Kleine Lösung aus großem Haus

Handwerker-Software | Mit dem Programm „Dynamics Entrepreneur Solution“ zielt Microsoft auf kleine Unternehmen. Die Software verspricht bei der Auftragsverwaltung mehr als sie hält.

Kleine Lösung aus großem Haus

Weil große Betriebe pro Kontakt bessere Geschäfte versprechen, definieren Softwarehäuser ihre mittelständischen Kunden gern als Unternehmer mit mindestens 50 Beschäftigten. Das mühsame Finden und Bearbeiten von kleineren Unternehmerschichten haben die international operierenden Softwarehäuser zunächst ganz bewusst vernachlässigt und anderen wie Sage & Co. oder regional tätigen Anbietern überlassen. Auch Microsoft hat lange auf einen möglichst großen und weltweiten Kundenkreis gesetzt. Windows und Office sollten alle PC-Nutzer als Einzellizenz auf dem Rechner haben.

Nach 20 Jahren Windows und Marktführerschaft bei Betriebssystemen stößt Microsoft nun an die natürlichen Grenzen des Wachstums. Die Folge: Kleinere Unternehmen werden wiederentdeckt. So peilt Microsoft mit dem Zukauf des Programms Navision seit einigen Jahren den Mittelstand an. Die Unternehmenssoftware – nach der Übernahme von Navision in Microsoft Dynamics umfirmiert – war bislang allerdings aufgrund des hohen Preises vorwiegend eine Lösung für größere Unternehmen.

Nun drängt Microsoft in den Markt der kleineren Auftrags- und Projektlösungen. Mit „Dynamics Entrepreneur Solution“ will Microsoft speziell in kleinen Unternehmen punkten, die eine kaufmännische Software zur Lösung von Materialeinkauf, Vertrieb, Rechnungsstellung und Verwaltung von Kundenkon-takten suchen. Im Blick sind 2,1 Millionen deutsche Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern.

Zum Programmstart zeigte Geschäftsführer Robert Helgerth bereits, dass Microsoft seine Hausaufgaben gemacht hat und die Zielgruppe genauestens kennt: „Diese Kleinunternehmen nutzen bereits Word und Excel, verfügen über betriebswirtschaftliche Kenntnisse und suchen eine integrierte ERP-Lösung für Finanzbuchhaltung, Einkauf, Verkauf und Lager“, so Helgerth. Und tatsächlich könnte Dynamics Entrepreneur ein Renner werden. Zwar hat das Programm nichts, was andere Anbieter nicht auch hätten. Aber der Preis ist heiß: Nur 895 Euro pro Nutzer ist die unverbindliche Preisempfehlung für das Softwarepaket.

Kein Branchenbezug

Freilich, allein der attraktive Preis ist bei Handwerksunternehmen nicht das kaufentscheidende Kriterium. Tiefgang und Branchenbezug sind gefragt. Und gerade daran mangelt es bei dem Microsoft-Programm in der ersten Version 2008 noch. Die Installation läuft automatisch und reibungslos, aber schon die erste Bildschirmanzeige nach Programmaufruf ist nicht nur für praktisch ausgerichtete Anwender eine Katastrophe: Der schwarze Bildschirm zeigt lediglich die Symbolleiste an. Die meisten Funktionen sind in deutscher Sprache, bei Fehlern poppen englische Meldungen auf, und das Handbuch, es heißt wörtlich „Microsoft Dynamics NAV ODBC Driver 5.0 Guide“, ist gänzlich aus den USA importiert.

Was bekommt man für sein Geld? Ein erstaunlich preiswertes Allerwelts-Branchenprogramm mit allerlei Widersprüchen. Entrepreneur ist eine Art PC-Kaufmann für größere Unternehmen. Es kann wie die kleine Sage-Software alles – angefangen vom Angebot schreiben, über Materialverwaltung und Lagerwirtschaft bis zur Auftragsverwaltung mit Rechnungsschreibung, Offener-Posten-Verwaltung und Buchhaltung sowie Einbindung aller Office-Lösungen einschließlich Outlook. Dabei hat der große Bruder im Unterschied zum PC-Kaufmann mit SQL eine richtig professionelle Datenbank, die keine Engpässe bei großen und vielen Datensätzen kennt. Der Kern des Programms Entrepreneur ist sogar identisch mit der Großunternehmer-Version Dynamics.

Wer aber glaubt, damit sei das Programm für betriebliches Wachstum eingestellt, irrt. Entrepreneur ist zwar für Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern ausgelegt, kann aber nur maximal fünf Arbeitsplätze gleichzeitig verwalten. Fünf PC-Arbeitsplätze haben aber die meisten Mittelstandsbetriebe.

Peter Altmann

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de