Konsum Wie Sie die Kauflust beim Kunden wecken

Schluss mit schnell und billig - die Kunden suchen mehr Qualitätsangebote. Wer die noch emotional aufpeppt, hat beste Verkaufschancen.

Weniger Luxus, dafür gerne mal verzichtenNach der Krise zählen bei den Konsumenten vor allem Sicherheit, Vertrauen und Verantwortung. Für jeden dritten gewinnt zudem das eigene Zuhause wieder an Bedeutung. - © handwerk magazin

Kauflust beim Kunden wecken

Ein Haus ohne Risiken und Nebenwirkungen? Stefan Rübke bietet seinen Kunden schlüsselfertige Wohlfühlhäuser mit TÜV-Zertifikat. „Damit dokumentieren wir verbindlich, keine gesundheitsgefährdenden Materialien zu verwenden“, erklärt der Bauunternehmer in Walsrode. Weil Papier bekanntlich geduldig ist, können die Kunden in der 300 Quadratmeter großen Ausstellung die Materialien erleben und so ein Gespür für ihr neues „wohngesundes“ Zuhause entwickeln. Ein Service, der laut Rübke „hervorragend ankommt“. Nicht zuletzt auch deshalb, weil seine Häuser keineswegs teurer sind als Objekte mit vergleichbarem Qualitätsstandard: „Die Kunden haben bei uns einfach mehr Sicherheit“, freut sich Rübke über seinen Wettbewerbsvorteil.

Kauflust beim Kunden mit Vertrauen wecken

Dass dieser im Jahr eins nach der Krise an Bedeutung gewinnt, steht für die Experten der Nürnberger „Gesellschaft für Konsumforschung“ (GfK) außer Frage: „Die Krise hat die Prioritäten der Verbraucher maßgeblich verändert, die Verbraucher wollen Produkte, die Orientierung und Sicherheit bieten“, erklärt Wolfgang Twardawa, Geschäftsführer des GfK-Panelservice. Da die Rezession im vergangenen Jahr – die Wirtschaftsleistung ging um fünf Prozent zurück – im Unterschied zu früheren Krisen durch Macht und Gier ausgelöst wurde, habe sie vor allem für einen massiven Vertrauensverlust in der Bevölkerung gesorgt. Wachstum um jeden Preis ist deshalb laut Twardawa inzwischen genauso wenig gefragt wie bedingungsloser Billig- oder Luxuskonsum: „Die Verbraucher kaufen lieber etwas weniger, dafür aber in besserer Qualität.“ Zur neuen Bescheidenheit gehöre es auch, dem „guten Gefühl“ bei der Kaufentscheidung eine wesentliche Rolle einzuräumen.

Geld ist Lust in der Hosentasche

Hans-Georg Häusel, Partner der Beratungsgruppe Nymphenburg in München, kann die Erkenntnis der Marktforscher nur bestätigen. Seit 1980 erforschen er und sein Team die Kaufmotive der Kunden rund um den Globus und beraten Firmen beim Entwickeln geeigneter Marketingstrategien. Mit dem Vorurteil, dass sich die Kunden bei ihrer Kaufentscheidung nur am Preis orientieren, haben die Neuromarketing-Experten dabei gründlich aufgeräumt: „Geld ist konzentrierte Lust in der Hosentasche und deshalb äußerst emotional“, sagt Häusel. Um den Kunden ihren Schatz zu entlocken, müssten die Unternehmen ihr Angebot mit einem emotionalen Mehrwert aufpeppen.

Entsprechend der herrschenden Konsumstimmung rät er deshalb zu Servicestrategien, die die Motive Sicherheit (Trust), Individualität (Care), Bequemlichkeit ( Easy), Effizienz (Power), Glück (Happy) und Status (VIP) gezielt ansprechen. Je mehr Kaufknöpfchen dabei im Gehirn des Kunden aktiviert werden, desto eher wird der Kunde laut Häusel kaufen.

Ehrlich, fair und zuverlässig sein

Bauunternehmer Stefan Rübke punktet nicht nur mit seinem TÜV-Zertifikat beim Trust-Motiv, sondern bietet unter dem Firmenmotto „Ehrlich, Fair und Zuverlässig“ weitere schlagkräftige Zusagen. Alle Rohbauarbeiten werden ausschließlich von seinen Mitarbeitern erledigt, es gibt keine Vorauszahlungen, und der Kunde darf sich über eine Festpreis- und Bauzeitengarantie genauso freuen wie über 30 Jahre Garantie auf die Grundkonstruktion. Dass der zwölf Mitarbeiter zählende Betrieb noch dazu alle Leistungen auf Wunsch koordiniert und sogar mögliche Eigenleistung des Bauherrn integriert, verschafft zusätzliche Pluspunkte beim Easy- und Care-Service .

