Kundenworkshops richtig durchführen

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Erlebnismarketing und Kundenbindung

Kostenloses Feedback, innovative Ideen und Begeisterung für Ihr Handwerk: Wer Kunden zu Partnern macht, baut Vertrauen auf und erhält wertvolle Informationen aus erster Hand.

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    © Hendrik Rosenboom
    Schmiedemeister Alfred Bullermann (Friesoythe) entwickelt seine Produkte gemeinsam mit den Kunden.
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    „Wer Kunden einbezieht, erhält wertvolle Informationen aus erster Hand.“ Anna Schneider, Marktforscherin bei YouGov-Economics.
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    © Stockmeier
    Dorothee Böckstiegel nimmt den Frauen in ihren Tischlerkursen vor allem die Scheu vor der bis dahin unbekannten Technik.
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    © handwerk magazin
    Jeder zweite Kunde hat Spaß daran, sich an der Entwicklung von Produkten zu beteiligen.
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    © Eckehard Junge
    „Wer heute seine Kunden halten will, muss sie einbeziehen.“ Eckehard Junge, Strategieberater für Kundenorientierung.

Lassen Sie die Kunden mitarbeiten

Ob Gartentore, Skulpturen oder Schmuck: Die erste Idee für ein von Alfred Bullermann gefertigtes Schmiedestück kommt immer vom Kunden. „Durch gemeinsames Brainstorming versuche ich herauszufinden, was der Auftraggeber wirklich will“, sagt der Schmiedemeister und Diplom-Designer aus Friesoythe in Niedersachsen. Bullermann, 52, stellt seinen Kunden dafür viele Fragen: Warum wird etwa ein neues Tor gebraucht? Wer sind die Menschen, die dahinter wohnen? Wie soll die neue Pforte auf Passanten wirken? „Aus diesen Gedanken formulieren wir gemeinsam eine Idee, die ich im Auftrag festhalte“, sagt Bullermann.

Kunden an Entwicklung von Produkten beteiligt

Bei größeren Projekten, etwa der Gestaltung eines Pausenbereichs für einen Betrieb, läuft der kollektive Kreativitätsprozess sogar über mehrere Runden: Bullermann visualisiert die erste Idee als Modell, mit dem sich die Mitarbeiter des Auftraggebers erneut auseinandersetzen und über weitere Ideen abstimmen. Dann erst wird gebaut.

Der Sinn dieses gemeinsamen Entwicklungsprozesses, den Bullermann genauso mit Kindern wie mit Bankern betreibt, ist nicht etwa ein Mangel an eigenen Ideen. „Wenn Kunden Ideen verwirklichen können, erhöht das ihre Wertschätzung für das Produkt“, sagt Bullermann. Zudem bleibt der Schmiedemeister als Kreativpartner in intensiver Erinnerung: „Die persönliche Bindung ist größer als bei Produkten von der Stange“, sagt Bullermann. „Ich bekomme oft Rückmeldung, dass Kunden viele Jahre später immer noch an die Entstehung eines Objekts denken.“

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Seite 3: Mit dem Kunden Ideen sammeln und umsetzen

Eigene Zielgruppe besser kennenlernen

Betriebe, die wie Bullermann Kunden in Entwicklungsprozesse integrieren, stoßen bei Verbrauchern auf großes Interesse. Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts YouGov würde jeder zweite Deutsche gerne zur Entwicklung und Verbesserung von Produkten beitragen. Etwa 13 Prozent haben sich bereits an Innovationsprojekten von Unternehmen beteiligt, so eine Umfrage des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. unter deutschen Internetnutzern.

Von diesem Interesse können Handwerksbetriebe profitieren. „Wer Kunden einbezieht, erfährt sehr viel über ihre Bedürfnisse“, sagt Anna Schneider, die bei YouGov zum Thema Kundenintegration forscht und Unternehmen bei der Umsetzung berät. „Der Betrieb erhält Informationen aus erster Hand, ob ein Angebot bei der Zielgruppe ankommt oder nicht.“ Auch für das Image sei eine Beteiligung sehr positiv. „Das Unternehmen beweist damit seinen Willen, Kundenwünsche zu erfüllen“, so Schneider.

