Justiz: Die 25 wichtigsten Urteile für Handwerker

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Rechtstrends

Nichts geht mehr ohne das Recht im Handwerk. Von der Akquise über die Auftragsabwicklung bis hin zur Mitarbeiterführung und Steuer­gestaltung sichert juristisches Wissen den wirtschaftlichen Erfolg.

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    Auf Justitias Waage haben rechtskundige Handwerker mehr Einfluss.
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    Auch wenn der verstorbene Arbeitnehmer nichts mehr von seinem Urlaub hat – die Erben können mit dem ­Urlaubsgeld verreisen.
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    „Handwerker sollten auf ­unrichtige Baustellen­protokolle sofort reagieren.“ Tanja Nein, ­ Rechtsanwältin bei Rödl & Partner.
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    Handwerker, die die Regeln der Technik nicht einhalten, müssen ihre Kunden informieren.
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    Personen, die im Internet unberechtigte Kritik an Handwerkern üben, bleiben meist anonym.
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    „Handwerker haben Anspruch auf ­Löschung verleumderischer Inhalte im Internet.“ Mario Bergmann, ­ Rechtsanwalt bei Brandi.
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    „Ist der Chef nicht im Haus, kann auch der Geselle oder die Sekretärin unterschreiben.“ Ralf Leinemann, ­Rechtsanwalt bei Leinemann Partner.
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    Bieter können bei öffentlicher Auftragsvergabe mehrere Angebote gleichzeitig abgeben.
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    Qualität müssen Handwerker immer liefern – selbst wenn dazu nichts in den Verträgen steht.

Längst dominieren Paragrafen die Beziehung des einzelnen Handwerksbetriebs zu Kunden, Konkurrenten, Lieferanten, Angestellten, General- und Subunternehmern sowie Behörden. Doch Recht ist nicht nur eine Hürde, die Handwerksunternehmer bremst, sondern vor allem Garant für sichere Umsätze und Gewinne. Recht hält allzu forsch werbende Konkurrenten über das Wettbewerbs- und Kartellrecht auf Abstand. Und Recht hat nicht zuletzt eine strategische Bedeutung. Wie sichere ich als innovativer Werkzeugmacher meine Erfindungen ab? Wie kann ich als Goldschmied neu entworfene Designs gegen Nachahmer schützen? Wie verhindere ich als Uhrmacher, dass meine hochwertigen handwerklichen Produkte über Ramschplattformen im Internet niveaulos versteigert werden?

Rechtsfragen über Rechtsfragen, deren positive Beantwortung für den nachhaltigen unternehmerischen Erfolg eine ähnlich wichtige Rolle spielt wie gutes Marketing und ein funktionierendes Controlling. Die juristischen Lösungen finden sich in unzähligen Gesetzen und noch mehr Gerichtsentscheidungen, von denen der größte Teil in den Gerichtsarchiven verborgen bleibt. Nur ein Bruchteil wird in juristischen Fachzeitschriften veröffentlicht. Weit unter einem Prozent aller Urteile, die im Namen des Volkes überschrieben sind, erblickt über Nachrichtenagenturen, die Tagespresse, Handwerkskammern und Verbände überhaupt das Licht der breiten Öffentlichkeit.

Ökonomisierung des Rechts

Und so ist es kein Wunder, dass die Bevölkerung die Rechtsprechung als uneinheitlich wahrnimmt. Nach dem jüngsten Rechtsreport, den der Rechtsschutzversicherer Roland alljährlich vom Institut für Demoskopie Allensbach erstellen lässt, sind 69 Prozent der Deutschen der Ansicht, dass manche Bürger bessere Chancen, manche schlechtere Chancen haben, zu ihrem Recht zu kommen. 63 Prozent der Bevölkerung sind überzeugt, dass ein guter Anwalt die Erfolgsaussichten vor Gericht verbessert. Und 57 Prozent glauben, dass finanziell besser gestellte Bürger einen Vorteil vor Gericht haben. Bernie Ecclestone lässt grüßen. Er zahlte nicht nur die unvorstellbare Summe von 100 Millionen Dollar, um einen belastenden Strafprozess in München vorzeitig zu beenden. Ecclestone verfügte darüber hinaus über das nötige Kleingeld, um sich einen Staranwalt wie den Düsseldorfer Wirtschaftsstrafverteidiger Sven Thomas leisten zu können.