Sich um den Kunden intensiver zu kümmern als die Wettbewerber ist für Frank Berghoff in Remscheid schon seit der Gründung 1997 überlebenswichtig. Denn Berghoff muss sich als unabhängiger Optiker mit zwei Gesellen und zwei Auszubildenden gegen die Branchengiganten und ihre Rabattschlachten behaupten. Dank kreativem Marketing gelingt ihm das hervorragend. „Zur Eröffnung habe ich individuell gestaltete Randlosbrillen angeboten, die es damals nirgendwo zu kaufen gab.“

Als die Konkurrenz nachzog, hat er mit Linsenanpassungen, Sport- und Hornblattbrillen weitere lukrative Nischen besetzt. Im Gegensatz zum Massenangebot der Branchengrößen sollen die Kunden bei Berghoff den Brillenkauf genießen und ihren Blick für schöne Dinge schärfen: „Wir passen jede Brille an die Gesichtsform und den Verlauf der Augenbrauen an, damit der jeweilige Typ optimal zur Geltung kommt.“ Obwohl es bei Berghoff keine Rabatte gibt, konnte der 46-Jährige in den vergangenen vier Jahren zweistellige Zuwachsraten erzielen.

Qualität ist wieder gefragt

Marktforscher Twardawa ist von solchen Ergebnissen keineswegs überrascht: „Die Geiz-ist-geil-Mentalität hat endgültig ausgedient, es gibt einen klaren Trend zur Qualität.“ Wie die Analysen der Marktforscher zeigten, konnten die Discounter 2009 erstmals seit vielen Jahren nicht weiter zulegen, Anbieter wie Aldi haben sogar deutlich an Boden verloren. Inzwischen sprechen die GfK-Experten bereits von einer „ Renaissance der Mitte“, die dem qualitäts- und serviceorientierten Handwerker laut Twardawa „beste Chancen“ bietet. Entscheidendes Kaufkriterium sei nicht länger der absolute Preis. Sondern ein stimmiges Gesamtpaket aus Preis und Leistung, das die neuen Werte der Konsumenten bedient: „Auch die Premium-Marken“, so Twardawa, „können sich zukünftig nur behaupten, wenn sie Vertrauen und Sicherheit in den Vordergrund stellen.“

Die Preisbereitschaft beim Kunden ist da

Malermeister Thomas Rodens in Stuttgart hat die von den Neuromarketing-Experten formulierten Trust- und Easy-Stategien seit seiner Gründung vor zwei Jahren zum Geschäftsprinzip gemacht. Nach dem Motto „Handwerk mit Stil“ bietet er hochwertige Innenausbauleistungen aus einer Hand an. Seine Kunden kommen jeweils zur Hälfte aus dem Privat- und Objektbereich.

Während bei den Privatkunden vor allem der zuverlässige Komplettservice zählt, geht es im Ladenbau primär um eine designgerechte und pünktliche Auftragsabwicklung. „Bei Aufträgen von Esprit oder Mexx arbeiten wir oft morgens von sieben bis zehn Uhr. Denn wenn die ersten Kunden kommen, müssen alle Arbeiten erledigt sein“, erklärt Rodens. Ein Geschäft, das eine perfekte Organisation und entsprechend leistungsorientierte Mitarbeiter erfordert. Das Projektmanagement hat der Betriebsmanager im Handwerk bei seiner Zusatzausbildung perfekt gelernt, doch die richtigen Mitarbeiter für seine qualitätsorientierte Firmenphilosophie zu finden sei keineswegs leicht.

So muss Thomas Rodens als Chef immer wieder auf vermeintlich einfache Dinge wie saubere Fahrzeuge und Arbeitskleidung achten: „Inzwischen gelingt das aber immer besser, sogar die Leiharbeiter ziehen mit .“

Da es sich in Stuttgart herumgesprochen hat, dass der erst zwei Jahre alte Betrieb eine qualitativ hochwertige Handwerksleistung zu einem fairen Preis bietet, muss Rodens keine Kaltakquise mehr betreiben. Läuft etwas mal nicht so wie angekündigt, informiert der Chef den Kunden sofort über Veränderungen. Mit der Folge, dass diese auch bei kleinen Fehlern nicht gleich zur Konkurrenz überlaufen oder den Preis drücken. Nach Rodens Erfahrung ist dieser nicht allein maßgeblich für die Kaufentscheidung; „Gerade bei Folgeaufträgen und Empfehlungen zählen wirklich Werte wie Zuverlässigkeit und Qualität.“

Fazit: Es lohnt sich also, die neuen Werte der Kunden engagiert zu bedienen.

Kaufmotive: Wie Kunden entscheiden

Jeder Mensch hat drei Motiv- und Emotionssysteme im Gehirn, die seine gesamten Entscheidungen bestimmen: Balance, Dominanz und Stimulanz.

Balance-motivierte Käufer streben nach Sicherheit und Ruhe und sind glücklich, wenn alles seine Ordnung hat. Das Dominanz-System spiegelt den Wunsch des Kunden nach Macht, Status und Autonomie wider, das Stimulanz-System steht für Individualität und die Suche nach Neuem.

Je nach Typ, Alter, Geschlecht und persönlicher Lebenssituation sind die einzelnen Motive bei den Kunden unterschiedlich ausgeprägt. Tendenziell gehen in Krisenzeiten die Motive Dominanz und Stimulanz zurück, da die Menschen Sicherheit suchen und möglichst wenig Risiken eingehen wollen.