Eckehard Junge, Strategieberater für Kundenorientierung, sieht in der Integration von Verbrauchern eine gute Chance, sich im Wettbewerb zu positionieren: „Gerade die jüngere Generation, die mit dem Austausch in Blogs und Foren aufgewachsen ist, schätzt es, wenn man sie mitreden lässt.“ Durch die im Internet selbstverständliche Kultur des Teilens und Kommentierens verändere sich die Erwartungshaltung gegenüber Anbietern. „Verbraucher wollen verstärkt Einfluss nehmen“, sagt Junge. „Kundenbindung funktioniert immer mehr über Einbindung.“

Die Beteiligung von Kunden muss dabei nicht immer zwangsläufig mit der Entwicklung von Produkten oder Dienstleistungen verbunden sein: Auch wer seine Werkstatt zu bestimmten Terminen für neugierige Blicke öffnet oder Interessenten sein Handwerk einmal ausprobieren lässt, kann Kunden nachhaltig begeistern.

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Heimwerker-Kurse für Frauen

So wie die Möbeltischlerei Böckstiegel, die Heimwerker-Kurse speziell für Frauen anbietet. „Frauen spielen beim Möbelkauf eine entscheidende Rolle“, sagt Dorothee Böckstiegel, 46, die sich im Paderborner Familienbetrieb um Marketing und Verkauf kümmert. In Beratungsgesprächen sei ihr aufgefallen, dass Frauen häufig Interesse am Heimwerken hätten, in der Praxis aber oft an Kleinigkeiten scheiterten. Böckstiegel, die selbst gelernte Tischlerin ist, bietet deshalb jedes Winterhalbjahr Do-it-yourself-Kurse für Frauen an. „Die Teilnehmerinnen lernen hier die Grundlagen: Welches Werkzeug, welche Schrauben, welche Wände gibt es?“, erklärt Böckstiegel ihr Workshop-Konzept. Oft zum ersten Mal in ihrem Leben bedienen die Frauen in der Tischlerei eine Bohrmaschine, sägen Holz oder klopfen Dübel in die Wand. „Die Begeisterung für diese Themen ist groß“, sagt Dorothee Böckstiegel. Durch die Kurse baue die Tischlerei bewusst Hemmschwellen ab: „Wir wollen Berührungsängste bei Frauen überwinden. Sie sollen unseren Betrieb, der ja mit Technik zu tun hat, mit einem guten Gefühl wahrnehmen.“

Gemeinsam Ideen sammeln und umsetzen

Um Kunden aktiv zu beteiligen, setzen viele Unternehmen auf Workshop-Konzepte. Doch es gibt noch weitere Instrumente für gemeinsame Innovations- oder Entwicklungsprozesse: „Der einfachste Ansatz ist, Kunden nach Verbesserungs- oder Innovationsideen zu fragen“, sagt Strategieexperte Junge. Auch die Auswertung von Reklamationen oder das Sammeln von Anregungen aus Kundengesprächen ergäben oft schon Hinweise. Wichtig sei jedoch, die gesammelten Ideen auch umzusetzen. Doch gerade hier hapert es in vielen Unternehmen. „Oft fehlt es an einem Verantwortlichen für den Prozess, der sich etwa darum kümmert, dass Ergebnisse in eine Wissensdatenbank einfließen“, sagt Junge. Oder es sei nicht genau definiert, für welchen Bereich man innovative Ideen sammeln wolle.

„Wenn es nie zur Umsetzung kommt, macht man sich unglaubwürdig“, bestätigt Marktforscherin Anna Schneider. „Die Rückmeldung, dass eine zusammen entwickelte Idee umgesetzt wurde, ist die Belohnung für den Kunden.“

Dass verwirklichte Ideen dagegen die Bindung der Kunden steigern, zeigt das Beispiel von Alfred Bullermann. Der Schmiedemeister hat vor vielen Jahren mit Kindergartenkindern Ideen für ein neues Schild entwickelt. „Ein Junge wollte unbedingt eine Eule abgebildet haben, was ich auch so umgesetzt habe“, sagt Bullermann. „Vor einiger Zeit stand dann ein junger Mann bei mir in der Werkstatt und hat mich gefragt, ob ich ihn noch kenne: Er sei die Eule.“

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