Kreditvergabe: Eigenkapital jetzt ausbauen

Zugehörige Themenseiten:
Eigenkapital

Eine gute Eigenkapitalquote ist das Rückgrat jedes Unternehmens. Gerade jetzt, wenn die Geschäfte gut laufen, sollten Handwerker die Chance ergreifen und diese wichtige Kennziffer erhöhen.

  • Bild 1 von 3
    © Falk Heller
    Unternehmer Peter Scheuerer setzt für seine Geschäftsidee auf eine Beteiligung statt Fremdkapital.
  • Bild 2 von 3
    © HWK Region Stuttgart
    „Viele Chefs realisieren nicht, dass die Eigenkapitalquote das Rückgrat des Betriebs ist.“ Franz Falk, ­Geschäftsführer der Handwerkskammer zu Stuttgart.
  • Bild 3 von 3
    © Claudiad/iStockphoto
    Die Nahrungsmittel­gewerke haben hart an ihrem Eigenkapital­polster gearbeitet und liegen jetzt im Handwerk an der Spitze.

Eigenkapital jetzt ausbauen

An den Tag vor knapp zwei Jahren erinnert sich Peter Scheuerer, Geschäftsführer der Scheba GmbH im oberbayerischen Eschelbach, auch heute noch mit Schrecken. Sein Bankberater war zu Besuch. Scheuerer hatte ihn durch die seit Jahren etablierte Holz-Manufaktur geführt und gezeigt, womit er in Zukunft sein Angebot erweitern wollte: handgefertigte hochwertige Bodenbeläge, Wandverkleidungen, Türen, Möbel und Raum-Accessoires – gefertigt aus alten Barrique-Rotweinfässern.

Bedeutung wird unterschätzt

Die neue Marke Wein-Design sollte Umsatzeinbußen in anderen Geschäftsfeldern auffangen. Die Entwicklungsarbeit, eineinhalb Jahre von Scheuerer selbst finanziert, war abgeschlossen. Jetzt sollten Vertrieb und Werbung starten und dazu brauchte der Schreinermeister einen Kredit. Doch die Hausbank wiegelte ab: „Wenn Sie sich das nicht leisten können, dann dürfen Sie es eben nicht machen“, so die deutliche Abfuhr der Bank an den Handwerker. Das Problem war eine zu geringe Eigenkapitalquote.

Ein drastischer Einzelfall? Keineswegs. Finanzierungsexperten, die wie Jürgen Herzig Handwerksbetriebe zu ihren Kunden zählen, kennen solche Geschichten zur Genüge. „Die Eigenkapitalquote“, so Herzigs Erfahrung „wird im Handwerk immer wieder unterschätzt“ (siehe Kasten „Eigenkapitalquote“, Seite 54). Gerade bei Gründungen oder Übernahmen sind die Betriebsinhaber stolz darauf, ihren Weg ohne Fremdkapital zu gehen. An Auswirkungen auf einen späteren Finanzbedarf denkt dabei kaum jemand. Über ein Drittel aller Handwerkbetriebe, so zeigt eine Erhebung von Creditreform, hat eine unterdurchschnittliche Eigenkapitalquote von weniger als zehn Prozent. 35 bis 50 Prozent fordern die Banken. Liegt die Quote darunter, ist es schwer, Kredite zu bekommen.

Finanziellen Spielraum schaffen

Scheuerers Geschichte ist im Handwerk ein Klassiker. Als er den väterlichen Betrieb 2005 übernahm, wurde zwar eine Gewerbeimmobilie fremdfinanziert, ansonsten aber hielt man sich an die eigenen Reserven. „Wir dachten damals, es sei einfacher, die Übernahme aus eigener Kraft zu schaffen“, sagt der Unternehmer im Rückblick. Was das heißt, machte ihm erst der Besuch der Hausbank klar. Jahrelang hatte der Betrieb seinen Umsatz fast ausschließlich durch den Handel von Bauelementen und die Produktion hochwertiger Böden erwirtschaftet. Doch in diesem Geschäftsfeld wird die Konkurrenz aus Osteuropa immer größer. Alternativen mussten her, doch die wollten finanziert werden. Anfangs gelang das noch aus dem Cash-Flow, doch dann wurde der Druck größer.

Unternehmer nutzen Chancen nicht

„Viele Betriebsinhaber realisieren nicht, dass die Eigenkapitalquote das Rückgrat des Unternehmens ist“, weiß Franz Falk, Geschäftsführer bei der Handwerkskammer zu Stuttgart. Aus diesem Grund verschlafen schon Existenzgründer die Fördermöglichkeiten. Viele Programme der KfW oder der regionalen Bürgschaftsbanken, die mit stillen Beteiligungen Gründer unterstützen, sind aber nur zeitlich begrenzt abrufbar. Ist der Betrieb über die Anfangsjahre ­hinaus, ist diese Chance vertan. Zwar gibt es später noch Möglichkeiten, die Eigenkapitalquote und damit die Kreditwürdigkeit zu erhöhen, aber hier sind viele Inhaber eher zögerlich und übersehen dabei vor allem, dass gerade die wirtschaftlich guten Jahre für dieses Thema genutzt werden müssen (siehe Kasten „Erhöhung der Eigenkapitalquote“, Seite 53).

Laufen die Geschäfte gut, ist es einfacher, Gewinne stehen zu lassen oder Geldgeber zu finden. Gehen die Umsätze zurück, wird es für den Betrieb schwerer, sich frisches Kapital zu beschaffen. Aber selbst dann, betont Falk, gäbe es oft noch Möglichkeiten, die Quote zu beeinflussen, wenn sich der Chef damit auseinandersetzt. Falk kennt Betriebe, die monate-, oft jahrelang halbfertige Arbeiten mitschleppen, Rechnungen nicht stellen oder offene Forderungen nur zögerlich eintreiben. Vermeidbare Fehler, die die Bilanzsumme verlängern.

Mangelnde Information

Eher skeptisch stehen viele Handwerker stillen Beteiligungen gegenüber. „Das Problem ist hier“, erläutert Barbara Karch von der Bayerischen Beteiligungsgesellschaft BayBG, „die mangelnde Information.“ Viele Betriebsinhaber wissen nicht, dass es zahlreiche Förderprogramme gibt: für Gründer und für etablierte Betriebe. Und sie wissen nicht, was eine solche Beteiligung bedeutet. So haben Chefs einerseits Angst, dass ihnen die Geldgeber ins Geschäft reinreden, und unterschätzen andererseits die Möglichkeiten, die sich eröffnen: „Chancen auf Wachstum und Kreativität durch eine solide Finanzierung“, sagt Karch.

Wie das in der Praxis läuft, zeigt der Fall von Peter Scheuerer. Nach der Ablehnung durch die Hausbank wandte er sich an die BayBG. Die auf Finanzierungen für den Mittelstand spezialisierte Beteiligungsgesellschaft prüfte die Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre und die aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung. Außerdem verlangte sie eine genaue Beschreibung des Projektes. Dann beteiligte sie sich mit 100 000 Euro und Scheuerer konnte seine Geschäftsidee realisieren. Bereits im ersten Jahr konnte der Unternehmer seinen Umsatz mit dem neuen Projekt verfünffachen. Weil die stille Beteiligung die Eigenkapitalquote deutlich verbesserte, konnte er den Kredit für die Gewerbeimmobilie umschulden, „zu deutlich besseren Konditionen“.