Hier zahlt der Chef

Vermögenswirksame Leistungen | Geld vom Chef gibt’s in Deutschland seit Anfang der 60er Jahre. Jetzt werden die VL runderneuert, um die betriebliche Altersversorgung aufzubessern.

Hier zahlt der Chef

Wie viel Geld Arbeitnehmer von ihren Betrieben bekommen, regeln seit jeher die Tarifparteien – Arbeitgeber und Gewerkschaften. Trend: Unternehmen im Osten zahlen in der Regel spürbar weniger als die im Westen. Und manche Branchen, vor allem die großen, sind weit freigiebiger als andere. Besonders knauserig zeigt sich nach wie vor der Öffentliche Dienst. Immerhin bekommen Arbeitnehmer mancherorts 40 Euro im Monat Vermögenswirksame Leistungen (VL) als Extra zu ihrem Lohn. VL gibt es gibt es für deutsche Arbeitnehmer seit Anfang der 60er Jahre. Seitdem werden die rechtlichen Grundlagen bürokratisch verpackt im Vermögensbildungsgesetz (VermBG), mittlerweile in seiner fünften Fassung. „Dabei hat der Staat von Anfang an nur den rechtlichen Rahmen vorgegeben“, weiß Robert Zubziz, unabhängiger Finanzberater in Singen.

In puncto staatliche Förderung – landläufig auch als Arbeitnehmersparzulage bekannt – ist das Vermögensbildungsgesetz mittlerweile erstaunlich schlank. Es sind nur noch zwei Investmentformen übrig geblieben, in die VL-Anleger das Geldgeschenk vom Chef investieren können, so dass zugleich Anspruch auf die staatliche Finanzspritze besteht: unternehmerische Beteiligungen, also hauptsächlich Aktienfonds sowie Bausparen. Hier ein kurzer Überblick.

Zwei Varianten zur Auswahl

Bausparen Die vermögenswirksamen Leistungen können in Kombination mit der staatlichen Arbeitnehmersparzulage später billiges Baugeld sichern, das oft eine Lücke bei der Eigenheimfinanzierung schließt. Für alle, die bereits in den eigenen vier Wänden wohnen oder auf immer und ewig Mieter bleiben möchten, bieten die Bausparkassen spezielle Renditetarife an, die aus den VL, der staatlichen Förderung und der späteren Erstattung der Abschlussgebühr aus dem Bausparvertrag ein lukratives Investment machen.

Förderfähig sind im Jahr 470 Euro Bausparrate, für die der Anleger 42,30 Euro Arbeitnehmersparzulage bekommt. Sofern er denn die vom Gesetzgeber vorgegebenen Verdienstgrenzen einhält: 17900 Euro zu versteuerndes Jahreseinkommen bei Singles und doppelt so viel bei Ehepaaren.

Aktienfonds Sie gelten als VL-Investments mit den langfristig besten Renditechancen. Nach Angaben der Branchenvereinigung „Bundesverband Investment und Asset Management“ (BVI) hatten die VL-Depots bei den Investmenthäusern Mitte 2006 einen Gegenwert von gut 7,6 Milliarden Euro. Seit dem Jahr 1962 erreichten VL-Fonds während der gesetzlich vorgeschriebenen Sieben-Jahres-Zeiträume im Schnitt eine Rendite von 7,98 Prozent. Inklusive der Arbeitnehmersparzulage durchschnittlich 10,53 Prozent (Stand: Ende 2005).

Für 400 Euro Höchst-Anlagebetrag im Jahr bekommen Singles immerhin 72 Euro Sparzulage, Eheleute doppelt so viel für maximal 800 Euro jährlichen Anlagebetrag. Voraussetzung wie beim Bausparen: Das steuerpflichtige Jahreseinkommen darf die vom Gesetzgeber gezogene Grenze nicht überschreiten.

„Doch der Einsatz von VL nach dem bekannten und bewährten Muster ist nicht mehr zeitgemäß“, glaubt Finanzberater Robert Zubziz, der gleichzeitig Experte für betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist. Hintergrund: Die Vermögenswirksamen Leistungen erhöhen das Bruttoeinkommen eines Arbeitnehmers. Dadurch zahlt er höhere Steuern und mehr Sozialabgaben. Zudem haben – dank der, wenn auch recht geringen, Einkommenssteigerungen in den vergangenen Jahren – immer weniger VL-Sparer Anspruch auf staatliche Förderung.

Höhere Abgaben sparen

„Werden allerdings die VL umgewandelt in Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge, sieht die ganze Sache schon anders aus. Dann nämlich sparen Arbeitnehmer die höheren Abgaben“, sagt Günther Soboll vom Versicherer Canada Life (siehe Interview). Schon seit längerem hat die Versicherungsbranche in Deutschland aus der Not eine Tugend gemacht. Sie bietet spezielle Konzepte, bei denen die Vermögenswirksamen Leistungen in die betriebliche Altersvorsorge eingebaut werden. Mit dem Effekt, dass Arbeitnehmer unter dem Strich genauso viel netto auf dem Konto haben wie zuvor. Zugleich aber Steuern und Sozialbeiträge (dies noch bis zum Jahr 2008) sparen und so eine respektable Firmenrente aufbauen können (siehe Kasten). „Besonders geeignet für diese Strategie sind die beiden bAV-Durchführungswege Direktversicherung und Pensionskasse“, glaubt Soboll.

Dass man den Dauerbrenner VL besser, nämlich mit steuerlichen und Vorteilen bei der Sozialversicherung, verwenden kann, darüber sind sich ausnahmsweise auch die Tarifparteien in Deutschland einig. So vermeldete die größte Einzelgewerkschaft der Welt, die IG Metall, auf ihrer Internetseite, dass sie im aktuellen Tarifvertrag „Altersvorsorgewirksame Leistungen“ erreicht habe. Dieser Trend dürfte sich auch in den anderen Branchen fortsetzen, bis die herkömmlichen VL-Sparformen Historie sind.

Turbo für die Firmenrente

Wer als Metaller seine Vermögenswirksamen Leistungen in einen Bausparvertrag oder Aktienfonds investiert, kann weitermachen wie bisher. Er kann sogar einen Folgevertrag abschließen, sofern der jetzige Vertrag zu mehr als der Hälfte abgelaufen ist. Der Neue darf nicht länger als weitere sieben Jahre laufen. Insgesamt lassen sich dadurch noch maximal 10,5 Jahre VL nach dem alten Muster sichern. Nach dieser Zeit sind, zumindest im Tarifbereich der IG Metall, nur noch Altersvorsorgewirksame Leistungen möglich. Dann werden die VL allein der Turbo für die Firmenrente sein.

Heinz-Josef Simons

cornelia.hefer@handwerk-magazin.de