Krankenkasse: Bis Jahresende raus aus der Schuldenfalle

Handwerkern werden ihre Beitragsschulden in der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung erlassen. Wichtigste Voraussetzung: Sie müssen bis zum 31. Dezember handeln.

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    Ein Apfel pro Tag reicht heute meistens nicht aus, um teure Arztbesuche zu vermeiden.
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    „Vor allem nicht versicherte Handwerker sollten schnellstens handeln.“ Daniela Hubloher, ­ Patientenberaterin bei der Verbraucher­zentrale Hessen.
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    Den Löwenanteil der Versicherten schultern nach wie vor die gesetzlichen Krankenkassen.

Neustart mit der Krankenkasse

Wer krank ist, geht zum Arzt. Die Kosten übernimmt dann die Krankenversicherung. So sollte es laufen. Denn nach der letzten Gesundheitsreform gibt es in Deutschland die Allgemeine Krankenversicherungspflicht. Trotzdem sind weiterhin viele Menschen ohne diesen Versicherungsschutz, darunter auch selbständige Handwerker.

Sie melden sich nicht bei der Krankenversicherung zurück. Der Grund sind fast immer hohe Beitragsschulden und Säumniszuschläge, die dann rückwirkend für die Zeit ohne Versicherung in Rechnung gestellt werden.

Diese Außenstände summieren sich in der gesetzlichen Krankenversicherung nach Angaben der Bundesregierung auf mittlerweile insgesamt 4,5 Milliarden Euro.

Beitragsschulden durch Insolvenz

Rund 1,4 Milliarden Euro entfallen davon auf freiwillig versicherte Selbständige. Sie geraten, wie die alte Bundesregierung betonte, vor allem „durch Insolvenzen“ in Beitragsrückstand. Das heißt, sie haben Schulden bei ihrer Krankenversicherung. „Für den Einzelnen können das durchaus Beträge in fünfstelliger Höhe sein“, sagt Daniela Hubloher von der Verbraucherzentrale Hessen, die solche Beispiele aus ihrer Beratungspraxis zur Genüge kennt.

In der privaten Krankenversicherung zahlen derzeit rund 144 000 Versicherte ihre Beiträge nicht. Auch hier gibt es Selbständige und Gewerbetreibende, die sich aus den genannten Gründen bisher noch nicht zurückgemeldet haben. Makler Bert Heidekamp aus Berlin weiß von einem Unternehmer, der Insolvenz anmelden musste und im Zuge dessen auch seine ­private Krankenversicherung verlor, weil er die Beiträge nicht mehr aufbringen konnte. An­gesichts eines Schuldenberges von mehreren Zehntausend Euro hatte der Unternehmer keine Chance mehr, sich wieder zu versichern. Makler Heidekamp konnte ihm jetzt wieder Hoffnung machen.

Neues Gesetz öffnet Türen

Ein neues Gesetz, das noch kurz vor der Bundestagswahl in Kraft getreten ist, macht es möglich. Es hilft den Betroffenen jetzt aus der Schuldenfalle. Die Schulden werden ihnen nunmehr ganz oder zumindest teilweise erlassen. Die neuen Regelungen sind für die gesetzliche Krankenkasse und die privaten Krankenversicherungen unterschiedlich. Erleichterungen gibt es auch für diejenigen, die zwar versichert sind, aber Beitragsrückstände haben. „Betroffene sollten sich auf jeden Fall beraten lassen und prüfen, zu welcher Gruppe sie gehören“, sagt Verbraucherschützerin Hubloher. Ihr dringender Rat: „Vor allem nicht versicherte sollten schnellstens handeln. Sie müssen sich bis spätestens zum 31. Dezember dieses Jahres bei der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung melden, wenn sie schuldenfrei wieder krankenversichert sein wollen.“

Beispiel aus der Praxis

Ein Beispiel, wie das funktionieren kann: Ein 40-jähriger Unternehmer kam in finanzielle Bedrängnis, konnte seine Krankenkassenbeiträge nicht mehr bezahlen und wurde von der Kasse deshalb 2006 gekündigt. Inzwischen hat er den Betrieb wieder flott gemacht, sitzt aber auf einem Berg von Beitragsschulden, insgesamt 60 000 Euro. Deshalb hat er sich immer noch nicht bei seiner Kasse zurückgemeldet.

Nach alter Regelung hätte der Unternehmer alle Beiträge plus Verzugszinsen von fünf Prozent monatlich seit April 2007 zurückzahlen müssen. Ab diesem Zeitpunkt galt in Deutschland die Krankenversicherungspflicht für alle gesetzlich Versicherten.

Nach neuer Regelung werden ihm die Beiträge und die Verzugszinsen vollständig erlassen. „Aber eben nur, wenn er sich spätestens bis zum Jahresende bei seiner gesetzlichen Krankenkasse zurückmeldet. Dann kann er schuldenfrei und krankenversichert ins neue Jahr starten“, so Patientenberaterin Hubloher.

Frist unbedingt einhalten

Der Grund für die Maßnahme des Gesetzgebers: Der Säumniszuschlag für Schuldner habe sich „als nicht wirkungsvoll erwiesen, sondern das Problem der Überschuldung nur noch verschärft“, erklärte die alte Bundesregierung zum Beitragsschuldengesetz.

Und was passiert mit bereits abgezahlten Schulden bei der Krankenversicherung? „Rückwirkend bekommen Versicherte kein Geld zurück, sondern immer nur Schulden erlassen“, erläutert Patientenberaterin Hubloher das Grundprinzip der gesetzlichen Regelung.

Wer den Stichtag zum 31. Dezmber aber versäumt, hat das Nachsehen. Dann werden die Beiträge lediglich „angemessen ermäßigt“, wie es bei den Krankenversicherungen heißt. „Wie das im Einzelnen aussieht, ist vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen inzwischen geregelt worden“, sagt Hubloher.

Ihre Empfehlung: Wer sich erst nach dem 31. Dezember wieder bei der Krankenversicherung anmeldet, sollte auf jeden Fall auf eine angemessene Ermäßigung pochen.