Die Ökonomisierung des Rechts ist längst Realität, schaut man sich allein die Liste prominenter Manager an, die gegen Zahlung extrem hoher Geldauflagen eine strafrechtliche Verurteilung abwenden konnten. Und die Deutsche Bank hat gleich 2,2 Mrd. Euro an bilanziellen Rückstellungen gebildet, um ihre weltweiten Rechtsrisiken pekuniär ausgleichen zu können, falls es zu Verurteilungen kommt. Weitere Kapitalpuffer für Rechtsrisiken sind angekündigt.

Experten geben wertvolle Rechtstipps

Leser des handwerk magazins müssen finanziell nicht besser gestellt sein, um über die neuesten Trends in der Rechtsentwicklung umfassend und profund informiert zu werden – und das ganz ohne jahrelange gerichtliche Auseinandersetzungen. Die Redaktion hat fünf der renommierten Wirtschaftskanzleien in Deutschland beauftragt, die 25 wichtigsten Urteile für Handwerker aus den letzten Jahren zu kommentieren – und zwar aus den Rechtsgebieten Arbeitsrecht, Baurecht, IT-Recht, Werkvertragsrecht und Vergaberecht. Die Judikate schaffen Klarheit in der täglichen Arbeit, sparen wertvolle Zeit und schonen das Portemonnaie des Handwerkers. Im Optimalfall füllen sie es sogar ordentlich auf. Oder verhindern, dass Kunden oder Lieferanten über ihre Anwälte unberechtigt auf die hart erarbeiteten finanziellen Reserven zugreifen.

  • Fakten
  • 20 000
    Richter fällen in Deutschland berufsmäßig Urteile.
    1,5 Millionen
    Urteile sind es ­jährlich allein in ­Zivilsachen.
    Quelle: Statistisches ­Bundesamt

ARBEITSRECHT

Altersvorsorge

Entgeltumwandlung. Nach dem Gesetz kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, dass von seinen künftigen Lohnansprüchen bis zu vier Prozent in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden. Weil ein Arbeitnehmer von seinem Chef hierüber nicht aufgeklärt worden war, klagte er auf Schadenersatz in Höhe von 15 000 Euro. Das Bundesarbeitsgericht wies die Klage ab. Aus der Fürsorgepflicht ergebe sich keine Aufklärungspflicht des Arbeitgebers (Az.: 3 AZR 807/11). Anwalt Gregor Dornbusch, Partner bei Baker & McKenzie, sieht bereits keinen Schaden beim Arbeitnehmer: „Denn eine Entgeltumwandlung wandelt einen künftigen Vergütungsanspruch in eine Versorgungsanwartschaft um, die zum Lohnanspruch wertgleich ist und somit keinen Schaden darstellt.“

Überstunden

Duldung gefährlich. Arbeitgeber, die die Ableistung von Überstunden sehenden Auges hinnehmen, müssen im Streitfall damit rechnen, dass Mitarbeiter hohe Nachforderungen stellen. So hat das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern einer Mitarbeiterin die nachträgliche Vergütung von 150 Überstunden zugestanden. Diese hatte lediglich eine schriftliche Aufstellung der geleisteten Arbeitsstunden eingereicht. Die Richter meinten, der Arbeitgeber hätte aktiv Vorkehrungen treffen müssen, um die Überstunden zu vermeiden. Ulrike Bischof, Anwältin bei Baker & McKenzie: „In der Praxis wird es für die Arbeitnehmer einfacher, auf Überstundenvergütung zu klagen. Es bleibt abzuwarten, welche Anforderungen die Gerichte an die Verhinderungsmöglichkeiten der Arbeitgeber stellen werden.“

Krankmeldung

Abmahnung. Feiert ein krankgeschriebener Mitarbeiter kräftig im Kölner Karneval mit, ist es nur allzu menschlich, wenn der Chef rot sieht und ihm fristlos kündigt. Juristisch ist das allerdings unklug, wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln zeigt (Az.: 11 Sa 407/13). Der Arbeitnehmer war nämlich wegen psychischer Probleme krankgeschrieben worden. Deshalb hatte der Arzt den Besuch der Karnevalsveranstaltung ausdrücklich unterstützt. Resultat in dem Arbeitsprozess: Das Gericht hielt die Kündigung für unwirksam. Es fehlte die vorherige Abmahnung. „Sobald die Gesundheit und die Genesung gefährdet werden, darf ein Arbeitgeber kündigen. Beim Vortäuschen einer Krankheit in der Regel ohne Abmahnung – bei genesungswidrigem Verhalten sollte zuvor eine Abmahnung erfolgen“, rät Anwalt Gregor Dornbusch, Partner bei Baker & McKenzie.

