Martin Habdank, waren vor zwölf Jahren mit einem neuentwickelten Montagesystem für Fotovoltaik-Module in den Solarmarkt gestartet. 2008 lagerten die Handwerker das stark wachsende Geschäftsfeld in die Tochterfirma aus, die mit rund 50 Mitarbeitern inzwischen größer als der Stammbetrieb geworden ist. Mit der schnellen Expansion und den schwer berechenbaren Preissprüngen an den Rohstoffmärkten wuchsen zugleich die Anforderungen an den Einkauf. „Anfangs haben die Projektleiter das Material selbst bestellt“, weiß Stefan Schmid. Doch weil die Materialkosten mit bis zu 70 Prozent einen weitaus höheren Anteil an den Gesamtkosten ausmachten als im klassischen Metallbau, entschieden sich die Firmenchefs, Beschaffung und Logistik zu professionalisieren.

Rahmenverträge statt Einzelkauf

Schmid, der diese Aufgabe vor vier Jahren übernahm, bündelte die Sortimente. „Wir haben heute Rahmenverträge mit zehn Herstellern von Stahl- und Aluminiumprofilen“, erklärt der Betriebswirt, „darüber decken wir 80 bis 90 Prozent unseres Materialbedarfs ab.“

Das Lieferantennetzwerk ist gewissermaßen ein Optimum aus Verhandlungsmacht und Kundennähe. So versetzen vergleichsweise hohe Einkaufsvolumina die Schwaben in die Lage, günstige Preise auszuhandeln. Zum anderen seien die Zulieferer räumlich so vert eilt, dass sie „kurze Wege und damit niedrige Logistikkosten“ garantierten, wie Schmid erläutert: „Ein skandinavischer Konzern sichert uns zum Beispiel Lieferzeiten von 12 bis 24 Stunden bis nach Norddeutschland zu, ein österreichischer nach Süddeutschland und Norditalien.“ 90 Prozent der eingekauften Teile werden nach seinen Worten direkt an die Baustellen geliefert.

„Um nicht von einzelnen Herstellern abhängig zu werden, suchen wir für jedes wichtige Bauteil mindestens zwei zuverlässige Partner“, nennt der Einkaufsleiter ein weiteres Prinzip der Beschaffungsstrategie. Ein anderes lautet, dass die Lieferanten alle sechs Monate – so lange laufen in der Regel die Rahmenvereinbarungen – bewertet werden. „Grundlage dafür ist einerseits unser Qualitätsmanagementsystem, in dem Zwischenfälle wie etwa Verzögerungen, Rücksendungen oder Nachbearbeitungen dokumentiert werden“, erläutert Schmid.

Kosten sparen durch die Analyse

„Die Potenziale eines solchen strategischen Einkaufsmanagements werden von kleineren Firmen häufig nicht erkannt“, bedauert Professor Rüdiger Hellig von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Wer seinen Zuliefermarkt systematisch analysiere, statt lediglich Preise zu vergleichen, verschaffe sich mehr als bloß eine bessere Verhandlungsposition gegenüber Herstellern und Händlern. „Auch gegenüber Banken, Investoren und Kooperationspartnern können Firmen so zielgerichteter und selbstbewusster auftreten“, weiß der Berater. „Letztlich geht es darum, den Markt mitzugestalten, statt sich von ihm treiben zu lassen.“

Datenbank der Schornsteinfeger

Dass das selbst Kleinstbetrieben gelingen kann, beweisen Deutschlands Schornsteinfeger. Seit 2011 verfügt das Handwerk über eine zentrale Lieferantendatenbank. Hier können Innungsmitglieder sich über bundesweite wie regionale Anbieter für Branchenbedarf aller Art informieren, deren Leistungen bewerten und auch eigene Zulieferer hinzufügen.

„Mittlerweile sind ungefähr 150 Firmen in der Datenbank verzeichnet, vom Prüfgeräte-Hersteller über Telefonanbieter bis zur Weiterbildungseinrichtung“, resümiert der sächsische Landesinnungsmeister Gunar Thomas, der mit zu den Initiatoren gehört. Das interaktive Verzeichnis, das die Nürnberger HWK Service GmbH programmierte, ist nach seinen Worten ein Ergebnis des Qualitäts- und Umweltmanagement-Systems, das die Branche seit 2001 nahezu geschlossen umsetzt (siehe auch Online-Angebot). „Zu den Vorgaben der DIN ISO 9001 gehört eine Lieferantenanalyse“, erklärt der Schornsteinfegermeister, „die wir mit einem zentralen Werkzeug viel einfacher und effektiver realisieren können, als wenn jeder für sich werkelt.“

Deutlich wurde das zum Beispiel, als der Hersteller einer Branchensoftware sich bei der Umstellung auf das SEPA-System jüngst allzu viel Zeit ließ. „Nachdem mehrere hundert Kollegen das mit einer schlechten Bewertung quittiert hatten, wurde der Anbieter wach“, schmunzelt Thomas.

Partnerschaften auf Augenhöhe – das ist auch bei Habdank ein Ziel des Lieferantenmanagements. „Es geht nicht darum, möglichst oft die Lieferanten zu wechseln, um immer den niedrigsten Preis zu bekommen“, sagt Einkäufer Schmid, „viel mehr nutzen wir die regelmäßigen Bewertungen, um mit unseren Lieferanten gemeinsam besser zu werden.“ Mehrere ­Zulieferer sind dadurch laut Schmid mit den Jahren sogar zu wertvollen strategischen Entwicklungspartnern geworden. „Indem unsere Ingenieure sich zum Beispiel mit den Produktionsverantwortlichen der Hersteller austauschen, können sie oft schon in der Planungsphase, die Herstellungskosten niedrig halten oder Produkte verbessern“, freut sich der Einkaufsprofi, „davon profitieren wir, die Lieferanten und natürlich auch unsere Kunden“.