Interview: „Handwerk trotzt der Eurokrise“

Über die Stimmung im Handwerk, Förderschwerpunkte und Ziele der Energiewende sprach Manfred Schmitz-Kaiser, stellvertretender Vorsitzender im Vorstand der L-Bank, mit handwerk magazin.

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    Manfred Schmitz-Kaiser (61), steht für die erfolgreiche Entwicklung einer Mittelstandsförderung aus einer Hand in Baden-Württemberg. Nach ersten Berufsjahren als Rechtsanwalt, arbeitete der promovierte Jurist im Finanzministerium, bis er 1991 zur L-Bank wechselte. Heute ist Schmitz-Kaiser stellvertretender Vorsitzender im Vorstand der Bank.
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    „Energieeffizienz ist nur ein Teil des grünen Programms. Regenerative Energie der andere.“

„Handwerk trotzt der Eurokrise“

Die Erfolgsbilanz von Baden-Württemberg kann sich sehen lassen: Das Handwerk boomt, die Energiewende wird vorangetrieben wie in keinem anderen Bundesland. Dahinter steht eine gewachsene und gut organisierte Förderkultur im Ländle, von der das Handwerk als wichtiger Wirtschaftszweig profitiert.

handwerk magazin: Der Euro kriselt, das Handwerk boomt. Wie passt das zusammen?

Manfred Schmitz-Kaiser: Die Konjunktur läuft gut - besonders im Handwerk. Auch in Baden-Württemberg, wo wir als Landesförderinstitut zuständig sind. Doch man sieht erste dunkle Wolken. Der aktuelle L-Bank-ifo-Konjunktur-Test zeigt, dass sich die Stimmung in der Wirtschaft eintrübt.

Und schuld ist die Eurokrise?

Die spielt sicher eine wichtige Rolle. Die Unsicherheit über die Zukunft des Euroraums ist ein Störfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung. Die Staatsschuldenkrise hat offenbart, dass es kein einheitliches Europaverständnis gibt. Daran muss aber gearbeitet werden. Die Gräben innerhalb der Union sind tiefer als vor der Krise.

Zurück zum Handwerk. Wie schätzen Sie die aktuellen Entwicklungen ein?

Die aktuellen konjunkturellen Abschwächungen sind in keinster Weise vergleichbar mit den Umsatzeinbrüchen, die es vor drei Jahren besonders für die exportorientierten Industriezweige gab. Damals halbierten sich ja die Umsätze bei einzelnen Maschinenbauunternehmen. Das Handwerk war vor drei Jahren bei Weitem nicht so betroffen. Auf das Handwerk bezogen kann man fast von einer heilsamen Abschwächung der Konjunktur reden. Würde die Entwicklung im Handwerk so weitergehen wie in den letzten eineinhalb Jahren, bestünde die Gefahr einer Überhitzung.

Was sind die Gründe für den positiven Trend?

Die Firmen investieren kräftig. Die Nachfrage ist da, sowohl aus dem In- wie dem Ausland. Da die Arbeitskräfte immer knapper werden, versucht der Mittelstand zudem über Investitionen in Maschinen einen Teil des Fachkräftemangels zu kompensieren. Dadurch wird die Produktion noch effizienter - und damit weniger krisenanfällig. Hier verstärken sich positive Effekte - und das merken wir in unseren Zahlen: Wir haben im ersten Halbjahr 2012 so viele Fördermittel ausgereicht wie im ganzen Jahr 2010 nicht.

Trotz der niedrigen Finanzmarktzinsen sind Fördermittel für Unternehmen attraktiv?

Ja, denn wir können sehr gute Konditionen anbieten. Wir haben günstige Refinanzierungsbedingungen, beispielsweise auch über die KfW. Und wir subventionieren mit Baden-Württemberg-Mitteln. Eine Solarförderung erhalten Sie so derzeit für 0,75 Prozent. Dabei läuft der Vertrieb unserer Fördermittel über die Hausbank.

Welche Schwerpunkte setzt die L-Bank derzeit bei der Förderung?

Grundsätzlich haben wir Förderangebote für jede Phase im Leben eines Unternehmens. Bedeutend ist natürlich derzeit die Investitionsfinanzierung. Hier brummt es nach wie vor. Meist handelt es sich um Erweiterungsinvestitionen. Dann haben wir als Schwerpunkt die Energiewende, die hat sich die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg besonders auf die Fahnen geschrieben. Hier geht es um energieeffizientes Bauen und Sanieren. Davon profitiert natürlich das Handwerk.

Können Sie das belegen?

Ja, sicher. Mit den Programmen „Energieeffizienzfinanzierung - Bauen“ und „Energieeffizienzfinanzierung - Sanieren“ haben wir erst im April angefangen. Heute (Anfang August, die Red.) haben wir schon 5700 Anträge in einer Größenordnung von 300 Millionen Euro erhalten.

Gibt es auch Programme für Unternehmen?

Ja, dort lief es wie erwartet etwas langsamer an. Es werden betriebliche Investitionen, die einen deutlichen Energiespareffekt erzielen, unterstützt. Wir haben schon 180 Anträge mit einem Volumen von 120 Millionen Euro vergeben.

Welche konkreten Ziele verfolgen die Energieeffizienzprogramme?

Ziel der Landesregierung ist, dass jedes Jahr zwei Prozent aller Gebäude energetisch saniert werden. Bei rund fünf Millionen Gebäuden in Baden-Württemberg sind das 100000 Immobilien im Jahr. 2012 wollen wir mit rund 15000 Gebäuden starten. Energieeffizienz ist nur ein Teil des grünen Programms. Regenerative Energie der andere.

Was ist bei der umweltschonenden Erzeugung von Energie geplant?

Diesen Schwerpunkt haben wir schon lange. Wir haben bereits Ende der 1990er Jahre die Windkraftanlage am sogenannten Grünen Heiner finanziert. Und nach wie vor fördern wir Wind- und Solarenergie. Für Firmen wie für Privathaushalte.

Wie informieren Sie die Handwerksunternehmer über Ihre Förderprogramme?

Die Handwerkskammern sind wichtige Multiplikatoren für uns. Wir haben regelmäßig Veranstaltungen dort, bei denen wir unsere Programme vorstellen. Zudem bieten wir monatliche Beratertage in jeder einzelnen HWK an - oft gemeinsam mit der Bürgschaftsbank. In den letzten zehn Jahren haben wir über 8000 Beratungsgespräche geführt.