Urlaub vererbbar

Auszahlungsanspruch. Der Europäische Gerichtshof hat der Witwe eines verstorbenen Arbeitnehmers einen Anspruch auf Auszahlung von 140 Urlaubstagen zugesprochen, die ihr Mann wegen schwerer Erkrankung nicht mehr nehmen konnte (Az.: C-118/13). Nach dem Richterspruch hat ein Arbeitnehmer auch nach seinem Tod noch Anspruch auf Jahresurlaub und seine Hinterbliebenen können die Auszahlung der Urlaubtage verlangen. Noch nicht einmal ein Urlaubsantrag muss dafür gestellt worden sein. Allerdings lässt sich der Urlaubsanspruch begrenzen, berichtet Ulrike Bischof, Anwältin bei Baker & McKenzie: „Wichtig ist für Arbeitgeber, dass im Rahmen des Arbeitsvertrags die Auszahlung noch nicht genommenen Urlaubes auf den gesetzlichen Mindesturlaub begrenzt wird. Nur so kann sich der Arbeitgeber davor schützen, dass er wie im vorliegenden Fall eine hohe Anzahl an Urlaubstagen finanziell abgelten muss.“

Erlaubnis anfordern

Arbeitnehmerüberlassung. Wird ein Arbeitnehmer von einer Zeitarbeitsfirma nicht nur vorübergehend an den Auftraggeber verliehen, wie es das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vorschreibt, wird nach einer Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts kein festes Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer fingiert (Az.: 9 AZR 51/13). Dieses entsteht nur, wenn die Zeitarbeitsfirma keine Erlaubnis besitzt. Dr. Gregor Dornbusch, Partner bei Baker & McKenzie, empfiehlt: „Als Entleiher sollte ein Unternehmer auf jeden Fall darauf achten, dass der Verleiher eine gültige Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis hat. Das schützt den Entleiher davor, entliehene Arbeitnehmer als eigene übernehmen zu müssen.“

BAURECHT

Schweigen hilft nicht

Baustellenprotokoll. Der Auftragnehmer muss dem Inhalt eines vom Auftraggeber erstellten Protokolls nach einer Entscheidung des BGH unverzüglich widersprechen, will er verhindern, dass sein Schweigen wie eine nachträgliche Genehmigung behandelt wird (Az.: VII ZR 301/12). Der Geschäftsführer des Auftragnehmers hatte bei einer Baubesprechung angeblich zugesagt, fehlende Montagepläne zu einem bestimmten Datum zu liefern. So war es jedenfalls im Protokoll vermerkt. Als er die Frist versäumte, wurde ihm der Auftrag gekündigt. Zu Recht, meinte der BGH. Rechtsanwältin Tanja Nein von Rödl & Partner: „Handwerkern ist dringend anzuraten, Protokolle nach Erhalt genau zu prüfen und Widersprüche sofort schriftlich vorzubringen, um eine mögliche Bindung zu verhindern.“

Nutzungsausfall

Bauverzögerungen. Eine neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs sorgt unter Bauträgern und Handwerkern für Sorgenfalten. Das Gericht sprach einem Wohnungserwerber erstmals eine Nutzungsausfallentschädigung ähnlich wie nach einem Autounfall zu, weil die 136 qm große Neubauwohnung selbst zwei Jahre nach vertraglich festgelegtem Fertigstellungstermin noch nicht bezugsfertig war (Az.: VII ZR 172/13). Rechtsanwalt Jürgen Mintgens von GTW empfiehlt: „Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung sind Handwerker gut beraten, zunächst einmal realistische Fertigstellungstermine im Vertrag mit dem Erwerber zu vereinbaren. Dies dürfte die sicherste Möglichkeit darstellen, Nutzungsausfallentschädigungsansprüchen entgegenzuwirken.“

