Management Interview mit Viola Frehse: So bringen Sie Struktur ins Büro

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Wo ist bloß der Lieferschein abgeblieben? Bei der Suche helfen digitale Tools. Viola Frehse, Inhaberin von Vioeasy, empfiehlt jedoch nicht einfach irgendwelche Software von der Stange zu kaufen – sondern zunächst genau zu prüfen, was eigentlich gebraucht wird. Herauskommen dann spannende Projekte, die passen.

Viola Frehse, Inhaber Vioeasy, räumt die Schreibtische auf. - © Viola Frehse
Frau Frehse, als Inhaber von Vioeasy zeigen Sie Unternehmern, wie Sie ihr Büro aufräumen. Denn ohne eine durchdachte Struktur lässt sich auch der Betrieb nicht digitalisieren. Gehen viele bei der Digitalisierung zu chaotisch ans Werk?

Viola Frehse: Das möchte ich so nicht sagen. In manchen Betrieben greifen Mensch und Maschine - also Mitarbeiter und Software - schon sehr effizient ineinander. Damit das gelingt, ist es jedoch elementar, zuerst die Grundstrukturen zu schaffen und zu fragen: Was soll mir ein Programm geben? Was brauche ich? Und was brauchen die Mitarbeiter im und außerhalb des Büros? Gerade in Handwerksbetrieben erlebe ich häufig, dass jemand aus der Familie oder eine Halbtagskraft die Ablage macht, Aufträge abheftet und sich um Rechnungen kümmert. Hinzu kommen immer wieder Lieferscheine, die zum Beispiel von der Baustelle ans Büro weitergegeben werden – und das ist schon der Idealfall: Denn oft bleiben all diese genannten Dokumente irgendwo liegen und werden dann zu spät bearbeitet. Das wirkt sich dann negativ auf Geschäftsbetrieb und Umsätze aus.

Wie können Betriebe da Struktur reinbringen?

Das ist natürlich von Fall zu Fall verschieden. Wichtig für alle ist aber eine Schnittstelle zu schaffen, die die Mitarbeiter drinnen mit den Mitarbeitern draußen vernetzt, so dass keine Informationen verloren gehen - und genau das leisten digitale Tools. Sie sorgen insgesamt für eine bessere Kommunikation und eine größere Transparenz .

Haben Sie dafür ein Beispiel?

Nehmen wir die Zeiterfassung: Anstatt den Mitarbeitern hinterherzulaufen und sie danach zu fragen, wie lange sie wo tätig waren, hilft eine App auf dem Smartphone, in das jeder seine Stunden direkt eingeben kann, egal, wo er sich gerade befindet. Genauso vereinfachen können sich Betriebe weitere Verwaltungsaufgaben, wie Lieferscheine kontrollieren und ablegen. Über Technologien wie das Internet der Dinge können Werkzeuge über Sensoren lokalisiert werden, was langes Suchen erspart oder die Diebstahlrate reduzier t. Und nach dem Supermarktprinzip kann die Materialwirtschaft im Fluss gehalten werden: Für jedes entnommene Produkt, wird wieder eins nachgeordert – das ist unter anderem in Frisörläden für Shampoos und Färbemittel wichtig. Viele kleine Schritte schaffen so eine große Erleichterung im Alltag .

Was ist der erste Schritt um dorthin zu kommen?

