Imagepflege aus der Druckmaschine

Kundenmagazine | Ist die eigene Zeitschrift nur etwas für Konzerne? Keineswegs! Stimmt das Konzept, können auch Handwerker ihre Geschäftspartner mit einer spannenden Firmenpublikation überraschen.

Imagepflege aus der Druckmaschine

Eine Apotheken-Umschau für Friseure wünschte sich Stefan Hagens im Sommer vergangenen Jahres von seiner Werbeagentur. Keine zwölf Monate später ist aus dieser Anregung des Bremer Friseurunternehmers ein Branchenjournal mit einer Gesamtauflage von 200000 Exemplaren entstanden. Mehr als 30 renommierte Friseurbetriebe in ganz Deutschland, vom kleinen Familienunternehmen bis zum Filialisten mit mehr als 100 Geschäften, nutzen das Magazin „Hair emotion“ inzwischen als Informationsmedium für ihre Kunden.

Das Geheimnis des Erfolgs: „Wir konnten L’Oréal für unser Konzept begeistern“, verrät Andrea Skimutis, die einst selbst bei dem Kosmetikkonzern arbeitete und heute mit ihrer Werbeagentur Addways unter anderem Friseurbetriebe wie die „Hairliner’s“-Salons von Stefan Hagens und dessen Partner Rainer Kaemena betreut.

Partner aus der Industrie

Das Magazin „Hair emotion“ kommt auf hochwertigem Papier in einem eleganten, handtaschentauglichen Format daher. Die inneren 16 von insgesamt 24 Seiten werden von L’Oréal mit Inhalten gefüllt. Über die ersten sowie die letzten vier Seiten des Heftes können die Friseurbetriebe frei verfügen. „Dieser Mantelteil wird von Firma zu Firma ausgetauscht“, erklärt Andrea Skimutis, deren Agentur das Heft komplett gestaltet.

„Durch die Kooperation mit L’Oréal können wir ein eigenes, für Leser kostenloses Magazin anbieten, das sich auch neben Hochglanzzeitschriften sehen lassen kann“, freut sich Stefan Hagens. L’Oréal macht das Journal in der Branche publik und trägt zudem einen Großteil der Produktionskosten. „Für unsere Teilauflage von 2500 Exemplaren bezahlen wir so nur 80 Cent pro Heft“, rechnet der Norddeutsche vor. Ohne das Engagement des Konzerns wäre ein Vielfaches des Betrages erforderlich. „Zudem wäre es uns neben dem Tagesgeschäft wohl unmöglich, viermal im Jahr 24 Seiten mit interessanten Inhalten zu füllen“, fügt der Friseurmeister hinzu.

Hagens weiß, wovon er spricht, produziert er doch bereits seit 2004 eine eigene „Hauszeitung“, wenn auch mit viel einfacheren Mitteln: In Ringbüchern mit laminierten PC-Ausdrucken im DIN-A5-Format informieren die Inhaber darin Monat für Monat über aktuelle Aktionen oder neue Service-Leistungen in ihren Salons, geben Styling-Tipps oder stellen Mitarbeiter vor. „Jede Kundin erhält am Anfang ihres Besuches ein solches Ringbuch ausgehändigt. Da auch der Bedienzettel darin eingelegt wird, beginnt fast jede irgendwann darin zu blättern“, schildert Hagens den Erfolg des preisgünstigen und doch wirkungsvollen Mediums – das aber nach Erfahrung der Macher einen entscheidenden Makel hatte: „Die Kunden konnten die Informationen nicht mit nach Hause nehmen.“ In diese Lücke springt nun das neue Kundenmagazin, das in den drei Bremer Salons übrigens „Hairliner’s emotion“ heißt.

Auf die Kosten achten

Auch wenn die Entwicklung im Bereich der Computer- und Drucktechnologien in den letzten 15 Jahren einen Boom im Bereich der Firmenpublikationen mit begünstigte, bleibt der Schritt zum Herausgeber gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ein Kraftakt. So ermittelte die Fachhochschule Gelsenkirchen 2005 in einer Studie, dass jedes Exemplar einer deutschen Kundenzeitschrift durchschnittlich 2,40 Euro kostet. „Der Kreis der befragten Firmen reichte dabei allerdings vom Familienbetrieb mit einem Jahresumsatz von 250000 Euro bis zum Automobilkonzern“, erklärt Autor Professor Kurt Weichler. Eine differenzierte Betrachtung zeige, dass Magazine mit Auflagen ab 250000 Exemplaren mit Stückpreisen von etwa einem Euro zu Buche schlagen, während bei kleineren Auflagen von etwa 5000 Exemplaren durchschnittlich mehr als drei Euro pro Heft aufgewendet wurden.