Regeln der Technik

Hängende Holztreppe. Auch wenn das vertraglich nicht vereinbart wurde, müssen Handwerker ihre Werke nach den anerkannten Regeln der Technik errichten. In einem vom BGH entschiedenen Fall war das nicht geschehen (Az.: VII ZR 134/12). Dort war eine Holztreppe mit einer Wangenstärke von nur 44 mm aufgebaut worden, weshalb diese sich bog und knarrte. Der Auftragnehmer verteidigte sich im Prozess mit dem Argument, die mindestens erforderlichen 50 mm Wangenstärke seien nicht vereinbart worden. Doch damit kam er nicht durch. „Eine vereinbarte Abweichung vom Mindeststandard schützt den Handwerker als Auftragnehmer nur dann, wenn er den Auftraggeber darauf hingewiesen hat“, erläutert Rechtsanwalt Sven Wellhausen von der Kanzlei GTW.

Haftung für Dritte

Prüfungsumfang. In einem vom BGH entschiedenen Fall hatte der Auftraggeber den Auftragnehmer zu Schadenersatz in Höhe von 56 000 Euro wegen Mängeln an der Drainageleitung verklagt, die ein Subunternehmer unabhängig vom Auftragnehmer ausgeführt hatte (Az.: VII ZR 83/11). „Aus dem Urteil folgt für die Praxis, dass Handwerker bei Vorleistungen Dritter prüfen müssen, ob diese eine geeignete Grundlage für ihre eigene Leistung darstellen. Hat der Handwerker Anhaltspunkte für Mängel der Vorleistungen, muss er den Auftraggeber unverzüglich – also ohne schuldhaftes Zögern – und schriftlich auf seine Bedenken hinweisen“, zieht Rechtsanwalt Sven Wellhausen von der Kanzlei GTW die Konsequenzen aus der Entscheidung.

Zugang sichern

Eigentumsschutz. In eine ärgerliche Zeitfalle können Handwerker laufen, wenn sie Arbeiten an Wohnungseigentumsanlagen ausführen. Kommt es später zu Auseinandersetzungen wegen angeblicher Mängel am Gemeinschaftseigentum, die eine Begutachtung durch einen Sachverständigen in allen Wohnungen erfordern, können sich einzelne Wohnungseigentümer je nach Fallkonstellation quer stellen und wegen des Eigentumsschutzes den Zugang zur Privatwohnung verweigern. Das hat der Bundesgerichtshof bestätigt und in den Schutzbereich der Wohnung auch Außentreppe, Fahrradkeller und Tiefgarage einbezogen (Az.: VII ZB 61/12). „Handwerker sollten in die Verträge ein Zugangsrecht aufnehmen lassen, um später nicht auf das Wohlwollen eines Dritten angewiesen zu sein“, rät Rechtsanwältin Tanja Nein von Rödl & Partner.

IT-RECHT

Feige Verleumdung

Auskunftsanspruch. Handwerker haben keinen Auskunftsanspruch gegen Betreiber von Internetportalen über persönliche Daten von Nutzern, die Verleumdungen oder üble Nachreden gegen das Handwerksunternehmen verbreiten. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden (Az.: VI ZR 345 /13). Die Betroffenen haben lediglich einen Anspruch auf Löschung der Einträge. Rechtsanwalt Mario Bergmann aus der Kanzlei Brandi: „Betroffene Unternehmer können nach der aktuellen Gesetzeslage von den Seitenbetreibern nur die Löschung der Einträge verlangen. Kostenaufwendige Klagen, um den Verfasser der Einträge zu ermitteln, sind zum Scheitern verurteilt.“ Nur der Staatsanwalt hat Anspruch auf Namensnennung. Dafür muss allerdings der Verdacht einer Straftat wie etwa einer Verleumdung bestehen.

Vergessen im Netz

Suchmaschinen. Handwerker haben ein Recht auf digitales Vergessen. Sie können von Suchmaschinen verlangen, Links auf personenbezogene Daten zu entfernen. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden (Az.: C-131/12). „Für Handwerksbetriebe kann dies bedeuten, dass sie unter Umständen Links auf negative oder falsche Informationen oder Artikel bei Google löschen lassen können. Sie müssen allerdings nachweisen, dass die Internetseiten, auf die Google verlinkt, den Inhaber in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt“, erläutert Rechtsanwältin Christiane Bierekoven von Rödl & Partner. Der Haken dabei: Viele Löschungen werden mittlerweile im Netz öffentlich diskutiert. Imageschäden sind damit nicht ausgeschlossen.

