Urlaubsplanung der Mitarbeiter Urlaubsanspruch: So sollten Sie mit Resturlaub verfahren

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Urlaub und Urteil des Monats

Viele Arbeitnehmer nehmen Urlaubstage aus dem alten in das neue Jahr mit - und die Arbeitgeber lassen das zu. Korrekt ist das allerdings nicht. Die gesetzlichen Vorgaben zum Thema Resturlaub sind eindeutig. handwerk magazin erklärt, wie Arbeitgeber richtig vorgehen.

Urlaubstage eines Arbeitnehmers können nicht mehr einfach verfallen.
Urlaubstage eines Arbeitnehmers können nicht mehr einfach verfallen. - © anyaberkut/iStockphoto.com

Arbeitnehmer haben ein Recht auf Urlaub. Arbeitgeber müssen darauf achten, dass ihre Beschäftigten diesen in Anspruch nehmen. Sie können vertraglich sogar mehr Urlaubstage gestatten, als vom Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) vorgegeben. Jedes Jahr stellt sich die Frage, was eigentlich mit den Urlaubstagen geschieht, die bis zum Ende des Jahres nicht genommen wurden.

Verfällt der Resturlaub und wenn ja, wann?

Das Bundesurlaubsgesetz sieht dafür wesentlich rigidere Regelungen vor, als viele Arbeitnehmer glauben:

“Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden.” (Bundesurlaubsgesetz § 7, Absatz 3)

Das heißt konkret: Der Jahresurlaub muss im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Eine Übertragung in das nächste Jahr ist nur im Ausnahmefall möglich und auch dann muss der Resturlaub spätestens bis 31. März des Folgejahres abgegolten sein.

Diese Ausnahmen sind dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe. Nur in diesen Ausnahmefällen kann der Urlaub überhaupt in das nächste Jahr übertragen werden. Doch, was genau heißt das?

Dringende betriebliche Gründe sind:

  • termin- oder saisongebundene Großaufträge des Betriebs,
  • technische oder verwaltungsmäßige Probleme im Betriebsablauf,
  • erhebliche krankheitsbedingte Ausfälle in der Belegschaft.

Dringende persönliche Gründe sind:

  • Arbeitsunfähigkeit,
  • Erkrankung eines Angehörigen, der gepflegt werden muss,
  • Erkrankung des Lebensgefährten, mit dem der Urlaub verbracht werden sollte,
  • Ausfall des Urlaubs wegen Elternzeit.

Das Urteil 

Nimmt der Mitarbeiter seinen Urlaub auch innerhalb des Übertragungszeitraums nicht, verfällt der Urlaub. So die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts. Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter noch im laufenden Kalenderjahr auch konkret dazu auffordert, seinen Urlaub bis spätestens 31. März des Folgejahres zu nehmen und unmissverständlich darauf hinweist, dass der Urlaub sonst verfällt (EuGH vom 06.11.2018, C-619/16 und C-648/16 sowie BAG vom 19.02.2019, AZR 541/19).

Informiert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darüber nicht und stellt der Arbeitnehmer keinen Urlaubsantrag, verliert er dadurch nicht automatisch seinen Urlaubsanspruch. War er z.B. nicht in der Lage seinen Urlaub zu nehmen, erlischt sein Anspruch zum 31. März des Folgejahres nicht: Er wandelt sich dann in einen Schadenersatzanspruch in Geld um.

Missliche Folge für den Arbeitgeber:

Haben Mitarbeiter seit 2003 in manchen Jahren keinen Urlaub genommen und wurden sie auch nicht entsprechend belehrt, besteht der Urlaubsanspruch grundsätzlich auch heute noch. Ob Urlaubsansprüche verjähren können, ist bislang nicht höchstrichterlich geklärt. In der Praxis gelten momentan Urlaubsansprüche ab 2016 als noch nicht verjährt.

Kein Urlaubsantrag – kein Urlaub

Wenn der Arbeitnehmer jedoch aus freien Stücken auf seinen bezahlten Urlaub verzichtet hat, obwohl er diesen hätte nehmen können und sein Arbeitgeber ihn auch darauf hingewiesen hat, kann er für den nicht genommenen Urlaub auch keinen finanziellen Ausgleich fordern.

Bei Krankheit verfällt der Urlaub (zunächst) nicht

Kann ein Arbeitnehmer seinen Urlaub nicht nehmen, weil er krank ist, verfällt dieser nicht am Jahresende. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2009 entschieden (C-350/06, C-520/06). Bleibt der Angestellte danach die ersten drei Monate des Folgejahres krank, besteht der Urlaubsanspruch weiter. Danach muss der Urlaub zeitnah im laufenden Kalenderjahr genommen werden.

