Kellerschätze

Wein | Die Zahl der Weinliebhaber wächst. Wo kaufe und wie lagere ich die Tropfen? Wer berät beim Aufbau des Weinkellers? Die Strategie für Einsteiger mit Chance auf Gewinn an Wert und Geschmack.

Kellerschätze

Ein bekennender Weinliebhaber in der Bierhochburg Köln? Elektrotechnikmeister Thomas Hilger liefert den schlichten Grund für seine Freude an einem guten Tropfen: „Weil ich ein Genießer bin.“ Wie bei so vielen Wein-Einsteigern führte der Weg zum Kenner über die gute Küche. Zu einem Feinschmeckermenü finden obergäriges Kölsch und andere Biere eben schnell ihre Grenzen. „Bei einer Weinprobe mit Freunden an der Ahr erkannte ich erstmals die riesigen Geschmacksunterschiede dieses Getränks“, sagt Hilger.

Wie bei vielen Weinliebhabern war sein Interesse geweckt: „Welcher Wein passt zu welchem Essen? Wann entkorke ich die Flasche? Welchen Wein muss ich dekantieren? Was sagt mir das Etikett?“ Diese Fragen beantworten zwar etliche Fachbücher, aber Hilger setzte lieber auf den praktischen Einsatz seiner Sinne und buchte zunächst ein Basisseminar bei der Vintage Genussschule in Köln (siehe „Weinseminare“). Hilger: „Riechen, schmecken, sehen beim Probieren und Vergleichen lernte ich schnell, die verschiedenen Rebsorten, Lagen und Jahrgänge zu unterscheiden.“

Probieren macht den Profi

„Man kann nicht wirklich nachvollziehen, was Profis beim Testen herausschmecken“, erklärt Wein-Experte Olaf Müller-Soppart und rät deshalb zur wichtigsten Regel, um auch als Neuling eine gewisse Geschmackssicherheit zu erlangen: „Probieren, probieren, probieren“. Und Selbstbewusstsein bei der Beurteilung des Weins ist gefordert: „Keine Angst vor Banalitäten, Weinkenner haben Respekt vor anderem Geschmack“, sagt Müller-Soppart. Der einstige Gründer der Weinhandelskette „Jacques’ Wein-Depot“ führt seit 25 Jahren ein Spezialhaus für Weinkellereinrichtungen in Düsseldorf. Der erfahrene Profi weiß alles rund um den Rebensaft. Einsteigern empfiehlt er, „von Anfang an eine Gesamtstrategie zu entwickeln, die den Einkauf der Weine ebenso einbezieht wie das fachgerechte Lagern“.

Beim Einkauf verlässt man sich natürlich zu allererst auf seinen eigenen Geschmack. Die besten Chancen zum Probieren bieten sich hierzulande bei den Winzern vor Ort, die bis auf wenige Ausnahmen ohne Voranmeldung oft auch am Wochenende auf ihrem Gut ein breites Spektrum ihrer Weine verkosten lassen. Anders in Frankreich oder Italien, wo oft nur Profis willkommen sind. Doch fast jeder Weinort besitzt Vinotheken mit Probiermöglichkeiten. Auch Fachgeschäfte in Deutschland bieten ihren Kunden häufig Kostproben. „Mein kleiner Weinladen um die Ecke öffnet gerne eine Flasche zum Probieren“ sagt Hilger. Und besonders wichtig: Anders als im Supermarkt kennen gute Händler auch die optimale Trinkreife und Haltbarkeit der Gewächse ihres Sortiments.

Sammler müssen sich für ihre Kellerschätze allerdings nach weiteren Einkaufsquellen umsehen. Die meisten Händler führen nur die aktuellen Jahrgänge. Für weltweite Spitzentropfen und Raritäten sind die Auktionshäuser Christie’s und Sotheby’s führend. In Deutschland gelten Koppe & Partner sowie Munich Wine Company als gute Adressen für Onlineversteigerungen von Weinraritäten. Heimische Edelgewächse wie Trockenbeerenauslesen oder Eisweine kommen jeden Herbst in Kloster Eberbach im Rheingau unter den Hammer. Der Kölner Händler Les Amis du Vin bietet regelmäßig Spezialitäten aus Kellerauflösungen oder Konkursen. Vorsicht geboten ist allerdings bei Super-Schnäppchen aus Kleinanzeigen in den Zeitungen sowie dem Internet oder auch von Ebay. „Solche Angebote bergen das größte Risiko, weil man nicht weiß, welchen Weg die Flaschen um den Erdball genommen haben“, warnt der schwäbische Weinsammler Dr. Gerhard Müller-Schwefe.

Reifen lassen und gewinnen

Und welche Weine sind mehr als ein purer Trinkgenuss? Wer seine Kellerschätze als Kapitalanlage mit Genussgewinn betrachtet, kann sich freuen, dass diese Art der Geldanlage im Vergleich etwa zu Aktien recht wertstabil ist. Der Londoner Livex 100 Fine Wine Index, in dem namhafte Bluechips wie Château Pétrus oder Romanée-Conti gelistet sind, bietet da eine gute Orientierung. Er schlägt im Vergleichszeitraum von 2004 bis 2008 alle Aktienindizes von Dax bis Dow Jones. Auch in der derzeitigen Wirtschaftskrise hielt sich das Minus bisher in Grenzen. Experten setzen für die Zukunft auf den unersättlichen asiatischen Markt.

Seitdem die Grands Crus aus Bordeaux preislich in unerschwingliche Sphären entrückt sind, schauen sich Kenner immer mehr nach bezahlbaren Alternativen zu Einkaufspreisen ab zehn Euro um: Zweitgewächse der Châteaux oder herausragende Cru Bourgeois die „bürgerlichen Gewächse“ sowie Weine von ehrgeizigen Winzern aus dem südfranzösischen Languedoc, aus Kalifornien, Österreich und verstärkt auch Deutschland. Wie auch immer die Weinpreise sich in Zukunft entwickeln, ein Totalverlust droht bei richtigem Lagern nicht. Weinliebhaber Hilger: „Ich kann die Flaschen ja jederzeit öffnen und trinken.“