Link setzen erlaubt

Framing. Einfache Links darf man im Internet auf seiner Homepage setzen. Komplizierter ist das Framing. Hier wird der fremde Inhalt dergestalt verlinkt, dass er sich für den Nutzer als eigener Inhalt der verlinkenden Website darstellt. In einem vom BGH zu beurteilenden Fall ging es um einen Aufklärungsfilm eines Wasserfilterherstellers, welcher von einem Konkurrenten mittels Framing auf dessen Website verlinkt worden war (Az.: I ZR 46/12). Hiergegen wandte sich der Hersteller mit Verweis auf die Urheberrechte an dem Film – vorerst erfolglos. Der Fall liegt derzeit beim Europäischen Gerichtshof. „Handwerksbetriebe, die Filme anderer Websites einbinden wollen, sollten sich vorsorglich um alternative Lizenzmodelle bemühen“, empfiehlt Rechtsanwalt Stefan Wille von Brandi.

Lauschangriff

Beweisverwertungsverbot. Immer häufiger lassen Arbeitgeber Mails ihrer Mitarbeiter mitlesen, Gespräche abhören oder Arbeitsplätze per Video überwachen (BAG, Az.: 2 AZR 153/11, 2 AZR 797/11). Doch diese Eingriffe in die Privatsphäre haben enge Grenzen. Die Verwendung der Erkenntnisse aus der Überwachung ist meist verboten. Allerdings können berechtigte Interessen des Arbeitgebers wie etwa der Verrat von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen solche Maßnahmen durchaus rechtfertigen. „Handwerksbetriebe sollten hier sehr vorsichtig sein. Neben der vermeintlichen Strafbarkeit kann das Abhören auch einen Imageschaden nach sich ziehen“, gibt Rechtsanwältin Christiane Bierekoven von Rödl & Partner zu bedenken.

Datenschutz gilt nicht

Steuerfahnder. Mit einer speziell entwickelten Software namens Xspider durchkämmen die Behörden das Netz nach Steuerhinterziehern. Dabei gelten für den Fiskus die Schranken des Datenschutzes nicht, wie der Bundesfinanzhof in einem bemerkenswerten Urteil feststellte (Az.: II R 15/12). „Verkauft ein Handwerksbetrieb regelmäßig gebrauchte Güter über das Internet, kann er ebenfalls ins Visier der Fahnder geraten. Es ist daher ratsam, sich auch bei Geschäften im Internet stets genau an die steuerrechtlichen Pflichten zu halten, warnt Rechtsanwältin Christiane Bierekoven von Rödl & Partner.

VERGABERECHT

Nebenangebot

Zuschlagskriterien. Ist in einem europaweit ausgeschriebenen Vergabeverfahren der Preis alleiniges Zuschlagskriterium, dürfen Nebenangebote grundsätzlich nicht zugelassen und gewertet werden. Das hat der BGH in einem Vergabenachprüfungsverfahren zum Umbau einer Straßenbahntrasse in Gera entschieden. Ein Nebenangebot liegt vor, wenn das Angebot eines Bieters inhaltlich von der Leistungsbeschreibung der Vergabestelle abweicht. „Unterhalb des Schwellenwertes von derzeit 5 186 000 Euro netto muss der öffentliche Auftraggeber bei der Ausschreibung von Bauleistungen angeben, wenn er ein Nebenangebot nicht oder nur unter Einschränkungen zulässt. Oberhalb des Schwellenwerts muss er Nebenangebote ausdrücklich zulassen“, erläutert Rechtsanwalt Armin Preussler von Leinemann & Partner.

