3. Platz 2014: Klappern fürs Handwerk

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Tim Kortüm (31) hat aus der Bäckerei seines Vaters einen Feinkost-Lieferanten gemacht, mit französischen und holländischen Spezialitäten und koscheren Backwaren. Und: Er rührt kräftig die Werbetrommel.

© Stefan Kröger

Im Sommer hat ein Fernsehjournalist bei Tim Kortüm gedreht. Zur Fußballweltmeisterschaft hatte der 31-jährige Bäckermeister seinen Laden im Dortmunder Stadtteil Schüren nämlich mit Oranje-Fahnen geschmückt – seine Mutter ist Holländerin, und deshalb ist das „Schürener Backparadies“ auch als „der Holländer“ bekannt. Kortüm hatte auch eine Fußballtorte in Form des WM-Pokals gebacken und den Laden mit Rollrasen dekoriert. Das interessierte die Lokalnachrichten des Westdeutschen Rundfunks.

Kortüm käme nie auf die Idee, einen Journalisten abzuweisen, der sich für seinen Betrieb interessiert. „Natürlich kostet mich das Zeit“, sagt der Handwerker, der schon TV-Teams zum „Tag des Brotes“ da hatte und ZDF-Reporter, die in seiner koscheren Backstube filmen wollten. „Aber Sie glauben gar nicht, was so ein Auftritt bringt. Das macht viele Leute neugierig, und noch einige Tage nach der Ausstrahlung merken wir, dass wir mehr Kunden haben als sonst.“

Klappern gehört für Kortüm zum Handwerk: Schon bevor er die Bäckerei im Jahr 2010 von seinen Eltern übernahm, entwarf er eine moderne Internet-Seite und Werbe-Flyer für den Betrieb, ließ einen Katalog drucken – er liefert inzwischen Hochzeitstorten mit Fröschen, Superhelden-Kuchen für Geburtstage, sogar schlüpfrige Motive für Nachtclubs. Die schönsten Torten postet er auf der eigenen Facebook-Seite, die inzwischen schon knapp 1500 Fans hat.

Der junge Handwerker, der parallel zum Meisterkurs Betriebswirtschaft studiert hat, setzt auf Spezialitäten. Viele liefert er an Krankenhäuser, Restaurants und Kantinen. Schon fast die Hälfte seines Umsatzes macht er mit dem Liefer-Service. Es gibt bei Kortüm echt französische Croissants und Baguettes aus speziellen Mehlen, außerdem holländische Spezialitäten und Brötchen für Allergiker. Besonders stolz ist Kortüm auf die koscheren Backwaren: Unter Aufsicht des Dortmunder Rabbiners hält er Milch-Produkte und Fleisch strikt getrennt, hat extra Backbleche und eigene Spülmaschinen angeschafft. Inzwischen liefert er koschere Berliner nach ganz Deutschland.

Besonders wichtig ist Kortüm Qualität. „Wir wollen anders sein als die Filialbäcker.“ Lehrlinge müssen bei ihm als Erstes selbst Pudding und Mohn kochen, und zwar ohne Fertigprodukte. Es sei schwer, gute Leute zu finden, gibt Kortüm zu. „Deshalb motivieren wir das Personal. Jeder sollte so sein, wie er sich seinen Kollegen wünscht.“ Er bietet Eltern flexible Arbeitszeiten an, zahlt Lehrlingen Zuschüsse zum Führerschein und verleiht schon mal den Lieferwagen, wenn das Auto eines Mitarbeiters eine Panne hat.

Der Erfolg: Seit der Übernahme 2010 hat Kortüm den Umsatz um mehr als 40 Prozent gesteigert, auf inzwischen 1,55 Mio. Euro pro Jahr, und fünf neue Mitarbeiter eingestellt – das Team ist jetzt 28 Mann stark. Der Gewinn wird 2014 bei voraussichtlich rund 75.000 Euro liegen. Das Darlehen über 350.000 Euro, das er aufnehmen musste, um seinem Vater den Betrieb abzukaufen, ist in sechs Jahren abbezahlt. „Es ist eine Menge Arbeit“, sagt Kortüm. „Aber es macht viel Spaß.“