Allerdings hat der Europäische Gerichtshof dies in einem weiteren Urteil 2011 eingeschränkt: Ein wegen Krankheit angesparter Urlaub verfällt 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres (Az. C-214/10). Bezugnehmend auf dieses Urteil hat auch der Bundesgerichtshof 2012 entschieden, dass Urlaub nach langer Krankheit am 31. März des übernächsten Jahres verfällt (9 AZR 983/07).   

Resturlaub in der Probezeit

Kann ein Angestellter seinen Urlaub aufgrund einer sechsmonatigen Probezeit nicht nehmen, darf der Resturlaub noch bis zum Ende des Folgejahres genommen werden. 

Resturlaub nach der Kündigung

Hier ist grundsätzlich zwischen zwei Varianten zu unterscheiden:

  • Die Kündigung erfolgt bis zum 30. Juni des Kalenderjahres: Der Anspruch auf Resturlaub besteht sowohl bei Eigenkündigung wie auch bei der Kündigung durch den Arbeitgeber. Eine Kündigung in der ersten Jahreshälfte führt dazu, dass ein Recht auf ein Zwölftel für jeden Arbeitsmonat besteht. Kann der Urlaub nicht mehr vollständig genommen werden, bevor der Arbeitnehmer geht, muss der Urlaub in Geld ausgeglichen werden.  Die übrigen Tage können dann zum neuen Arbeitgeber mitgenommen werden.
  • Die Kündigung erfolgt nach dem 30. Juni des Kalenderjahres: Ab diesem Zeitpunkt besteht ein vollständiger Anspruch auf den im Arbeitsvertrag festgeschriebenen Urlaub. Dafür muss der Betroffene allerdings schon mindestens sechs Monate im Unternehmen tätig gewesen sein. Bei einem Unternehmenswechsel wird der neue Chef in der Regel über die schon genutzten Urlaubstage informiert, damit Urlaubstage nicht doppelt genommen werden.

Geld statt Urlaub ist grundsätzlich verboten 

Eine finanzielle Abgeltung für nicht genommene Urlaubstage, das hört sich zwar verlockend an, ist aber nicht zulässig. Grund: Der gesetzlich festgelegte Mindesturlaub dient der Erholung und muss deshalb vom Arbeitnehmer genommen werden. Er darf nur dann ausgezahlt werden, wenn das Arbeitsverhältnis beendet worden ist und der Urlaub ganz oder teilweise nicht mehr genommen werden kann. Man spricht dann von Urlaubsabgeltung. Daher sollte der Resturlaub nach dem Ausspruch einer Kündigung tatsächlich genommen werden. Erst wenn es dafür keine Möglichkeit mehr im bestehenden Arbeitsverhältnis gibt, wird der Urlaub nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses abgegolten. Höhe: Sie richtet sich nach dem Durchschnittsverdienst in den letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Praxisfolgen 

Mit dem Urteil verpflichtet der EuGH den Arbeitgeber, geeignete und konkrete organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um den Jahresurlaub zu ermöglichen. Den Arbeitgeber trifft die Pflicht, den Arbeitnehmer über den Verfall des Urlaubs sowie seines Urlaubsabgeltungsanspruches rechtzeitig zu informieren.

Tipp:Um Schadensersatzansprüchen zu vermeiden und keine Urlaubsabgeltung leisten zu müssen, sollten Arbeitgeber rechtzeitig im laufenden Jahr alle Arbeitnehmer über den normalen Verfall des Urlaubsanspruchs am 31.12. und über den Übertragungsfall zum 31.03. hinreichend zu belehren .

Der neue Prozess

Als Arbeitgeber sollten Sie die Urlaubsansprüche jedes Mitarbeiters jährlich individuell prüfen, diesen nachweisbar über seine Urlaubsansprüche belehren und ihn persönlich auf die Fristen sowie Folgen daraus hinweisen. Auch auf übertragene Ansprüche aus dem Vorjahr müssen Sie hinweisen. Am besten erledigen Sie das gleich zum Jahresbeginn.

Spielräume für Ansprüche über dem Mindesturlaub

Alle hier dargestellten Regelungen gelten für den gesetzlich festgelegten Mindesturlaub . Davon unabhängig kann tariflich vereinbart werden, dass Urlaub, der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgeht, auf das erste Quartal des Folgejahres übertragen werden kann, ohne dass dafür ein Grund angegeben werden muss. Ebenso kann für diesen zusätzlichen Urlaub vereinbart werden, ob und wann der Resturlaub verfällt.