Maschinen besorgen

Leistungsfähigkeit. Wird für die Leistungserbringung spezielles Gerät verlangt, so ist es ausreichend, wenn der Bieter durch Eigenerklärung versichert, zu Leistungsbeginn über eine entsprechende Maschine zu verfügen, es sei denn, die Vergabeunterlagen verlangen ausdrücklich, dass die Gerätschaften bereits bei Angebotsabgabe vorhanden sein müssen. Das hat das Oberlandesgericht München entschieden (Az.: Verg 30/12). Der Fall: Eine Forstbehörde hatte Holzfällarbeiten ausgeschrieben, für die eine besondere Maschine, ein sogenannter „Harvester“, erforderlich war. Ein Wettbewerber stellte daraufhin die Leistungsfähigkeit des Bieters infrage. Handwerkern empfiehlt Rechtsanwalt Oliver Homann von Leinemann Partner: „Sofern es möglich ist, technische Ausstattung kurzfristig zu besorgen, kann zunächst das Ergebnis des Vergabeverfahrens abgewartet werden. Erhält das Unternehmen den Zuschlag, kann es dann die erforderliche Anschaffung tätigen.“

Unsinnige Aufträge

Leistungsbeschreibung. Es stellt keinen Vergabeverstoß dar, wenn die vom öffentlichen Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Ausführung des Auftrags möglicherweise zu technischen Mängeln führt. Das Vergaberecht dient nämlich nach einer Entscheidung der Vergabekammer Sachsen nicht dazu, vor technisch oder wirtschaftlich unsinnigen Aufträgen zu schützen (Az.: 1/SVK/004-11). In dem konkreten Fall schrieb der Auftraggeber einen Bauauftrag zum Abbruch und Neubau von Holzfenstern und -türen in einem denkmalgeschützten Gebäude aus. Ein Unternehmen meinte, dass die Ausschreibung gegen Bestimmungen zum Mindestwärme-, Schimmel- und Tauwasserschutz verstoße. „Öffentliche Auftraggeber haben das Recht, zu bestimmen, was sie beschaffen wollen. Dabei können sie von technischen Regelwerken abweichen, tragen hierfür aber bei der Vertragsdurchführung grundsätzlich das Haftungsrisiko“, stellt Rechtsanwalt Martin Büdenbender von Leinemann Partner fest. Fiskalischer Unsinn lässt sich aber nicht stoppen.

Unterschrift

Angebotsabgabe. Wer darf unterschreiben, wenn auf dem Angebotsvordruck ein Feld die „rechtsverbindliche Unterschrift“ verlangt? Viele Gerichte haben dies langjährig so interpretiert, dass nur im Handelsregister eingetragene Personen oder bei einem Einzelunternehmen der Unternehmer selbst das Angebot unterschreiben darf, ansonsten ist es unwirksam. Der BGH hat schließlich für Klarheit gesorgt (Az.: X ZR 108/10). Das Gericht sprach einem wegen angeblich ungültiger Unterschrift übergangenen Bieter Schadensersatz zu. Ralf Leinemann von Leinemann Partner empfiehlt Handwerksbetrieben: „Ist der Chef am Tag der Angebotsabgabe nicht im Haus, kann auch ein Geselle oder die Sekretärin mit der Unterschrift unter das Angebot beauftragt werden. Wichtig: Die Beauftragung muss zum Zeitpunkt der Unterschrift vorhanden sein. Es reicht nicht aus, eine vollmachtlos geleistete Unterschrift nachträglich zu genehmigen.“

Hauptangebote

Bietertaktik. Es war lange umstritten, ob Bieter in einem Vergabeverfahren der öffentlichen Hand auch mehrere Hauptangebote einreichen dürfen. Mit einem grundlegenden Beschluss hat das OLG Düsseldorf zugunsten größerer Freiräume der Bieter entschieden (Verg 34/12). „Die Einreichung mehrerer Hauptangebote ist grundsätzlich zulässig. Diese müssen sich allerdings hinreichend deutlich voneinander unterscheiden, sodass jedem Hauptangebot ein eigener und eindeutiger Inhalt beigemessen werden kann“, erläutert Rechtsanwalt Thomas Kirch von Leinemann Partner. Er empfiehlt, die Abweichung jeweils besonders kenntlich zu machen. „Im Übrigen ist jedes Hauptangebot nur dann wertungsfähig, wenn es in jeder Hinsicht den Vorgaben der Ausschreibung entspricht. Abweichungen führen zum zwingenden Ausschluss“, so Kirch.