Für kleinere Publikationen ist zudem eine Refinanzierung über Anzeigen ungleich schwieriger als etwa bei großen Magazinen von Krankenkassen, Fahrzeugherstellern oder Fluggesellschaften: „Oft lohnt sich der Aufwand für Akquisition und Druckvorbereitung der Annoncen gar nicht“, resümiert Weichler, warnt aber gleichzeitig vor der Versuchung, an der Qualität zu sparen: „Die Leser sind ein hohes Niveau gewohnt. Ein unprofessionelles Kundenmagazin färbt da schnell negativ auf das Image des Unternehmens ab.“

Gemeinsamer Auftritt

Nicht nur unter Friseuren, sondern auch in anderen Handwerksbereichen haben sich überbetriebliche Kooperationen als probates Mittel herumgesprochen, um den Spagat zwischen hohem Qualitätsanspruch und vertretbaren Kosten zu meistern. Als Erfolgsgeschichte gilt die Zeitschrift „WohnSinn“ des Schreiner-Netzwerkes TopaTeam. Seit dem Start vor zwei Jahren hat sich die Auflage auf 110000 Exemplare verdreifacht. Musste anfangs noch jedes Heft mit rund 1,50 Euro durch die Mitgliedsbetriebe bezahlt werden, wird das Journal heute vollständig über Anzeigen finanziert. „Kosten fallen für die Firmen nur an, wenn sie ihre Teilausgabe individualisieren möchten“, erklärt Projektentwickler Rudolf Bartl. Drei von vier Handwerkern zahlen gern die dafür fälligen etwa 1200 Euro, um die Umschlagseiten mit ihrem eigenen Logo sowie Informationen über ihren Betrieb zu vervollkommnen.

Dreimal jährlich stellt WohnSinn auf über 70 Seiten das Leistungsspektrum des Holzhandwerks vor, von „Feng Shui im Kinderzimmer“ über die „Komfort-Küche“ bis hin zur passiven Nutzung von Sonnenenergie (Ausgabe 1/2007). Marketingfachmann Bartl erklärt, was bei der Themenauswahl zählt: „Wir wollen unseren Lesern immer neue Gründe liefern, wieder einmal bei ihrem Schreiner anzuklopfen.“

Genau dieses Ziel verfolgt auch der Fachverband Tischler NRW mit der im Vorweihnachtsgeschäft 2006 erstmals erschienenen Zeitung „Bauen – Wohnen – Einrichten“. Zu den 17 Betrieben, die das Medium bereits testeten, gehört Jürgen Rossmeier aus Drensteinfurt bei Dortmund. Der Tischlermeister nutzte die Möglichkeit, auf der Titelseite Badausstattungen aus seiner eigenen Werkstatt zu präsentieren: „Die Fotos machte ich selbst. Und bei der Texterstellung half mir die Öffentlichkeitsarbeiterin des Fachverbandes, die auch die übrigen fünf Seiten mit interessanten Themen ausfüllte“, lobt Rossmeier die unkomplizierte Zusammenarbeit.

Für seine 1000 Exemplare bezahlte er alles in allem rund 460 Euro. „Das können wir uns auch als Zweimannbetrieb leisten“, findet Rossmeier. Einen Teil der Auflage brachte der 41-Jährige persönlich zu ausgewählten Kunden im näheren Umkreis. Etwa die Hälfte der Zeitungen legte er bei Partnerbetrieben aus, zum Beispiel in der Ausstellung einer Natursteinfirma. Die übrigen Exemplare verschickte er in einem Mailing an Bestandskunden. „Bei vielen habe ich mich so wieder in Erinnerung gebracht“, freut er sich über jeden Anrufer, der auf Themen aus seiner Zeitung Bezug nimmt. „Die nächste Ausgabe, die zum Tag des Tischlers Anfang Oktober erscheinen soll, ist derzeit bereits in Arbeit“, verrät der Firmenchef.

Für die Zahntechnikbranche gibt es gleich mehrere „vorgefertigte“ Kundenzeitschriften, weiß Andreas Moser von der Lubberich Dental-Labor GmbH in Koblenz. „Wir haben darunter aber nicht das passende Format gefunden und uns deshalb entschieden, eine eigene Zeitschrift zu entwickeln“, erinnert sich der angestellte Zahntechnikermeister an das Jahr 2000 zurück. Damals wurde er als Leiter eines dreiköpfigen Redaktionsteams berufen, das bis heute mit viel Engagement neben der Alltagsarbeit die Zeitschrift „Schöne Zähne“ produziert – ein Ratgeber-Magazin für Zahnärzte.

„Wir engagierten damals den Marketingchef einer großen Dentalfirma als Berater. Er half uns, das Konzept zu entwickeln, und schärfte uns ein, bei jedem Text daran zu denken: Was hat der Zahnarzt davon?“, berichtet der Handwerker. Moser selbst besuchte mehrere Lehrgänge, um sich mit den Grundlagen des journalistischen Handwerks vertraut zu machen. Eine Investition, die sich wie auch die intensive Arbeit an den jährlich vier Ausgaben langfristig auszahlt, wie der Kundenbetreuer weiß: „Diese Zeitschrift hat dazu beigetragen, unseren Firmennamen als Qualitätsmarke in der Region bekannt zu machen. Und bei der Neukundenakquisition ist sie ein erstklassiger Türöffner.“

Frank Pollack

kerstin.meier@handwerk-magazin.de