Lassen Sie Ihr Know-how leben

Eventmarketing | Ihr Handwerk ist für Sie mehr als Routine? Dann teilen Sie Ihre Begeisterung doch mit Ihren Kunden. Ob Expertenevent oder Party: wichtiger als der Anlass sind Kreativität und Spaß.

Lassen Sie Ihr Know-how leben

Ein großes Publikum braucht Martin Irlinger für sein Eventmarketing nicht. Der Schmied macht sein Handwerk im kleinsten Kreis zum Erlebnis. Zu seinen Schmiede-Workshops kommen Menschen aus ganz Deutschland – vom Bauarbeiter über die Lehrerin bis zum Chirurgen. „Viele erfüllen sich einen Kindheitstraum“, verrät der Münchener.

Schon vor Jahren bemerkte er bei Volksfesten, dass sein archaisches Handwerk viele Leute fasziniert. Auf Nachfrage entwickelte Irlinger einen eintägigen Workshop, bei dem Laien die Grundlagen des Schmiedens lernen und am Ende zwei selbst bearbeitete Werkstücke mit nach Hause nehmen können.

Auf einem Volksfest wurden Manager von Mydays, einem Onlinevermarkter für Erlebnisgeschenke, auf den Handwerker aufmerksam. Die Angebote des Internetportals reichen „vom Gleitschirm-Tandemflug über Spritztouren im Formel-Eins-Rennwagen bis hin zum Kosmonautentraining“, wie Geschäftsführer Fabrice Schmidt berichtet, „das Interesse an Erlebnissen, die mit handwerklicher Arbeit zu tun haben, steigt“.

So nutzen viele Brautpaare die von Mydays eröffnete Chance, ihre Eheringe in einer Goldschmiedewerkstatt selbst mitzugestalten. Den Traum, einmal Model zu sein, erfüllen die Erlebnismanager gemeinsam mit professionellen Fotografen und Stylisten. „Und der Wunsch, einmal in die Welt eines Bierbrauers hineinzuschnuppern, ist so verbreitet, dass wir ihn noch längst nicht immer erfüllen können“, gesteht der frühere Bertelsmann-Manager.

Seit Irlinger mit Mydays kooperiert, haben sich die Schmiede-Workshops zu einem eigenen Geschäftsfeld gemausert: An durchschnittlich zwei Tagen im Monat betreut er heute Gäste in seiner Werkstatt. Jeder der zumeist sechs Teilnehmer zahlt für das Erlebnis, mit Feuer, Hammer und Amboss etwas Eigenes zu schaffen, 99 Euro.

„Wo Nutz- und Erlebniswert stimmen, sind die Leute gern bereit, sich finanziell zu beteiligen“, weiß auch Friseurmeister Steffen Wrase aus langjähriger Erfahrung. Ein- bis zweimal pro Jahr ist der Salon „Art of Hair“ in Zirndorf nicht wiederzuerkennen. Wrase und sein Team lassen in ihren Arbeitsräumen dann irgendeinen anderen Ort dieser Welt entstehen, zum Beispiel eine Sushi-Bar oder einen Badestrand, ein Weinlokal oder eine Skihütte. Bis zu 200 Menschen strömen an solchen Abenden in die Kleinstraße 3, um die Lust am Verwandeln zu feiern, miteinander ins Gespräch zu kommen und sich von der Kreativität der Schönheitshandwerker anstecken zu lassen.

Neugier schüren

Schon am Morgen danach ist in dem eleganten Salon nichts mehr von der Beachparty, von der „blinden Weinverkostung“ oder dem Hüttenabend der vergegangenen Nacht zu sehen. „Wir wollen unseren Gästen einmalige Erlebnisse bieten, die aufgrund ihrer Vergänglichkeit die Neugier und die Fantasie beflügeln und möglichst lange im Gedächtnis bleiben“, erklärt Steffen Wrase.

Das geschickte Eventmarketing des 37-Jährigen ist ein entscheidender Grund dafür, dass das Label „Art of Hair“ im Raum Nürnberg-Fürth heute als Qualitätsmarke bekannt ist. Während Billiganbieter, die in der Region mittlerweile schon mit Haarschnitten für sieben Euro werben, den Markt durcheinanderbrachten, wächst der von Steffen Wrase und seiner Mutter Jutta geführte Familienbetrieb scheinbar unbeeindruckt weiter. So konnte das bislang zwölfköpfige Team in diesem Jahr um zwei weitere Mitarbeiterinnen aufgestockt werden.

