Hoffnung für Anleger

Schrottimmobilien | Kleiner Lichtblick beim Bundesgerichtshof: Die Bausparkasse Badenia soll beweisen, dass sie nicht mit dubiosen Vermittlern gekungelt und Kunden in den Ruin getrieben hat.

Hoffnung für Anleger

Schrottimmobilien , das Wort hört Dietrich Schroeder von der Bausparkasse Badenia in Karlsruhe gar nicht gern. Dabei musste sich der Vorstandsvorsitzende in vielen der 7000 betroffenen Fälle noch viel rüdere Bezeichnungen anhören. Den Käufern wurden über windige Vermittler zum Teil deutlich überteuerte Gebrauchtwohnungen verkauft. Finanziert wurden die Geschäfte über die Badenia, Deutschlands viertgrößte private Bausparkasse. Die beim Kauf mitgelieferte Mietgarantie platzte, die Darlehensraten aber liefen weiter. Folge: Klagen, Zwangsversteigerungen, menschliche Schicksale bis hin zum Selbstmord verzweifelter Anleger.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg wollte ihnen helfen. Bereits im Oktober 2005 erließ er zwei Urteile zum Widerrufsrecht (C-350/03 und C-299/04). Aufhänger dafür war die Haustürwiderrufsrichtlinie der EU. Sie soll private Anleger (Verbraucher) vor übereilten Geschäften an der Haustür oder in ihrer Wohnung schützen.

„Danach muss ein Kreditinstitut in den Fällen, in denen der Anleger nicht richtig über sein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages belehrt wurde, die Risiken tragen, die mit der in einer Haustürsituation zustande gekommenen Kapitalanlage verbunden sind“, erklärt Rechtsanwalt Oliver Busch von der Sozietät Engelhard, Busch & Partner in München (www.kanzlei-ebp.de). Konkret, so der EuGH, hätte nämlich ein privater Anleger bei rechtzeitiger Aufklärung durch die Bank seine Entscheidung, den Darlehensvertrag zu schließen, rückgängig machen können. Der EuGH stellte ausdrücklich fest, dass der Verbraucher es dann auch hätte vermeiden können, sich dem Risiko auszusetzen, dass die Immobilie zum Zeitpunkt des Kaufes viel zu hoch bewertet war.

Doch den XI. Senat des Bundesgerichtshofs, seit Kurzem zuständig für das Bankenrecht, ließ das weitgehend unbeeindruckt. In juristischer Akribie betrachten die Richter das Immobiliengeschäft und den Darlehensvertrag, mit dem es finanziert wird, getrennt. Dass den meisten betroffenen Anlegern aus ihrer Sicht ein Gesamtpaket verkauft wurde und sie dieses als Nichtjuristen nicht getrennt betrachtet hatten, interessierte den BGH bisher nicht.

Diese starre Haltung hat das höchste deutsche Zivilgericht jetzt ein wenig gelockert. Es räumte ein, dass die Badenia von den Machenschaften der Immobilienverkäufer Dortmunder Gruppe gewusst haben könnte. Zumindest, so Gerd Nobbe, Vorsitzender Richter des XI. Senats, war die Badenia mit dieser „aufs Engste verflochten“. Damit hat sich die Beweislast umgekehrt: Nicht mehr die Anleger müssen jetzt das Zusammenwirken von Verkäufer und Badenia beweisen, sondern die Bausparkasse muss darlegen, nichts von diesen Tricks gewusst zu haben.

Aufklärungspflicht

Das Urteil XI ZR 6/04 formuliert dies so: „In Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber eines finanzierten Objekts können sich Anleger unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren beziehungsweise des Fondsprospekts über das Anlageprojekt berufen.“ Dabei unterstellt der BGH die Kenntnis der Bank – hier der Bausparkasse – von einer arglistigen Täuschung des Immobilienverkäufers, wenn „auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben ... evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen“.

Im konkreten Fall dieses Musterverfahrens waren ein damals 39-jähriger kaufmännischer Angestellter und seine als Montagehilfe tätige Ehefrau betroffen. Die Badenia betrieb die Zwangsvollstreckung gegen sie, weil sie ihr Darlehen nicht mehr bezahlen konnten. Nach mehreren Besuchen in ihrer Wohnung hatte ihnen der Vertreter eine gebrauchte Immobilie für 74000 Euro verkauft. Mit im Deal zwei Bausparverträge auf Badenia-Formularen über je 42500 Euro. Bis zur Zuteilungsreife sollte das Geschäft mit einem „Vorausdarlehen“ über 85000 Euro finanziert werden. Die versprochene Miete wurde nicht annähernd erzielt, der Mietpool half nichts.

Zwar bekam das Ehepaar weder vor dem Landgericht Dortmund noch vor dem Oberlandesgericht Hamm Recht. Doch in der Revision beim Bundesgerichtshof haben sie gesiegt. Zunächst jedenfalls. Denn weitere wichtige Details des Wissens und der Zusammenarbeit zwischen Bausparkasse und Verkäufer muss das Oberlandesgericht erneut prüfen.

Der Widerruf des Darlehensvertrags allerdings half den Anlegern gar nichts. Die Richter bügeln den vom EuGH und von den Experten geforderten Verbraucherschutz ab. Hoffnung lässt der XI. Senat in Karlsruhe jedoch mit dem möglichen Aufklärungsverschulden der Badenia. Von einer generellen Pflicht zur Aufklärung über Risiken des Immobiliengeschäfts und des Darlehensvertrags sind die Bundesrichter allerdings weit entfernt. Im verschämten Bezug auf den EuGH „ergänzt“ der BGH jetzt lediglich seine bisherige Rechtsprechung dazu auch auf die Fälle des institutionalisierten Zusammenwirkens von Verkäufer und Bank.

Im Ergebnis könnte dabei auch hier ein Sieg der Badenia herauskommen. Denn von 186 rechtskräftig entschiedenen Prozessen hat die Bausparkasse bereits 183 gewonnen. Doch das ramponierte Image poliert das nicht auf. Deshalb bietet die Badenia Vergleiche an. „Wir unterscheiden zwischen Erledigungs- und Sanierungsvergleichen“, sagt Vorstandschef Dietrich Schroeder gegenüber handwerk magazin. „Beim Erledigungsvergleich wird der Kunde, meist gegen Zahlung eines einmaligen Betrags, aus seiner Verbindlichkeit entlassen. Wo es dem Kunden möglich ist, Zinszahlungen zu erbringen, reduziert die Badenia den Zinssatz entsprechend seiner Leistungsfähigkeit im Rahmen des Sanierungsvergleichs“, so Dietrich Schroeder.

Konsequenzen fürs jetzige Geschäft: Bessere Kontrolle des Vertriebsgeschäfts und strengere Prüfung der Kreditfähigkeit der Kunden. Wenn das greift, dürfte es bei der Badenia künftig deutlich weniger Fälle von Schrottimmobilien geben. Mit 300000 bundesweit bei allen Anbietern von kreditfinanzierten Objekten, die Verbraucher in Schwierigkeiten gebracht haben, wäre das schon ein Anfang.

harald.klein@handwerk-magazin.de