Die Baumann-Kolumne "Neues von der Werkbank" Kommentar: Der Unternehmer – Feind oder Freund?

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Neues von der Werkbank – Kolumne von Ruth Baumann

Was haben wir aktuell für ein Unternehmerbild? Müssen Institutionen und Arbeitnehmer, vielleicht auch die gesamte Welt, vor ihnen geschützt werden? Wer macht sich noch die Mühe, einen Blick über den Tellerrand zu wagen? Fragen über Fragen, denen sich Kolumnistin Ruth Baumann, Präsidentin der Unternehmerfrauen im Handwerk (UFH) Baden-Württemberg, im aktuellen Beitrag ihrer Kolumne “Neues von der Werkbank“ widmet.

Ruth Baumann Landesvorsitzende UFH Baden-Württemberg
Ruth Baumann Landesvorsitzende UFH Baden-Württemberg. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. - © privat

Wir haben einen schleichenden Mentalitätswandel, der nun an einem Punkt angekommen ist, wo er mir Sorge macht. Betriebsinhaber zu sein, ist heute nicht mehr Ausdruck wirtschaftlichen Engagements oder Risikobereitschaft, sondern weckt Skepsis bis hin zu Misstrauen. Dies bekommen nicht nur die Firmeninhaber zu spüren, sondern auch deren Familienangehörige sehen sich zunehmend in einer Rechtfertigungsmaschinerie.

Rechtfertigungspflicht beginnt bereits im Kindesalter

Ob Großkonzern oder kleiner Handwerksbetrieb, es gilt mit besonderer Aufmerksamkeit dem Gegenüber zu begegnen. Wenn Familien- und Firmennamen gleich lauten, beginnt bereits im Kindesalter die Rechtfertigungspflicht: Kannst du dir diese Turnschuhe nur deshalb kaufen, weil dein Vater Tiere tötet und Wurst herstellt? Ihr habt diese Wohnung nur, weil deine Eltern ja Mitarbeiter haben, die für das Geld sorgen. Zwei Beispiele, die beliebig ergänzt werden könnten. Ob man bereit ist, darüber nachzudenken, dass nur dann Milch entstehen kann, wenn zuvor eine Kuh gekalbt hat oder die Angestellten für ihre Arbeit auch Lohn bekommen, liegt weniger an den fragenden Kindern, denn an ihrem Elternhaus. Was früh beginnt, findet seine Fortschreibung in späteren Jahren.

Der Unmut wächst

Die Anonymisierung bei öffentlichen Ausschreibungen dokumentiert ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber den Betrieben. Schon vor Eintritt in ein Vertragsverhältnis unterstellt man dem eventuellen Auftragnehmer, dass er mit unredlichen Preisen oder mangelhafter Leistung nur an seinem Vorteil interessiert ist. Aufgliederung der Einheitspreise, Offenlegung der Kalkulation, lückenloser Nachweis der eingesetzten Produkte usw. sind Ausdruck von impliziertem Misstrauen und zeugen nicht von vertrauensvoller Zusammenarbeit. Der Preis soll fair und auskömmlich sein, die Qualität der Materialien einwandfrei, die Entlohnung gerecht, etc., aber kosten soll es dennoch möglichst wenig. Über Jahre hinweg haben viele Betriebe versucht, diesem Anspruch gerecht zu werden. Steigender Bürokratie wurde mit verkürzten Wochenenden begegnet, der Betriebsalltag ist Familienalltag – das Miteinander kennt keine Arbeitszeiten. Familienfreundlich im Betrieb wurde gelebt und nicht als inhaltsloses Zertifikat auf dem Briefbogen geführt, aber… jetzt reicht es langsam. Es muss die Verantwortlichkeit von Unternehmern auf den Prüfstand .

Die Verantwortung liegt in den meisten Aspekten nur beim Unternehmer

Es ist anmaßend von einem Staat, Betrieben Dinge aufzulasten, die eigentlich nicht sein Sachgebiet widerspiegeln . Die Altersabsicherung erklären, einführen, umsetzen … und dann wird die Besteuerungsgrundlage rückwirkend geändert. Wo Verlässlichkeit seitens der Politik fehlt, kann dann auch nicht die Fürsorgepflicht des Unternehmers enden? Nein, es beginnt die Entmündigung der Arbeitnehmer, der Leistungsgedanke, Eigenverantwortung, Selbstbestimmung usw. werden begrenzt. Dinge erscheinen vermeintlich geregelt und die Haftung für alles wird immer an den Betriebsinhaber delegiert. Ob Fortbildung, Einhaltung der Hygienevorschriften, Ladungssicherung, Tachoaufzeichnung, Tragen der persönlichen Schutzausrüstung, Einschätzung der psychologischen Verfassung des Mitarbeiters, Einhaltung aller weiteren Vorschriften und vieles mehr, dafür ist nur der Unternehmer verantwortlich und haftbar. Dieses Pflichtbewusstsein legitimiert ihn aber nicht, dass man ihm zutraut, dass er sich um den Gesundheitszustand eines Mitarbeiters, der im Krankenhaus liegt, Sorgen macht und Auskunft bekommt oder gar verbunden wird. Datenschutz schlägt Fürsorge . Auch einem Betriebsinhaber muss zugebilligt werden, dass er sich wirklich um den Mitarbeiter sorgt und kümmert. Er spendet dort, wo er es für richtig hält. Es bedarf nicht des verbalen Griffs unter die Gürtellinie, wenn man von Wirtschaftsbetrieben keine überteuerte Nicht-Blindenware kauft. Werbung am Telefon ist verboten und viele sind es leid, am Telefon beschimpft zu werden.

Betriebsaufgabe als Ausweg?


Es muss nicht der Auftraggeber vor dem Auftragnehmer, die Mitarbeiter vor dem Betriebsinhaber, die Arbeitnehmer vor der Arbeit geschützt werden. Die Allgemeinheit verkennt, dass der gelebte Generalverdacht gegenüber Unternehmern bereits in Betriebsaufgaben sichtbar ist, beziehungsweise in weitere mündet.