WERKVERTRAGSRECHT

Lohn verloren

Schwarzarbeit. Wer schwarz arbeitet und sich dafür ohne Rechnung bezahlen lässt, begeht eine Steuerhinterziehung. So geschlossene Verträge sind laut BGH unwirksam (Az.: VII ZR 241/13). Ein Elek­troinstallateur hatte gegen einen Auftraggeber 5000 Euro eingeklagt, die zusätzlich zum offiziellen Preis ohne Rechnung gezahlt werden sollten. „Bei Schwarzgeldabreden arbeitet der Auftragnehmer auf sein eigenes Risiko. Er hat keinen Anspruch darauf, bezahlt zu werden“, sagt Rechtsanwalt Klaus Forster von Rödl & Partner.

Made in Germany

Qualitätssiegel. Viele Handwerker und Hersteller von Produkten werben auch dann gern mit dem Siegel „Made in Germany“, wenn die Einzelteile im Ausland hergestellt wurden und hierzulande nur noch die Qualitätskontrolle durchgeführt wird. Das ist irreführend, entschied das OLG Hamm im Fall eines Kondomherstellers, der die Kondome mit „made in Germany“ bewarb, obwohl die Latexrohlinge aus Fernost importiert worden waren (Az.: I-4 U 95/12). Der Verbraucher erwarte, dass der maßgebliche Herstellungsvorgang hier in Deutschland stattfindet. Rechtsanwalt Jörg König von Brandi warnt Handwerker davor, Kunden über den Herstellungsort in die Irre zu führen. „Dann können Wettbewerber kostenpflichtig abmahnen und Kunden können im Ernstfall Gewährleistungsansprüche einschließlich Schadenersatz geltend machen.“

Nachprüfungspflicht

DIN-Normen. Bei Bauwerken besteht keine generelle Pflicht, technische Anlagen sofort nachzurüsten. Dies gilt auch bei der Änderung entsprechender DIN-Normen. Der Verkehrssicherungspflichtige ist nicht generell gehalten, alte Bauwerke und Einrichtungen sofort an den neuesten Standard anzupassen, entschied der BGH (Az.: VI ZR 223/09). Rechtsanwalt Klaus Forster von Rödl & Partner bringt die Rechtslage für Handwerker auf den Punkt: „Welcher Gefahrenschutz sicherzustellen ist, richtet sich nicht ausschließlich nach dem neuesten Stand der Technik, sondern nach der Art der Gefahrenquelle, der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts sowie nach den drohenden Verletzungsfolgen.“

Kein Vertrag

Qualitätsstandard. Eine Handwerksarbeit kann auch dann mangelhaft sein, wenn vertraglich zu der Leistung, an der ein Mangel gerügt wird, nichts vereinbart war und auch keine DIN-Norm eine besondere Ausführung vorsieht. Dies hat der BGH klargestellt (VII ZR 275/12). Ein Hausbesitzer hatte gerügt, dass die von einem Handwerksbetrieb hergestellte Hof- und Zugangsfläche kein Gefälle aufwies, sodass sich Niederschlagswasser sammelte. Rechtsanwältin Tanja Nein von Rödl & Partner: „Was nicht ausdrücklich vertraglich geregelt oder in einer technischen Norm enthalten ist, kann dennoch zur vertraglichen Leistungspflicht gehören. Das Gesetz stellt auf die berechtigten Erwartungen des Bestellers ab, die dieser an das Ergebnis der Bauleistung haben darf.“

Prognoserisiko

Ersatzvornahme. Der Auftragnehmer muss die Kosten für eine Mängelbeseitigung selbst dann erstatten, wenn sich die ergriffenen Maßnahmen durch eine Drittfirma im Nachhinein als nicht erforderlich erweisen. Dies hat der Bundesgerichtshof klargestellt (Az.: VII ZR 119/10). „Handwerksbetriebe müssen beachten, dass sie zwar stets berechtigt sind, die Art und Weise der Mangelbeseitigung selbst zu wählen. Kommen sie allerdings in Verzug und liegen die Voraussetzungen für eine Ersatzvornahme vor, tragen sie das Risiko der verspäteten Handlung und müssen die Kosten tragen, auch wenn die Reparatur nicht erforderlich war“, betont Rechtsanwältin Tanja Nein von Rödl & Partner.