Interview Klemens Grund, Tischlermeister und Designer „Handwerk ist die Kunst des Zusammenfügens vieler Ideen“

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Klemens Grund, Tischlermeister und Designer, rät Handwerkern zu mehr Selbstbewusstsein und Offenheit in der Zusammenarbeit mit Designern, Architekten oder auch Partnern aus der Industrie.

Klemens Grund
Tischlermeister und Designer Klemens Grund rät Handwerkern zu mehr Selbstbewusstsein im Umgang mit verschiedenen neuen Ideen. - © Klemens Grund
handwerk magazin: Herr Grund, Sie sind Tischlermeister, haben Gestaltung und Design an der Handwerksakademie studiert, haben in einem renommierten Architekturbüro gearbeitet und für einen Möbelhersteller Produkte entwickelt. Sehen Sie sich selbst eigentlich noch als Handwerker?

Klemens Grund: Auf jeden Fall. Ich bin Tischlermeister. Und ich bin auch Designer – darin sehe ich keinen Widerspruch. Natürlich kennt jeder Handwerker diese typischen Konfliktlinien zum Beispiel auf einer Baustelle: Da stehen die Planer und Strategen auf der einen Seite, und auf der anderen Seite die Macher und Umsetzer, und zwischen denen knirscht es schon mal. Auch deshalb, weil man um Budgets konkurriert. Für viele Kunden ist es noch nicht selbstverständlich, dass ein Handwerker auch Planungs- und Entwurfsarbeit in Rechnung stellt. Aber ich denke, das wird sich in Zukunft zunehmend ändern. Die Grenzen zwischen Gewerken und Branchen weichen auf.

Woran liegt das?

Die Kunden werden immer anspruchsvoller, Projekte immer komplexer. Die Digitalisierung ermöglicht gleichzeitig zum einen ganz neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit und Kollaboration – und sorgt auf der anderen Seite dafür, dass die etablierten Annahmen darüber in Frage gestellt werden, ob ein Produkt besser industriell hergestellt werden kann oder besser handwerklich. Für Handwerker ist das eine große Chance.

Wie lassen sich diese Chancen nutzen?

Ein Handwerker muss sich dieser Unterschiede und seiner Stärken bewusst sein und nicht versuchen, die Industrie nachzuahmen. Genauso ist es peinlich, wenn die Industrie versucht, „Individualität“ vorzugaukeln.

Also Trennlinien ziehen und gleichzeitig verbinden?

Genau! Wichtig ist zunächst, dass man Berührungsängste abbaut. Als ich angefangen habe, in einem Architekturbüro zu arbeiten, waren viele Kollegen erst einmal irritiert. Und wenn man mit Herstellern aus der Industrie zusammenarbeitet, heißt es auch schnell: Das ist doch kein Handwerk. Aber wenn man immer mit dem Gedanken im Kopf arbeitet „das darf ich nicht, das hab ich nicht gelernt“, dann tritt man auf der Stelle. Beim Design stehen Strategie und Planung im Vordergrund, beim Handwerk das Machen. Das passt doch wunderbar zusammen. Beim handwerklichen Gestalten geht es doch im Kern immer um das Geschick des Zusammenfügens, um die Frage wie etwas zusammenpasst, so dass es ein Problem löst, eine sinnvolle Form ergibt. So sollten wir auch an die branchen- und gewerkeübergreifende Zusammenarbeit herangehen.