Das ist wie gesagt verschieden, denn in vielen Betrieben ist ja schon Software vorhanden, die über Schnittstellen aufgerüstet werden kann, um einzelne beschriebene Bedürfnisse abzudecken. Dabei handelt es sich nicht immer um die klassischen Programme von der Stange. In einer Elektrofirma zum Beispiel tauchten bei den Büro-Mitarbeitern oft viele Fragen auf, die sie nicht alleine beantworten konnten. Doch um den Input von Kollegen einzuholen, ging jeweils viel Zeit ins Land, auch war nicht immer klar, wer die Antworten liefern konnte. Als Lösung haben wir ein internes Betriebs-Wiki erstellt: Jeder Mitarbeiter war gefragt, sein Wissen dort einzustellen, um es mit allen anderen zu teilen. So konnten die Büro-Mitarbeiter im Handumdrehen auf alle wichtigen Antworten zugreifen. Es war wunderbar zu sehen, wieviel Wissen im Betrieb zusammenkam - und wieviel Spaß es den Mitarbeitern immer noch macht, es zu teilen. Dazu zählen zum Beispiel Maschinen, die für den Betrieb angeschafft wurden, verbunden mit der Frage, wo sie zu finden und unter welchen Nummern sie registriert sind. Auch da zeigt sich, wieviel erhellende Kommunikation und Transparenz die Digitalisierung mit sich bringt.

Und auch wieviel zusätzliches Wissen.

Genau, die Wissensvermittlung ist ein schönes Beispiel für den Mehrwert eines digitalen Betriebs. Das gilt auch dann, wenn man älteren, eventuell weniger digitalaffinen Mitarbeitern beibringt mit digitalen Geräten und Technologien umzugehen. Indem man sie mit jüngeren Kollegen zusammenbringt, können beide gemeinsam - mit den entsprechenden Geräten wie einem Tablet - am Projekt arbeiten. Der jüngere Mitarbeiter lernt dabei gleich vom Fachwissen und der Erfahrung des älteren. Darüber entstehen automatisch flachere Hierarchien und Kommunikation auf Augenhöhe sowie die schöne Erkenntnis: Jeder kann von jedem etwas lernen.

Technologie ist also nicht alles - es geht auch um die Unternehmenskultur.

Die IT ist natürlich ein wichtiger Bestandteil - und gerade wenn ein Betrieb wachsen möchte, sollte er erwägen einen IT-Berater hinzuzuziehen. Nicht alles und jedes lässt sich alleine meistern: Manchmal entscheiden sich Betriebe für Lösung A und merken erst hinterher, dass Lösung B die bessere gewesen wäre. Daneben benötigt es aber auch noch eine Person, um den Mitarbeitern die neuen Dinge zu vermitteln und schmackhaft zu machen. Ihre Aufgabe ist es, zwischen Geschäftsführung, IT-Experten und dem Team zu übersetzen und zu erarbeiten, wie sich die Abläufe jetzt ändern sollten. Diese und das Mehr an Kommunikation und Transparenz wirken sich auch auf die Unternehmenskultur aus.

Wie lassen sich alle Mitarbeiter denn für diese Umstellung begeistern?

Der Handwerkschef wird anhand der finanziellen und zeitlichen Vorzüge von digitalen Tools schnell überzeugt sein. Wenn er stets darüber informiert ist, welche Lieferung wann und wo angekommen ist, deren Inhalt gleich überprüft und die Rechnung noch rechtzeitig mit Skonto bezahlt werden kann, entstehen ihm natürliche geldwerte Vorteile. Dann geht es darum, alle Mitarbeiter mit ins Boot zu holen, vom Pförtner bis zum Chef, und sie zu fragen, was sie benötigen, um ihre Arbeit leichter ausführen zu können. Damit kann man sie letztlich am besten überzeugen.

Viola Frehse:

Viola Frehse ist Inhaberin von Vioeasy – Bürostruktur mit Konzept in Hamburg. Die gelernte Speditionskauffrau verfügt über langjährige Erfahrung im Strukturieren, Aufbauen, Umbauen und Managen von Büros. Seit 2010 ist sie selbstständig und bringt Ordnung und Struktur in jedes Büro. Viola Frehse unterstützt individuell vor Ort, in Impulsvorträgen, Workshops und Seminaren. Zudem ist sie akkreditierte Prozessbegleiterin bei Unternehmenswert Mensch und als Dozentin für die IBAF – Qualifizierungszentren für Führung und Management tätig. Weitere Infos unter: www.vioeasy.de