Handwerkspolitik: „Energieeffizienz muss sich lohnen“

Die Amtseinführung des neuen ZDH-Präsidenten Hans Peter Wollseifer fällt zusammen mit dem Start der neuen Regierung. ­Beide wollen gestalten. Was kann das Handwerk von der „GroKo“ erwarten?

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    Persönliche Erfahrungen und Einschätzungen des neuen ZDH-Präsidenten Hans Peter Wollseifer im Video-Gespräch.
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    Steuervorteile durch energetische Sanierung von Gebäuden lohnen sich auch für den Fiskus: Hans ­Peter Wollseifer bringt das Thema zurück auf die Berliner Agenda.

„Energieeffizienz muss sich lohnen“

Wir treffen Hans Peter Wollseifer nachmittags in seinem Büro im obersten Stock des „Haus des Deutschen Handwerks“ in Berlin-Mitte, direkt am Gendarmenmarkt. Es steht Kuchen auf dem Tisch, Kaffee und Obst. Man solle doch zugreifen, sagt er freundlich, es sei auch noch mehr da. Das Video-Gespräch soll unten im Meistersaal stattfinden, das Interview für das Heft hier im Büro. Wir legen zwei iPhones auf den Tisch und starten die Aufnahme.

Herr Wollseifer, wie war Ihr erstes Gespräch mit Bundeswirtschaftsminister Gabriel?

Es hatte eine sehr gute Atmosphäre, und ich habe die Hoffnung, dass wir die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gelegt haben.

Worum ging es konkret?

Wir haben uns unter anderem über den Ausbildungspakt und Energiefragen unterhalten. Das Ministerium hat Eckpunkte für eine EEG-Reform ja innerhalb kürzester Zeit auf den Weg gebracht. Das Tempo begrüßen wir. Und die in den Eckpunkten formulierten Ansätze unterstützen wir.

Was können energieintensive Betriebe erwarten?

Die Richtung muss natürlich sein, dass Energie für energieintensive Betriebe und auch für unsere Arbeitnehmer bezahlbar bleibt. Dafür ist der Ansatz vorhanden. Wir können damit rechnen, dass Strom zunächst einmal zumindest nicht teurer werden wird. Im Laufe des Gesetzgebungsprozesses werden wir das Gespräch fortsetzen.

Wie steht es um die Forderung nach der steuerlichen Absetzbarkeit von Investitionen in die Energieeffizienz von Privatgebäuden? Das war im Koalitionsvertrag ausgespart worden.

Da sprechen Sie die zweite Säule der Energiewende an, die Energieeffizienz, die bisher zu kurz gekommen ist. Wir haben Bundeswirtschaftsminister Gabriel die Notwendigkeit einer stärkeren Betonung der Energieeffizienz verdeutlicht, dazu gehört vor allem die steuerliche Flankierung von energetischen Sanierungen. Der Minister hat sich hierfür aufgeschlossen gezeigt. Das ist wichtig! Doch jetzt geht es darum, das entscheidende Problem anzugehen, die Finanzierung, an der die Umsetzung zuletzt gescheitert ist.

Bei der Finanzierung haben die Länder blockiert …

Ja, selbst wenn Bundeswirtschaftsminister und Bundesfinanzminister das Projekt unterstützen sollten; es ist ein Gemeinschaftsprojekt, deshalb müssen die Länder dazu. Dabei wird trotz der Steuerausfälle letztlich kein Defizit entstehen, sondern Bund und Länder werden Steuermehreinnahmen verzeichnen. Es ist eine Win-win-Situation, weil über mehr Aufträge und mehr Beschäftigung höhere Einkommen-, Mehrwertsteuer und Beitragseinnahmen entstehen.

Welche Folgen sehen Sie für das Handwerk, wenn die Rentenpläne von Arbeitsministerin Andrea Nahles in der jetzigen Form realisiert werden?

Die Folgen wären negativ. Steigende Rentenbeiträge bedeuten weniger netto für unsere Mitarbeiter und höhere Kosten für die Betriebe. Die Pläne einer Rente mit 63 für eine kleine Gruppe sind auch nicht vermittelbar. Das ist eine volle Rolle rückwärts in die teuren Zeiten der Frühverrentung. Wir alle kennen den demografischen Faktor, wonach immer weniger junge Leute immer mehr ältere Menschen versorgen müssen. Man muss eine Überbelastung der jüngeren Leute vermeiden.

Haben Sie den Eindruck, dass die SPD die Bedürfnisse der Handwerksbetriebe versteht?

Die meisten Parteien setzen sich in ihren Reden für das Handwerk ein, loben uns als Stabilitäts­anker der Wirtschaft auch in Krisenzeiten. Das muss in konkrete Politik mit der Großen Koalition umgesetzt werden. Ich komme aus Nordrhein-Westfalen und habe in der Zusammenarbeit mit dem dortigen SPD-Minister für Wirtschaft und Handwerk Garrelt Duin gute Erfahrungen gemacht. Warum soll sich das auf Bundesebene nicht fortsetzen?

Können Sie die augenblickliche Aufregung um die Zuwanderung verstehen?

  • Vita: Hans Peter Wollseifer,
  • Hans Peter Wollseifer, geboren am 5. August 1955 in Hürth, verheiratet, zwei Kinder. 1976 Meisterprüfung des Maler- und Lackiererhandwerks und Übernahme des elterlichen Betriebs. Präsident der Kölner Handwerkskammer und seit Dezember 2013 Präsident des ZDH.
    In seiner Freizeit passionierter Motorradfahrer mit Harley.

Natürlich kenne ich die Probleme in einigen Großstädten. Aber die Mehrheit der Osteuropäer kommt, um zu arbeiten. Und wir im Handwerk suchen Arbeitskräfte. 2014 kann das Handwerk ein Wachstum von zwei Prozent erreichen. Dadurch entsteht ein Bedarf von 25 000 zusätzlichen Beschäftigten. Die Zuwanderer sind im Handwerk willkommen. Wir zeigen schon seit Jahrzehnten, dass wir in unseren Betrieben diese Menschen aufnehmen, sehr gut integrieren und sehr gut ausbilden können. Ein Problem, das uns tatsächlich Ärger bereitet, ist jedoch die seit Jahren anhaltende Zuwanderung in die Selbständigkeit. Viele tausend solcher Handwerker sind jedoch nur Scheinselbständige. Sie unterlaufen unsere Tarife, unterbieten die Preise, die unsere Firmen kalkulieren müssen – besonders im Bauhandwerk. Dagegen muss der Staat vorgehen, denn das schadet unseren Betrieben und unserer Wirtschaft.