Dabei machen die „Art of Hair“-Profis allerdings nicht nur durch eigene Veranstaltungen von sich reden. Mit einem mobilen Salon sind sie auch landauf, landab bei vielen Großereignissen präsent. So frisierten sie die Kandidatinnen für die Wahl der Miss Motorsport zum Auftakt der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft 2006, sie stylten die Künstler bei Süddeutschlands größtem Popfestival „N1 Stars“ oder zeigten ihr Können vor 10000 Zuschauern beim Kindertag auf dem Nürnberger Zeppelinfeld.

„Events sind hervorragend geeignet, um ein Unternehmen aus der Masse herauszuheben und seine Leistung erlebbar zu machen“, erklärt Melanie von Graeve, Veranstaltungsmanagerin im hessischen Frankfurt. Gerade Handwerker verfügten hier über ein besonderes, leider viel zu wenig genutztes Potenzial, „denn im Gegensatz zu vielen anderen Dienstleistern haben sie immer ein anfassbares Produkt. Mit diesem Pfund lässt sich wuchern“, findet die Inhaberin der DKTS-Agentur.

Um eine gelungene Veranstaltung auf die Beine zu stellen, muss nach Ansicht der Expertin niemand das nächste Firmenjubiläum abwarten: „Ob die Gäste kommen und wie begeistert sie wieder nach Hause gehen, hängt vom Erlebnis- und Nutzwert ab.“ Dieser kann aus Sicht der Teilnehmer etwa aus exklusiven Informationen, wertvollen sozialen und geschäftlichen Kontakten oder aus einem einmaligen Erlebnis bestehen. Um dies zu erreichen, muss die Veranstaltung vor allem emotional begeistern. Sei es durch eine überraschende Inszenierung (Themenabend, Themenbuffet), durch die Chance zum Mitmachen (Ausprobieren neuer Produkte) oder durch nicht alltägliche Erfahrungen wie beim berühmten Blick hinter die Kulissen.

Sensible Preispolitik

Obwohl die Zahlungsbereitschaft der Teilnehmer gerade bei exklusiven Angeboten nicht unbeträchtlich ist, erfordert die Preispolitik Sensibilität: „Wir versuchen, immer deutlich unter der Schmerzgrenze zu bleiben“, erklärt Friseurmeister Wrase. Bei der blinden Weinprobe mit einem Drei-Sterne-Koch verlangten die Friseure zum Beispiel einen Unkostenbeitrag von 20 Euro, für die Teilnahme an der Beachparty drei Euro.

Der Wert einer Teilnahmegebühr liegt nach Einschätzung von Expertin Graeve nicht allein in der Erweiterung finanzieller Spielräume: „Man erhält auch mehr Planungssicherheit.“ Denn selbst eine geringe Teilnahmegebühr lässt nach ihrer Erfahrung die Zahl der „Eventuell“-Anmeldungen auf ein Minimum sinken: „Wer bezahlt hat, kommt auch“, so die Eventmanagerin.

Martin Irlinger führt von seinen Einnahmen für jeden durch Mydays vermittelten Kunden „ein reichliches Fünftel“ als Provision an das Internetportal ab. „Dafür brauche ich mich nicht um Werbung zu kümmern und kann die komplette Planung von der Terminverwaltung bis zur Abrechnung über ein komfortables Online-Tool abwickeln.“ Zudem erhalten die Kunden von Mydays ein Informationspaket mit Leistungsbeschreibung, Anfahrtsskizze und dem Porträt seines Unternehmens „Arte Ferrum“.

Fast alle Teilnehmer bewerten den Schmiede-Workshop auf der Mydays-Seite mit sechs von sechs möglichen Sternen und schwärmen offenbar auch gegenüber Freunden und Bekannten von ihrem Erlebnis, wie Irlinger aus vielen Anrufen und E-Mails weiß: „So wächst natürlich zugleich das Interesse an meiner eigentlichen Arbeit“, freut sich der 40-Jährige, der kürzlich auch einem besonderen Wunsch vieler Teilnehmer nachkam: Im März startete der erste Workshop für Fortgeschrittene.

Frank Pollack

kerstin.meier@handwerk-magazin.de